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Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov

Titel: Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Wurf, Timur musste etwas bemerkt haben, was mir entgangen war.
    Mit einem leisen, dumpfen Tschock bohrte sich die Klinge in einen der grauen Erdhügel. Eine Sekunde lang rührte sich nichts, dann ertönte ein kurzer, unterdrückter Schrei. Der Hügel ruckte, sah eine Sekunde wie zusammengestaucht aus und flog dann auseinander. Unter dem abgeworfenen Tarnumhang erhob sich ein hagerer,
halb nackter Junge, in dessen Hals eine tiefe Wunde klaffte. In seinem breitknochigen, schlitzäugigen Gesicht waren weder Schmerz noch sonst irgendwelche Emotionen abzulesen. Langsam hob der Junge sein Schwert, als stünden wir in seiner unmittelbaren Reichweite, starrte Timur mit einem verzerrten, bösartigen Lächeln an und fiel dann wie in Zeitlupe vornüber mit dem Gesicht auf den steinigen Boden.
    »Jetzt sind wir angekommen«, flüsterte Timur und glitt von seinem Felsen herab.
    Lautlos und flink sprangen nun weitere versteckte Kämpfer zwischen den Büschen hervor. Es waren sechs Jungen, alle nackt bis zum Gürtel, gelbhäutig und mit Schwertern bewaffnet. Drei von ihnen hielten wie Timur zwei Schwerter gleichzeitig in den Händen.
    Rasch warf ich einen Blick zurück. Inga stand bei unserem Boot und verfolgte mit bangen Blicken das Geschehen. Tom steuerte, langsam rückwärtsgehend, auf die Aliens Nightmare zu, die wir weit ans Ufer gezogen hatten und deren Segel zusammengerollt und vertäut an Deck lag. Es würde mindestens fünf Minuten dauern, das Boot wieder flott zu machen. Nur Timur und ich konnten Inga und Tom diese fünf Minuten Zeit verschaffen.
    »Ihr müsst fliehen!«, schrie ich, für einen Augenblick zu ihnen gewandt, während ich gleichzeitig meine Waffe aus dem Gürtel zog.
    Wenn Zeit dazu gewesen wäre, hätte ich noch viel mehr zu sagen gehabt: dass wir keinerlei Chance gegen diese Übermacht hatten und uns ebenso gut gleich ins stürmische Meer stürzen konnten; dass Janusch uns mit seinem Absprung schmählich im Stich gelassen hatte; dass ich keine Lust hatte, im Kampf mit fremden Jungen
zu sterben, dass wir uns jetzt aber auch nicht einfach ergeben konnten; und außerdem, dass Inga nie mit uns mitfahren hätte dürfen.
    Selbst als ich mich wieder den Feinden zugewandt hatte, spürte ich Ingas Gegenwart in meinem Rücken. Vielleicht war das auch gut so, denn ich schwor mir, den Kampf nicht aufzugeben, ehe die Aliens Nightmare sich vom Ufer entfernen würde.
    All diese Gedanken schossen mir in den wenigen Sekunden durch den Kopf, bevor sich die schlitzäugigen Jungen, die meiner Überzeugung nach Japaner waren, auf uns stürzten.
    Als Ausgangsstellung wählte ich den »Pflug«, der sich im Kampf gegen mehrere Gegner gut eignet, da er die Feinde auf Distanz hält. Allerdings besteht bei dieser defensiven Kampftechnik die Gefahr, dass die Arme durch die ständigen Paraden bald ermüden. Fünf Minuten musste ich unbedingt durchhalten, nur fünf Minuten!
    Die Angreifer teilten sich auf, drei gingen auf mich los, die drei übrigen kümmerten sich um Timur. Überraschenderweise machten sie nicht den Versuch, uns zu umgehen und zum Boot vorzustoßen. Ob sie dies für unfair erachteten?
    Nachdem ich eine ganze Lawine von Hieben der Angreifer aufs Schwert bekommen hatte, begannen meine Unterarme unerträglich zu schmerzen. Deshalb änderte ich meine Taktik und wechselte zur Angriffstechnik »Windmühle« über, die Fechtmeister Timur höchstpersönlich entwickelt hatte. Dabei ging ich ein wenig in die Knie und zielte mit kreisendem Schwert auf die nackten Füße meiner Gegner. Die flinken Japaner sprangen reaktionsschnell hoch und entgingen so meiner Klinge.

    Na wartet, dachte ich, man kann sich schließlich nicht ewig in der Luft halten. Blitzschnell vollzog ich eine Drehung auf den Fersen und wiederholte die »Windmühle«. Jetzt musste die Klinge ja wenigstens einen von ihnen erwischen. Leider täuschte ich mich. Die herabsausenden Körper der Jungen vollführten im letzten Moment eine Rolle vorwärts, und so entgingen ihre Beine erneut meinem Hieb. Zwar hätte mein Schwert ihnen dabei beinahe die Köpfe abgetrennt, aber »beinahe« zählte nicht bei diesem Spiel. Als ich die dritte »Windmühle« ansetzte, hatten die Jungen ihren Salto vorwärts schon in den Stand gebracht, und mein Schlag landete scheppernd auf ihren abwehrbereiten Schwertern.
    Frustriert wechselte ich wieder in die Grundhut. Für einen Moment hatte ich einen Blick zurück zum Schiff gewagt, und was ich dort gesehen hatte, versetzte meinem

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