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Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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aus. Einer meiner Bekannten wäre beinahe in Ohnmacht gefallen.
    Dennoch waren Jux und Tollerei für Hunter wie für den Rest von uns stets eine zweitrangige Angelegenheit – an erster Stelle stand die Arbeit. Wir hatten Spaß an dem, was wir machten, und ihm ging es ebenso. Als er bei einer späteren Gelegenheit einmal auf seine wilden frühen Jahre zu sprechen kam, meinte er, dass er »weder für Armut noch für ehrliche Arbeit etwas übrighatte und die Schreiberei deswegen der einzige Ausweg« für ihn gewesen sei. Was natürlich ironisch gemeint war, denn er betrieb sein Gewerbe mit großem Eifer und Ernst, war stets bemüht, auf den Gebieten der Grammatik und Syntax dazuzulernen, und gab dieses Wissen auch bereitwillig weiter. Wir hatten beispielsweise einen Mitarbeiter in unseren Reihen, der zwar jede Menge Talent besaß, aber sich immer wieder kritisieren lassen musste, weil seine Manuskripte so schlampig abgefasst waren, bis ich eines Tages miterleben durfte, wie Hunter ihm mit einer Engelsgeduld auseinandersetzte, dass ordentlich abgefasste, fehlerfreie Manuskripte nicht nur eine Notwendigkeit im Pressewesen darstellen, sondern sich darüber hinaus auch positiv auf seinen Schreibstil auswirken würden (womit er recht hatte). Und auch sonst legte er häufig eine große Hilfsbereitschaft und Interesse an unserer Arbeit an den Tag. Manchmal erfuhr er um drei Ecken, welche Projekte ich gerade anleierte, und dann fand ich gelegentlich Zettel von ihm auf meinem Schreibtisch, auf denen er in seiner unverkennbaren Handschrift Tipps und Hinweise über Quellen und Kontaktpersonen hinterlassen hatte. Diese Notizen trugen immer die Unterschrift: OK/HST. Er verfügte über die Gabe, andere zu inspirieren und so zu besseren Leistungen anzuspornen.
    Er hätte sich aufführen können wie ein Star, doch wirkliche Könner verkneifen sich derartige Allüren. Hell’s Angels hatte ihm einen gewissen zweifelhaften Ruhm eingebracht, und auch sein Artikel über das Kentucky Derby für Scanlan’s sowie seine frühen Arbeiten für den Rolling Stone erregten breite Aufmerksamkeit. Doch er begnügte sich damit, ein Freund und netter Kollege zu sein, und die Reaktionen unsererseits waren entsprechend. Als der Typ mit den schlampigen Manuskripten erfuhr, dass Hunter gerne schwimmen ging, um sich zu entspannen, nahm er ihn mit zu einer Tauchschule, die ein paar Blocks von der Redaktion entfernt lag, wo Hunter seine Bahnen ziehen konnte, wenn kein Betrieb war.
    Einer der Orte, an denen Hunter, wann immer er in der Stadt war, sich mit Vorliebe aufhielt, war Jerry’s Inn, die Redaktionstränke auf der anderen Straßenseite. Hier fühlte er sich zu Hause, trank nie übermäßig, aber regelmäßig und dozierte mit großem Eifer in Vier-Augen-Gesprächen über alles Mögliche – von seinen Helden Scott Fitzgerald und Joseph Conrad über Klassiker des Sportjournalismus wie Jimmy Cannon und Red Smith bis zu den Oakland Raiders, einer Footballmannschaft, die größtenteils aus Rabauken, Fies- und Finsterlingen bestand, von denen einige seine Freunde waren. Er redete auch gerne übers Geschäft, über Artikel, die er im Esquire und anderswo gelesen hatte, wodurch etliche der Stunden, die wir im Jerry’s anstatt in der Redaktion zubrachten, doch einen ziemlichen Nutzwert hatten. Zumindest rede ich mir das heute ein.
    Als Hunter sich 1972 der Wahlkampfmaschine anschloss, markierte dies sowohl für den Rolling Stone als auch für ihn selbst einen Wendepunkt. Es war wie das Ende des einen und der Beginn eines neuen Kapitels. Anfangs hatte keiner von uns einen Plan. Es ging einfach nur darum, in Washington, D. C., Präsenz zu demonstrieren, indem man dort ein Büro eröffnete. Doch im Verlauf der Arbeit entwickelte er permanent neue Perspektiven, und das Ganze nahm von Ausgabe zu Ausgabe andere Formen an, sodass sich sein Auftrag zu einer nicht endenden Odyssee durch die USA wandelte. Er stand beim Schreiben permanent unter extremem Termindruck und reichte seine Manuskripte immer in letzter Sekunde ein, was sowohl für ihn als auch für die Redaktion eine harte Bewährungsprobe darstellte. Zu meinem Glück war ich in diese Vorgänge nicht direkt involviert, da ich mich um genügend andere Dinge zu kümmern hatte, doch ich war nahe genug dran, um mitzubekommen, unter welchem ungeheuren Druck Jann, der Mitherausgeber David Felton und der Korrektor Charles Perry und alle anderen standen, die in heroischer Weise mit der Heftproduktion befasst waren.

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