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Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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Aufsehen zu vermeiden. Dabei war das Risiko, entdeckt zu werden, wegen des bedeckten Himmels ohnehin nur gering. Trotzdem wollte ich auf Nummer sicher gehen.
    Von der Festung aus führten mehrere Wege in die umliegende Landschaft. Einige folgten den beiden Flusstälern, andere schlängelten sich durch das Hügelland, doch in nördlicher Richtung gab es nur einen. Ich war davon überzeugt, dass der Feind am nächsten Morgen diesen Weg nehmen würde. Deshalb wies ich Maredudd an, sich ungefähr eine halbe Meile nördlich der Befestigungsanlage mit einem Trupp Speerträger und unseren vierzig Bogenschützen neben dem Weg zwischen den Ginstersträuchern zu verstecken. Währenddessen führten sein Bruder Ithel und ich das restliche Kontingent – ungefähr dreihundert Mann, die meisten davon beritten – zu einer Baumgruppe, die sich etwa eine Viertelmeile entfernt auf der anderen Seite des Weges am höchsten Punkt der Hangkante befand. Dort brachten wir uns so in Stellung, dass wir zwar den Feind, dieser aber nicht ohne Weiteres uns sehen konnte.
    Als wir schließlich komplett waren, warteten wir auf das Erscheinen der Feinde. Allerdings mussten wir uns bis zum Morgengrauen noch einige Stunden gedulden. Obwohl mir die Augen vor Erschöpfung brannten, wusste ich, dass ich ohnehin nicht schlafen konnte. Ich spürte bereits, wie mein Herzschlag sich beschleunigte, wie die Spannung in meinem Schwertarm zunahm, obwohl die Schlacht noch nicht unmittelbar bevorstand. Nicht anders erging es Eudo und Wace und den Rittern aus meinem Hausgefolge. Um sie zu beschäftigen, ließ ich sie Wachdienst leisten, während ich selbst die Runde machte und die anderen Lords aufsuchte und mich vergewisserte, dass alle genau wussten, was sie zu tun hatten. Wir waren dem Feind nicht nur zahlenmäßig überlegen, sondern auch taktisch im Vorteil; daher sprach eigentlich alles für einen leichten Sieg. Trotzdem wusste ich nur zu gut, dass es keinen Grund gab, sich in Selbstgefälligkeit zu ergehen. Denn im Krieg waren die Dinge fast nie so einfach, wie sie vorher schienen.
    »Ich hoffe für Euch, dass Euer Plan aufgeht«, sagte Berengar, als ich auf meinem Rundgang bei ihm und seinen Leuten vorbeischaute. »Sonst bezahlt Ihr mir für jeden meiner Männer, der hier für Euch sein Leben gibt.«
    Ich zuckte mit den Achseln. »Wenn es schiefgeht, sind wir ohnehin alle erledigt.«
    Er sah mich finster an, doch ihm fiel offenbar nichts mehr ein, und so ließ ich ihn stehen. Als ich von ihm wegging, kam es mir vor, als ob er mich von hinten mit Blicken durchbohrte, und mich fröstelte. Ich traute ihm plötzlich zu, dass er mich hinterrücks erstechen würde, sollte ich einmal nicht auf der Hut sein. Doch schon in der nächsten Sekunde bereute ich diesen Gedanken. Warum sollte er einen solchen Groll gegen mich hegen, dass er mir sogar den Tod wünschte?
    Als ich später dasaß und mein Schwert schärfte, ließ ich ihn jedoch nicht mehr aus den Augen und gelobte mir, gewappnet zu sein, sollte er selbst oder einer seiner Männer mich je angreifen. Und sollte ich künftig einmal vor der Frage »sein Leben oder meines« stehen, dann wusste ich schon jetzt genau, wie meine Entscheidung ausfallen würde.

Zwölf
    •
    D er Feind zog am nächsten Morgen erst später aus Caerswys ab, als ich vermutet hatte. Es war bereits hell, als unsere Kundschafter eine erste Marschkolonne meldeten, die die Festung durch das Torhaus verlassen hatte. Der Himmel war verhangen, und in der Nacht hatte es zu nieseln begonnen. Deshalb wurden unsere Männer von Stunde zu Stunde missmutiger. Das galt noch mehr für Maredudds Bogenschützen, die darauf achten mussten, dass ihre Bogensehnen in der Nässe nicht erschlafften. Mir blieb nur die Hoffnung, dass sie irgendwo zwischen den Ginsterbüschen und dem Heidekraut noch ein trockenes Fleckchen gefunden hatten.
    Doch es war ohnehin schon zu spät, um an alledem noch etwas zu ändern; denn zwischen den Bäumen und dem Farnkraut erspähte ich jetzt die ersten Waliser, wenngleich sie noch einige hundert Schritte von uns entfernt waren. Ihre Speerspitzen wippten rhythmisch auf und ab. Sie zogen den Hügel hinauf, auf dem wir sie schon erwarteten – geradewegs in den Tod, auch wenn sie davon selbst noch nichts ahnten. Meine Vermutung, dass sie in Richtung Norden unterwegs waren, hatte sich bestätigt. Doch mir schien, dass wir es – anders, als unsere Kundschafter gemeldet hatten – nicht nur mit hundert, sondern wenigstens mit

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