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Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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Obwohl es weiterhin Eisen regnete, versuchten die Feinde gar nicht erst, eine Formation oder einen Schildwall zu bilden, um ihre Gesichter zu schützen. Vielmehr wandten sie sich – vor Wut über den Tod ihrer Kameraden außer sich – geradewegs gegen Maredudds Männer und stürmten in völlig aufgelöster Ordnung so schnell, wie ihre Füße sie nur trugen, durch Heidekraut und Ginsterbüsche. Dabei veranstalteten sie ein mächtiges Gebrüll und schwangen ihre Waffen: Speere, Messer und Äxte.
    Genau auf diesen Augenblick hatte ich gewartet – schon seit vielen Monaten. Ich ergriff mit der linken Hand den Bügel meines Drachenschilds und umschloss mit den Fingern der rechten den Schaft meiner Lanze. Mein Herz pochte heftig, und das Blut rauschte ungestüm durch meine Adern, wurde heiß und heißer.
    Dann erscholl – wie der Kampfruf einer abscheulichen Bestie – der röhrende, unheilvolle Klang eines Rufhorns: Maredudds Signal.
    »Jetzt!«, brüllte ich so laut, dass nicht nur meine eigenen Ritter, sondern auch die übrigen Conrois es hören mussten. »Für St-Ouen, für die Normandie! Für Fitz Osbern und König Guillaume!«
    Meine Männer stimmten in den Kampfruf ein: »Für König Guillaume!« Vom Lärm aufgeschreckt flatterten die zahllosen Dohlen krächzend über unseren Köpfen auf und stoben auseinander.
    Ich hob meine Lanze mit dem Falkenwimpel, gab Nihtfeax die Sporen und lenkte ihn mit den Schenkeln, als wir zwischen den Bäumen hervorbrachen: meine Schwertbrüder und ich Seite an Seite. Die Hufe trommelten auf dem weichen Boden, und die Erde selbst schien unter der Wucht unseres Angriffs zu erbeben, als über hundert Ritter Knie an Knie den Feind attackierten. Ich senkte die Lanze, bereit zum Angriff. Hinter mir stieß Ithel einen walisischen Schlachtruf aus, in den seine Speerkämpfer einstimmten, doch das Rauschen des Blutes in meinen Ohren war so stark, dass ich das Geschrei kurz darauf schon nicht mehr hörte.
    Die Feinde, die hinter Maredudds jetzt flüchtenden Bogenschützen herrannten, waren kaum noch zweihundert Schritte entfernt. Sie waren von ihrer Wut und dem Wunsch nach Vergeltung so völlig in Anspruch genommen, dass sie gar nicht mitbekamen, wie wir ihnen von hinten auf den Leib rückten. Mit den schweren Schilden und den Waffen in Händen stolperten sie durch das Unterholz; einige stürzten der Länge nach zu Boden, als sie in einen der getarnten Gräben traten, die wir am Vorabend noch ausgehoben und mit Strauchwerk und Gras zugedeckt hatten. Gleichzeitig öffneten sich ihre Reihen mehr und mehr, weil Maredudd seine Männer immer weiter auseinandertrieb, bis die Feinde kaum noch wussten, wen sie verfolgen sollten.
    Die Frauen, die sich weiter unten auf dem Weg versammelt hatten und erkannten, in welcher Gefahr ihre Männer und Brüder schwebten, schrien, um sie zu warnen. Doch die Männer hörten sie nicht oder beachteten sie nicht – oder erst, als es schon zu spät war.
    Als wir jetzt ins Gefecht galoppierten, flog die Heide unter Nihtfeax und mir nur so dahin. Ich sah aus den Augenwinkeln, dass einige meiner Ritter in der ersten Reihe zurückfielen, und forderte sie lautstark auf, gefälligst die Formation zu wahren. Ob sie sich an meine Anweisungen hielten, konnte ich jedoch nicht mehr überprüfen, da wir inzwischen Feindkontakt hatten. Einige unserer Gegner hatten inzwischen begriffen, dass ihnen von hinten Gefahr drohte, und drehten sich um; doch sie waren viel zu wenige und dazu noch zu weit im Gelände verstreut, um ernstlich Widerstand leisten zu können. Der erste Gegner, den ich deutlich vor mir sah, starrte mit weit aufgerissenen Augen den hundert Panzerreitern entgegen, die auf ihn zukamen. Halb ohnmächtig vor Angst wusste er nicht, ob er kämpfen oder fliehen sollte, und tat schließlich keines von beidem. Ich rammte ihm die Lanze in die Schulter, er stürzte zu Boden und wurde unter den Hufen unserer Pferde zermalmt.
    Kaum einen Wimpernschlag später war er schon wieder vergessen; denn ich galoppierte sofort weiter, ließ mich von der Wucht der Angriffswelle mitreißen. Ein Mann, der den Tod schon vor Augen hatte, schleuderte mir noch seinen Speer entgegen; doch ich duckte mich weg, und die Waffe flog an meinem Kopf vorbei. Nun rannte der verzweifelte Mensch mit erhobenem Dolch brüllend auf uns los. Doch falls er geglaubt hatte, dass er noch einen von uns mit sich in den Tod reißen könnte, hatte er sich getäuscht, denn in diesem Augenblick rammte ich ihm bereits

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