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Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov

Titel: Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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unvermeidliche »Do you speak English?« zum Strand hinüber.
    Nach einer kurzen Pause erfolgte die Antwort: »Je parle un peu anglais. Parlez-vous français?«
    Eine Übersetzung erübrigte sich.
    Tom wollte dem »ein wenig Englisch verstehenden« Franzosen gerade etwas zurufen, als Timur ihm zuvorkam: »Hey, kann denn keiner von euch ein bisschen Russisch?«
    Ein dunkelhaariger, stämmiger Junge trat aus der Schar heraus nach vorn.
    »Was heißt ein bisschen, ich bin Russe«, rief er.
    »Der einzige?«, fragte Timur.
    »Ja. Woher seid ihr?«
    »Von der Insel Nr. 36.«
    »Oho! Legt an.«

    »Wir haben kein Anlegetau dabei«, log Timur grinsend. »Wir schlagen einen Austausch von Parlamentären vor. Einer von euch schwimmt zu uns rüber und einer von uns zu euch auf die Insel.«
    Die Jungen am Strand berieten sich kurz.
    »Einverstanden. Aber ohne Waffen.«
    »Okay.«
    Timur sah mich an. »Sollen wir Streichhölzer ziehen?«
    »Was soll der Unsinn, Tim«, erwiderte ich. »Schließlich bist du uns hier mit Waffen viel nützlicher als ich.«
    Inga, die hinter Timur stand, warf mir einen vernichtenden Blick zu, mischte sich aber nicht ein.
    »Wo er recht hat, hat er recht«, sagte Janusch eifrig nickend.
    Rasch zog ich mich bis auf die Badehose aus und sah zum Ufer hinüber. Dort hatten sie ebenfalls einen Unterhändler ausgewählt; es war der Junge, der Tom geantwortet hatte, dass er ein wenig Englisch verstünde.
    Wir sprangen gleichzeitig ins Meer. Als ich unter Wasser die Augen öffnete, sah ich das schaukelnde Oval unseres Bootes, Stränge grünen Seetangs, die sich auf dem steinigen Grund in der Strömung schlängelten, und einen Schwarm winziger silbriger Fischchen. Die Sonne schien bis auf den Grund durchs klare Wasser. Vor mir konnte ich sogar das näher rückende Ufer sehen und Girlanden von Luftblasen an der Stelle, wo der französische Parlamentär ins Wasser gesprungen war.
    Etwa auf halber Strecke zwischen unserem Boot und dem Strand tauchte ich auf, wenige Meter vor dem mir langsam entgegenschwimmenden Jungen. Auf gleicher Höhe angekommen, blieben wir, mit Armen und Beinen rudernd, für einen Moment im Wasser stehen. Der
Franzose hatte helle, etwas lockige Haare und sah nicht besonders kriegerisch aus. Unwillkürlich lächelten wir uns kurz zu, dann schwamm jeder seines Weges.
    Als ich am Ufer aus dem Wasser stieg, begrüßte mich der dunkelhaarige Junge mit Handschlag. »Sergej«, sagte er lächelnd. »Für die anderen Serge, aber das gilt natürlich nicht für dich.«
    »Dima.«
    Obwohl Sergej nur wenig älter war als ich, wirkte er der Sprache und dem Benehmen nach auf mich sehr erwachsen. Er strahlte eine gewisse zerstreute Sanftmut aus, wie man sie bei Jungen selten findet, höchstens bei notorischen Einserschülern. Anderseits sah Sergej aber überhaupt nicht wie der typische Klassenbeste aus, dazu war er viel zu durchtrainiert, etwa so wie Chris und Tolik.
    »Keine Sorge, wir haben nicht vor, euch zu bekriegen«, sagte er. »Unsere Insel ist friedliebend.«
    »Unsere auch«, entgegnete ich und ließ den Blick über die um mich herumstehenden Jungen schweifen. Sie waren allesamt bewaffnet, und die meisten ihrer Schwerter glänzten metallisch.
    »Das sehe ich«, sagte Sergej mit einem Anflug von Ironie und schaute mit zu Schlitzen verengten Augen an mir vorbei zum Boot hinüber.
    Als ich mich, seinem Blick folgend, umdrehte, sah ich den Jungen, der eben an mir vorbeigeschwommen war, an Deck der Aliens Nightmare stehen. Hinter seinem Rücken stand Janusch mit blitzendem Schwert, während Timur ungeniert die Badehose des Jungen abklopfte, um zu überprüfen, ob er auch wirklich unbewaffnet war.

    »Ähm, weißt du, wir haben gerade eine üble Erfahrung gemacht, als wir bei euren Nachbarn vorbeisegelten«, sagte ich verlegen. »Man hat von einer Brücke herunter ein Schwert auf uns geworfen.«
    Sergej rückte sofort näher zu mir und sah mich ernst an.
    »Verstehe«, sagte er. »Das waren die von der Insel Nr. 6, denen ist so was immer zuzutrauen. Woher kommst du?«
    »Von der Nr. 36. Die Insel des Scharlachroten …«
    »Nein, woher aus Russland kommst du, nicht zufällig aus St. Petersburg?«
    »Nein.«
    »Schade. Darf ich vorstellen, André, Michel …«
    »Alles Franzosen?«, fragte ich neugierig.
    »Die meisten.«
     
    Es war bereits dunkel, als unser Schiff am Ufer festmachte.
    Nicht dass ich nun völlig beruhigt gewesen wäre. Nach wie vor schien es mir durchaus denkbar, dass die Inselbewohner

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