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Die Rollbahn

Die Rollbahn

Titel: Die Rollbahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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angehalten, als verschnaufe er sich, als habe er sich mit dem eigenen Tempo erschöpft. Der Druck ließ etwas nach, die deutschen Divisionen, zerschlagen, zersprengt, zu Bataillonen zusammengeschmolzen, konnten sich ausruhen, füllten sich langsam auf und bauten rückwärtige Stellungen.
    Aber die Stille war trügerisch. Auch der Russe brauchte sie. Er mußte seinen Nachschub organisieren, er mußte die Straßen säubern, die Bahnstrecken neu verlegen … die schnellen Panzerverbände jagten den Möglichkeiten, sie mit Sprit und Munition zu versorgen, voraus … sie mußten zurückgenommen werden, weil sie vom Nachschub zu weit entfernt waren.
    Mit Hunderttausenden Sträflingen und Kriegsgefangenen bauten die Sowjets in den zurückeroberten Gebieten die Straßen auf, errichteten Magazine, legten die Bahnstränge neu, zogen Telefon und Telegraf, Licht und Kabel, schoben die ungeheure Masse ihrer Trosse und ihrer Munitionskolonnen weiter nach Westen und bauten vor den Toren Deutschlands eine neue, unübersehbare, drohende und alles vernichtende Streitmacht auf. Sie wurden nicht gestört, keiner hinderte sie daran, die Weite der ukrainischen Felder als neue Aufmarschbasis auszubauen. Die deutsche Luftwaffe war gestorben … nur die Aufklärer brachten Bilder und Meldungen mit, bei deren Betrachtung den Offizieren ein Frieren über den Rücken glitt.
    Der Generalstab des Heeres legte Hitler diese Beobachtungen vor:
    Das Kräfteverhältnis ist: Für die Infanterie – 11 : 1, für die Panzer – 7 : 1 und für die Artillerie 20 : 1! Von der Luftflotte wurde gar nicht gesprochen … hier besaß der Russe die völlige Lufthoheit.
    Aber noch etwas anderes lag bei Hitler auf dem Tisch: Die genaue Aufstellung der Heeresgruppen der Sowjets, die ihm die ›Deutsche Abwehr – Abteilung Fremde Heere Ost‹ geschickt hatte:
    Im Norden, mit der Stoßrichtung Ostpreußen, stand die ›3. weißrussische Front‹ unter Marschall Tschernjakowski. Mit 54 Schützendivisionen, zwei Panzerkorps und neun selbständigen Panzerverbänden sollte sie die deutsche Flanke aufreißen.
    Ihr schloß sich nach Süden zu die ›2. weißrussische Front‹ unter Marschall Rokossowski an, gleich stark, gleich bewaffnet … zwei Stoßkeile, die die Aufgabe hatten, nach Aufreißen der Front Berlin zu erobern! Noch vor den im Westen vorrückenden Amerikanern und Engländern! Es ging um eine Prestigefrage zwischen den Verbündeten: Wer Berlin erobert, ist der wahre Sieger!
    Den frontalen Stoß auf die mittlere Oder sollte die ›1. weißrussische Front‹ unter Marschall Shukow führen. Ihm standen zur Verfügung: 31 Schützendivisionen, fünf Panzerkorps und drei selbständige Panzerverbände.
    Ihm folgte, besonders stark, besonders gefährlich, als Flügel, der Breslau erobern sollte, die ›1. ukrainische Front‹ unter Marschall Konjew. Mit 60 Schützendivisionen, acht Panzerkorps, einem Kavalleriekorps und acht selbständigen Panzerverbänden war er eine Faust, deren Zuschlag den Verlust Schlesiens bedeutete.
    Ganz im Süden stand, Gewehr bei Fuß, die ›4. ukrainische Front‹ unter General Petrow mit 15 Schützendivisionen und zwei selbständigen Panzerkorps.
    Die Generäle nahmen Hitler selbst das Rechnen ab … sie legten die Zahlen addiert vor:
    214 Infanterie-Divisionen! 17 Panzerkorps!
    31 selbständige Panzerverbände!
    1 Kavallerie-Division!
    Zusammen:
    263 kampfstarke, ausgeruhte, blutdurstige Divisionen!
    Auf deutscher Seite:
    Eine Handvoll müder, ausgemergelter, in hundert Schlachten ausgebrannter Männer.
    »Die Einbruchslücken sind im Angriff zu schließen!«
    Das war die einzige Antwort aus dem Führerhauptquartier auf die Zahlen und den Hinweis, daß Deutschland verloren sei.
    Im Angriff schließen … gegen 263 Divisionen …
    Nie – solange es Völker gibt – wurde ein Volk so bewußt hingeschlachtet wie das deutsche!
    Aber der kleine Mann, die Strakuweits, Leskaus, selbst die Fabers wußten und ahnten es nicht. Sie marschierten, sie kämpften sich zurück, sie hungerten und fluchten und bluteten und starben. Für sie galt das, was der Wehrmachtsbericht meldete: Der Russe hat sich ausgeblutet! Die Offensive steht! Es geht wieder vorwärts! Die Dampfwalze zerbricht … Das Heldentum des deutschen Soldaten brachte die größte Offensive aller Kriege zum Stehen!
    Sie glaubten es die dreckigen, hohlwangigen Landser in den Schützenlöchern, den Erdbunkern, den Schützengräben oder den Wäldern. Sie sahen sich an und lachten. Der Iwan

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