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Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov

Titel: Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Sergejs Stimme mit, und er sah mich irgendwie Rat suchend an.
    »Das musst du doch bemerkt haben, Dima. Sobald sich ein Junge und ein Mädchen verlieben, stürzen sich sofort die Knochenbrecher von sämtlichen Nachbarinseln auf sie. Entweder haben diese Trottel von Außerirdischen Angst vor der Liebe, oder sie wissen nicht, was das ist.«
    Mir fiel ein, was Maljok gesagt hatte, als ich mitten in der Nacht vor der Tür seines Kerkers stand.
    »Sie wissen auch nicht, was Freundschaft ist«, sagte ich.
    »Gut möglich. Unter den Bedingungen hier kann man nur einfachste menschliche Regungen untersuchen. Gut und Böse, Mut und Feigheit, Niedertracht und Edelmut, Egoismus und Selbstaufopferung. Andererseits ist das doch fundamental! Das lässt sich genauso gut an hundert, oder wenn es sein muss, sogar an nur zwei Jungen und
Mädchen erforschen. Die Bewohner auf den Inseln wurden aber schon mindestens fünfzigmal ausgewechselt.«
    »Aber wozu?«
    »Ich weiß es nicht, Dima.« Sergej stand auf und ging zum Fenster. »Ich habe das Gefühl, falls irgendjemand dahinterkommen würde, worum es in Wirklichkeit geht, dann hätten wir eine Chance zu siegen.«
    »Und der Konföderation gibst du diese Chance nicht?«, fragte ich.
    Sergej schwieg.
    »Nun sag schon!«
    Er wusste nicht viel über die Konföderation, nur das wenige, das ich ihm erzählt hatte. Sergej war auch nur ein ganz gewöhnlicher Junge, nicht besser als wir. Dennoch hatte ich plötzlich das Gefühl, dass seine Antwort die Wahrheit sein würde. Die einzige Wahrheit der Vierzig Inseln, eine Offenbarung, eine Prophezeiung.
    »Das weiß ich nicht«, sagte Sergej betreten. »Wenn du wissen möchtest, ob unsere Insel sich der Konföderation anschließt - ja. Es ist wirklich eine Chance. Wir könnten versuchen, die Reihen der Konföderation von zwei Seiten her zu schließen.«
    Auf einmal zog Sergej sein Schwert aus der Scheide, fasste es an der Klinge und streckte es mir hin.
    »Siehst du«, sagte er leise, »es ist schon ein Spielzeugschwert geworden, reines Holz. Du bist für mich kein Feind mehr.«
    Nachdenklich nahm ich das warme, blank gehobelte Holzschwert, ließ es durch meine Hand gleiten und gab es ihm wieder zurück.
    »Wenn du aber wissen willst, ob ich an den Erfolg der Konföderation glaube …«, fuhr Sergej fort und schüttelte
den Kopf. »Diese Lösung scheint mir einfach zu billig. In den Spielregeln gibt es dieses Schlupfloch, und es ist nur natürlich, dass man es ausnützen möchte. Aber glaubst du ernsthaft, dass das noch nie jemand versucht hat?«
    Unvermittelt schmetterte Sergej sein Schwert mit voller Wucht gegen die Wand, von wo es krachend zu Boden fiel.
    »Du hasst diese Burg«, sagte ich erschrocken, »und deine Insel.«
    »Ja! Ja, Dima. Denn all das hat der Feind erschaffen. Und wir können, ja wir dürfen diese Außerirdischen nicht mit außerirdischen Waffen besiegen. Sie können besser damit umgehen als wir.«
    In diesem Moment wirkte Sergej hilflos und schwach. Seltsam, je klüger ein Mensch ist, desto schwerer fällt es ihm, eine Entscheidung zu fällen. Einfach gestrickte Geister handeln dagegen intuitiv und ohne die geringsten Selbstzweifel.
    »Was könnte man denn sonst tun?«, fragte ich.
    Sergej schwieg. In der Burg war es still geworden. Timur und die anderen hatten sich offenbar schon ausgetobt, Tom war noch nicht vom Strand zurückgekehrt, und Inga und Janusch waren ohnehin von der stilleren Sorte.
    »Dima, müsst ihr in der Konföderation häufig töten?«
    »Ja.«
    Plötzlich hatte ich den Jungen vor Augen, der sich selbst das Schwert in den Bauch gerammt hatte.
    »Bemüht euch, mit friedlichen Mitteln ans Ziel zu kommen. Sonst würden wir ja versuchen, mit Gewalt etwas Gutes zu erreichen, und das kann nicht funktionieren.«
    »Wir?«, fragte ich erstaunt.

    »Ja, wir. Ich gebe dir mein Wort, den anderen wird eure Idee gefallen.«
    Sergej streckte mir die offene Handfläche hin, und ich klatschte sie ab.
    »Sehr gut!«, rief ich.
    In meiner Seele dagegen sah es lange nicht so heiter aus, wie es von außen scheinen mochte.

Dritter Teil Die ZerStörung

1
    DER DESERTEUR
    Am nächsten Morgen wurde ich von Janusch geweckt.
    »Dima, aufstehen!«, rief er und rüttelte mich leicht an der Schulter. Seine Stimme fädelte gleichsam die bunten Fetzen meiner Träume einen nach dem anderen wie auf einer Schnur auf und zog mich daran allmählich aus dem Schlaf. »Dima, aufstehen!«
    Blinzelnd setzte ich mich auf und betrachtete den Raum.

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