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Die Rollbahn

Die Rollbahn

Titel: Die Rollbahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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steht … Mensch, Junge, Fritze … der Iwan hat die Neese voll! Jetzt kommen neue Divisionen aus der Heimat, und dann jagen wir sie wieder bis Moskau zurück! Hat der Goebbels im ›Reich‹ geschrieben! »Die geschichtliche Wende!« Nun siegen wir wieder! Mensch, Fritze, is det 'n Ding! Erst loofen wir wie die Hasen, und jetzt siegen wir wieder! Is doch alles varrückt, wat?
    Und sie lachten und brieten ihre organisierten Schweine und Hühner, suchten sich die Läuse aus den Unterhosen und den Nähten der Hemden und ließen sich von Hiwis in den Banjas abbrausen und in den Saunas mit Birkenreisern schlagen. Die Welt schien wieder schön zu werden. Der Iwan war am Ende …
    Und jenseits der Flüsse und Wälder, der Felder und Steppen marschierten 263 Divisionen auf!
    Zwei Millionen sowjetischer Soldaten, denen man gesagt hatte: Kennt keine Gnade … hört kein Wimmern und Schreien … kennt keine Furcht … seht und hört nicht, sondern stürmt … stürmt … Es geht um Berlin! Wir müssen Berlin erreichen vor Eisenhowers kapitalistischen Truppen! Wir müssen das siegreichste Volk der Erde sein! Stürmt! Hinter euch steht der große Stalin, euer aller Vater …
    Sie waren wie Arenastiere, die man zehn Tage hungern und dürsten ließ.
    Zwei Millionen Soldaten. Aus der Krim, aus der Tundra, vom Peipussee, aus dem Ural, aus den Steppen von Usbekistan, vom Baikalsee, aus den Urwäldern Sibiriens, aus den Steppen der Mongolei und den Weiden der Kirgisen.
    Und in ihren Erdlöchern hockten die deutschen Landser, suchten die Läuse ab und erzählten Witze.
    Sie glaubten an eine Wendung.
    So erreichte auch Theo Strakuweit seine Truppe wieder. Es geschah ohne Schwierigkeiten, wenn man davon absieht, daß Strakuweit bei einem Bauern eine Gans gegen drei Ohrfeigen eintauschte und den dazukommenden Feldgendarmen einen armseligen Bettpisser nannte.
    Die Meldung der Gendarmerie-Einheit traf sogar eher als Strakuweit ein … vom Regiment wurde sie per Feldtelefon an Hauptmann Faber, 2. Bataillon, weitergegeben.
    »Der Theo kommt wieder«, sagte Faber, als er die Meldung las, die der Ia-Schreiber ihm hinreichte. Der Bataillonsadjutant, Leutnant Mönkeberg, sah von seinen Verlustlisten auf.
    »Wer ist Theo?«
    »Ein Naturereignis, Mönkeberg.« Hauptmann Faber zerknüllte lächelnd die Meldung zwischen den Fingern. »Sie kennen doch einen Taifun?«
    »Nicht aus eigener Anschauung, aber gelesen habe ich davon.«
    »Ein Taifun schickt seine Boten voraus. Erst fällt das Barometer, dann wird es windstill, dann sehen Sie gelbe Wolken am Horizont, das Meer wird grün und schäumt … und dann kommt er über sie hinweg! So ähnlich ist es bei Strakuweit … erst kommen seine Boten: Beschwerden, Tatberichte, Meldungen … dann kommt er.«
    »Und?«
    »Was und? Dann ist alles gut! Sie kennen Strakuweit noch nicht!«
    »Und der Herr bleibt Offizier?«
    »Offizier?« Faber lachte dröhnend. »Mein lieber Mönkeberg … wären Sie länger beim Bataillon, würden Sie ein Buch schreiben können. Es ist ein Obergefreiter … ein simpler Oberschnäpser … ein Offiziersschreck, ein Kaschmarek, ein Tünnes, nennen Sie ihn, wie Sie wollen! Aber die Kompanie war irgendwie verwaist, seitdem er beim Generalstab war.«
    Zwei Tage später marschierte Strakuweit beim Bataillon an. Seinen Affen trug ein zerlumpter Russe, den Strakuweit singend und nach jeweils fünf Schritten in den Hintern tretend vor sich hertrieb.
    Vor Faber, der mit Leutnant Mönkeberg aus dem Bunker kam, blieb er stehen, kommandierte: »Halt! Du Scheißkerl!« und grüßte stramm und – wie Kunze gesagt haben würde – kasernentreu.
    »Obergefreiter Theo Stra…«
    Faber winkte ab. »Halt'n Mund, Theo. Wen hast du denn da mitgebracht?«
    »Meinen Burschen, Herr Hauptmann.«
    »Ihren was?« sagte Mönkeberg verblüfft. Strakuweit schielte zu dem jungen Offizier hinüber. Kein Typ Vogel, dachte er. Aber man kann nie wissen. Adjutanten sind eine Bande für sich. Und Jungs von der Kriegsschule haben Halsschmerzen. O Gott, nun geht die Scheiße wieder los mit dem Offiziersärger!
    »Meinen Putzer, Herr Leutnant! Als preußischer Obergefreiter mit fünf Kriegsjahren habe ich mir gedacht: Legst dir einen Burschen zu, Theo … wer weiß, ob du später Zeit genug hast, deine Klamotten aus der HKL zu bringen.«
    Leutnant Mönkeberg sah Strakuweit mit leicht geöffnetem Mund an. Dann wandte er den Blick zu dem alten Russen, der struppig und dreckig, mit Angst und Haß in den Augen die beiden

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