Die Ritter des Nordens
hatten Bündel geschultert, und die Frauen trugen deren Schilde an Riemen auf dem Rücken.
»Wer von Euch einer der Frauen dort drüben auch nur ein Haar krümmt, bekommt es mit meinem Schwert zu tun«, sagte ich und gab Anweisung, diese Warnung weiterzugeben.
Eudo saß direkt neben mir auf dem Pferd. »Sagst du das, weil du dich als Erster mit ihnen amüsieren willst?«, fragte er grinsend.
»Nein. Sondern damit sie hinterher ihren Landsleuten von dem Gemetzel erzählen, das wir hier gleich anrichten werden«, entgegnete ich.
Das war allerdings nur die halbe Wahrheit. Der entscheidende Grund war nämlich die Disziplin, die ich in meinem Kontingent unbedingt durchsetzen wollte. Wir waren aus einem bestimmten Grund in dieses Land gekommen, und es war gewiss nicht in Fitz Osberns Sinn, wenn die Männer hier bei jeder Gelegenheit ihren Gelüsten frönten. Außerdem konnten wir keine Gefangenen machen, da diese uns nur in unserer Bewegungsfreiheit eingeengt hätten.
Im Übrigen wusste ich nur zu gut, worauf es hinauslaufen würde, wenn ich den Männern freie Hand ließ. Hätten sich unsere Leute damals in Dunholm nämlich mehr zusammengerissen, statt zu plündern und sich zu betrinken, hätten uns die Northumbrier dort nicht so überrumpeln können. Das heißt, unter anderen Umständen hätten wir dort zweifellos den Sieg davongetragen, und viele gute Männer, deren Leichen jetzt in einem fernen wilden Land verrotteten, könnten noch am Leben sein. Doch daran ließ sich jetzt nichts mehr ändern. Deshalb lohnte es sich nicht, noch länger darüber nachzudenken. Doch ich war entschlossen zu verhindern, dass sich so etwas wiederholte. Wenn ich meinen Männern also das Kommando erteilte, die Frauen in Ruhe zu lassen, dann war das ein Befehl, und sollte jemand diesen missachten, konnte er sich auf meinen Zorn gefasst machen.
Ich wandte mich wieder dem Weg zu. Die feindliche Vorhut hatte jetzt oben auf der Anhöhe haltgemacht. Ich erstarrte, weil ich im ersten Moment glaubte, dass die Leute uns entdeckt hatten und unser schöner Plan aufgeflogen war. Doch dann begriff ich, dass sie nur auf ihre Landsleute warteten. Sie ahnten nicht, dass sie sich Maredudds Bogenschützen damit wie eine Zielscheibe präsentierten.
Während ich dies noch dachte, ging es los. Ein Stück unterhalb des Weges herrschte zwischen den Ginsterbüschen plötzlich reges Treiben, und dann schossen nacheinander mehrere Reihen lautloser dunkler Striche in den grauen Himmel hinauf. Die matt glänzenden silbernen Pfeilspitzen beschrieben in der Luft einen eleganten Bogen, bevor sie sich nach unten senkten. Männer und Frauen schrien einander Warnungen zu, doch vergebens. Ein Mann, den ein Pfeil in die Brust getroffen hatte, brach zusammen; ein anderer brüllte, als ein Geschoss seine Schulter durchschlug; hinter ihm wieherte ein Pferd, bäumte sich steil auf und warf seinen Reiter ab.
Die Schlacht begann.
Ich hob die Hand, signalisierte meinen Rittern, die mich erwartungsvoll ansahen, sich noch zu gedulden. »Augenblick«, sagte ich. »Noch nicht.«
Dann sah ich die dunklen Silhoutten von Maredudds Bogenschützen, die etwa hundert Schritte jenseits des Weges in einer Reihe standen. Der feindliche Haufen begann sich aufzulösen. Wieder kam eine Salve geflogen, dann noch eine – so schnell, wie die Männer die Pfeile nur aus dem Köcher ziehen konnten. Die meisten der Geschosse landeten jedoch auf dem Boden oder im Heidekraut, da die Gegner zu weit auseinanderstanden. Doch das reichte aus, um die Ponys so zu verschrecken, dass einige von ihnen durchgingen. Eines schleifte einen Mann hinter sich her, dem es nicht mehr gelungen war, seinen Fuß rechtzeitig aus dem Steigbügel zu befreien. Doch all sein Schreien half ihm nichts, als das Tier jetzt wieder in die Richtung galoppierte, aus der es gekommen war. Dabei schlug der Mann mehrmals mit dem Kopf auf dem Boden auf, dann gegen einen Stein, und er verstummte.
»Ysgwydeu!«, brüllte einer der Feinde inmitten der allgemeinen Panik. Ob es sich um den Anführer handelte, konnte ich nicht sagen, da die Kämpfer aus der Entfernung kaum zu unterscheiden waren, doch dann nahmen einige der übrigen Männer den Ruf auf und versuchten sich wieder zu sammeln: »Ysgwydeu! Ysgwydeu!«
Fast gleichzeitig rannten die Frauen zu ihren Männern, streiften sich die Schilde von den Schultern und übergaben sie den Männern, bevor sie zurückeilten, um die Reit- und Lasttiere aus dem Schussfeld der Pfeile zu zerren.
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