Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)
eigentlich sogar wesentlich düsterer als Angst und Schrecken in Las Vegas . »Polo in Las Vegas« ist ein letztes Beispiel für seinen gelegentlich lyrischen Schreibstil und seine Neigung einen großen Bogen zu spannen, wobei er seine Beobachtungen über einen Sport für die Reichen mit Betrachtungen über die verloren gegangene Welt Scott Fitzgeralds und über Sexpuppen vermengt. In diesem Zusammenhang muss man anmerken, dass diese beiden Artikel ebenso wie seine ersten für den Rolling Stone am schwierigsten zu kürzen waren.
Die Korrespondenz zwischen Jann und Hunter beginnt mit ihrem ersten Briefwechsel 1970. Sie gibt Blicke hinter die Kulissen, man kann dem Autor bei der Arbeit über die Schulter schauen und miterleben, wie Vegas entstand, wie die Berichterstattung über den 72er-Wahlkampf konzipiert wurde; Ideen für Reportagen werden entwickelt (und häufig wieder fallen gelassen), Faxe enthüllen den Druck und die Drohungen, die notwendig waren, um Hunters spätere Arbeiten zu realisieren. Alles in allem stellen diese Briefe und Memos eine zusätzliche Facette in der Biografie dieses Schriftstellers dar, der seine bedeutendsten Arbeiten für den Rolling Stone verfasst hat.
Wie alles anfing …
Hunters erster brieflicher Kontakt zu Jann Wenner datiert vom Januar 1970. Thompsons erstes Buch Hell’s Angels war 1966 erschienen und hatte weithin positive Kritiken geerntet. Der Rolling Stone seinerseits existierte damals seit zwei Jahren und war in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt durch seine Sonderausgabe über das Konzert der Rolling Stones in Altamont, bei dem im Dezember 1969 die Hells Angels, die unglaublicherweise als Sicherheitskräfte eingesetzt worden waren, das Publikum terrorisiert und einen Zuschauer mit Messerstichen getötet hatten. Anfangs dreht sich die Korrespondenz zwischen dem Herausgeber und dem Autor um einen möglichen Artikel über Terry the Tramp, einen kurz zuvor verstorbenen Hells Angel, bis Hunter eher beiläufig seine Kandidatur für das Amt des Sheriffs von Aspen, Colorado, erwähnt. »Die Schlacht von Aspen« – womit sowohl Hunters Wahlkampf als auch sein Bericht darüber im Rolling Stone gemeint ist – markiert den Punkt, an dem sich Thompson sowohl persönlich als auch journalistisch auf die politische Bühne begibt, und stellt den Beginn einer wortgewaltigen, engagierten und manchmal explosiven Partnerschaft zwischen Hunter und dem Rolling Stone dar.
Undatierter Brief
von Hunter S. Thompson an Jann S. Wenner
Owl Farm
Woody Creek, Colorado
Jan Wenner
Rolling Stone
Eure Berichterstattung über die Ereignisse von Altamont ist, was journalistische Qualität angeht, mit das Beste, was ich je gelesen habe. Als ich einem Freund, der an der UCLA als Dozent für Journalismus arbeitet, Passagen daraus zitiert habe, meinte dieser, er hätte noch nie vom Rolling Stone gehört … und das sagt auch schon alles. Man könnte natürlich auch darüber spekulieren, dass das Problem nicht die Printmedien darstellen, sondern die Leute, die die Printmedien beherrschen. Aber das ist auch schon wieder kalter Kaffee, also scheiß drauf. Der Rolling Stone lässt jedenfalls [Marshall] McLuhan ziemlich alt aussehen. Er ist, egal welche Maßstäbe man auch anlegt, ein teuflisch gutes Medium mit einer Bandbreite von Hemingway bis [Jefferson] Airplane. Leute wie [der Gründer der Los Angeles Free Press , Art] Kunkin und [Autor/Journalist Paul] Krassner kommen nicht mal entfernt an das heran, was ihr macht …… also vermasselt es nicht, indem ihr euch auf pompösen Quark verlegt; wenn der R.S. einginge, wäre das ein herber Verlust, der eine hässliche Lücke hinterließe.
Dabei fällt mir allerdings das beschissene, ignorante Gefasel ein, das bei euch über Eric von Schmidts letztes Album Who Knocked the Brains Out of the Sky? zu lesen war. Dieses Album ist eine der wenigen originellen Platten, die ich in den letzten fünf Jahren gehört habe, »Wooden Man« rangiert in einer Liga mit den besten Sachen von The Band, und der Typ, der diesen schleimigen Artikel zusammengeschmiert hat, ist ein Grützkopf mit Scheiße in den Ohren. Von Schmidt als miesen Rock-Künstler abzukanzeln ist so, als würde man behaupten, Lenny Bruce könne gegen die Hell’s Angels nicht anstinken, weil er schließlich auf der Strecke geblieben ist.
Mit besten Grüßen
Hunter S. Thompson
Undatierter Brief
von Jann S. Wenner an Hunter S. Thompson
746 Brannan Street
San Francisco 94103
Hunter:
Vielen Dank
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