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Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov

Titel: Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Kampfgeist einen herben Dämpfer.
    Tom hatte keineswegs die Ankerleine durchtrennt und war auch nicht damit beschäftigt, das Boot aus dem Kies aufs Wasser zu hieven. Stattdessen wühlte er in einem der auf dem Achterdeck liegenden Ausrüstungssäcke. Hatte er womöglich sein Schwert an Bord vergessen? Und Inga war dabei, uns zu Hilfe zu eilen.
    »Macht, dass ihr hier wegkommt!«, schrie ich, während die Klingen der Japaner auf mich herabsausten. Es war zwecklos. Tom und Inga hätten uns nie im Stich gelassen, so wie ich das umgekehrt auch nicht getan hätte. Jetzt mussten wir eben bis zum Ende kämpfen. Drei Jungen und ein stures Mädchen gegen sechs durch den Tod ihres Gefährten bis aufs Blut gereizte Feinde.
    Es war inzwischen sehr dunkel geworden, und die schwarze Wolkenwand hatte sich längst auch über die
Insel der Japaner geschoben. Nur das kalte Licht der Blitze schälte unsere wie in Stein gemeißelten, reglosen Gestalten in den seltsamsten Posen aus der Finsternis heraus.
    Ein Blitz: Timur pariert mit dem einen Schwert einen Hieb, während er mit dem zweiten selbst zum Schlag ausholt. Es donnert, dann zuckt ein neuer Blitz: Timur wird noch immer von drei Angreifern bedrängt, aber von seiner hoch über dem Kopf geführten Klinge spritzen dicke, dunkle Tropfen. Wieder rollt ein Donner. Mein angreifender Gegner gibt sich eine Blöße, ich versuche, ihn mit einem Stich zu treffen - daneben. Nur mit Mühe kann ich mich selbst unter seiner todbringenden Klinge wegducken. Wieder blitzt es: Inga befindet sich bereits zwischen Timur und mir. Einer meiner Gegner lässt von mir ab und wendet sich ihr zu. Timurs Kontrahenten dagegen nehmen von Inga nicht die geringste Notiz. Sie haben schnell gemerkt, dass von Timur die größte Gefahr ausgeht.
    Mehrere Blitze schlugen hintereinander in unmittelbarer Nähe des Kampfplatzes ein und tauchten das Geschehen in flutendes Licht. Als hätten sie nur auf diese prächtige Beleuchtung gewartet, überschlugen sich nun die Ereignisse.
    Einen kräftigen Hieb, den ich weit ausholend mit einer Hand führte, stoppten meine zwei verbliebenen Gegner mit einer präzise koordinierten Bewegung, indem sie mir ihre Schwerter gleichzeitig entgegenstemmten. Hätte ich in diesem Augenblick ein zweites Schwert oder wenigstens einen Dolch in der freien Hand gehabt, wäre es für einen der beiden schlecht ausgegangen, mein Dolch aber steckte im Gürtel. Noch während ich mein Schwert wieder in eine Verteidigungsstellung zurückführte, schraubte
sich einer der japanischen Jungen wie eine gespannte Feder in die Luft. Seine Bewegung glich eher einem Flug als einem Sprung. Ich hatte keine Chance mehr zu reagieren.
    Ein dumpfer Schlag traf mich mit unfassbarer Wucht im Gesicht. Mir wurde schwarz vor Augen, meine Ohren fingen zu dröhnen an, aber ich fühlte keinen Schmerz und blieb bei Bewusstsein. Es gelang mir sogar, blind zurückzuschlagen, allerdings erzielte ich damit nicht die geringste Wirkung bei meinem Gegner, der erneut wie eine Feder in die Luft sprang und mir diesmal einen heftigen Fußtritt gegen die Brust versetzte.
    Die Wucht des Stoßes warf mich rückwärts zu Boden, und ich schlug mit dem Hinterkopf gegen einen Stein. Rasender Schmerz schoss durch meinen gesamten Körper. Ich fühlte, wie mir Blut aus der Nase rann, und hörte mein Herz wild in der Brust hämmern. Das Schwert war mir aus der Hand gefallen und lag unerreichbar weit entfernt auf dem Boden. Halb bewusstlos nahm ich das Geschehen um mich herum wie durch einen dichten Schleier wahr. Ich sah Timur zu Boden gehen, wusste aber nicht, ob er gerade einem besonders heimtückischen Schlag auswich oder getroffen worden war. Ich sah, wie der Karatekämpfer, der mich zu Boden befördert hatte, sein Schwert über die Schulter schwang und auf mich zuging. Nur Inga konnte ich nirgends sehen, und das war das Schlimmste. Plötzlich kam mir der Gedanke, dass sie sie wohl nicht töten würden. Allerdings wusste ich nicht, ob das gut oder schlecht war.
    Im blauen Licht eines Blitzes erstarrte das gezückte Schwert meines Gegners über meinem Gesicht. Da ich keine Kraft hatte, mich zu wehren, schloss ich einfach die
Augen und blieb reglos liegen. Ich wusste, dass die starre Silhouette des Jungen mit dem Schwert nur ein Trugbild war, eine schöne Illusion, die mir durch das schneidende Blitzlicht geschenkt worden war. Der junge Japaner zögerte nicht, er schlug zu. Im selben Augenblick würde ein ohrenbetäubender Donner den Himmel

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