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Die Romanow-Prophezeiung

Die Romanow-Prophezeiung

Titel: Die Romanow-Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: berry
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traurig, ging die Verzweiflung tief. Das Schwanken zwischen den Extremen gehörte zu ihrer Natur, nur selten richteten sie sich in der Mitte ein, und nachdem er seit beinahe zwei Jahrzehnten Erfahrung im Umgang mit ihnen sammelte, hatte er begriffen, dass Vertrauen und Loyalität ihnen äußerst wichtig waren. Das Problem dabei war, dass es Jahre dauern konnte, bevor ein Russe einem anderen Russen tatsächlich vertraute; und bis er einen Fremden wirklich akzeptiert hatte, dauerte es noch viel länger.
    Chruschtschow verhielt sich im Moment typisch russisch. Um dieselbe Zeit des Vortags war er in der Annahme, Lord bald in Händen zu haben, optimistisch und selbstbewusst gewesen. Heute dagegen wirkte er still und distanziert, und seit dem vergangenen Abend im Zoo, als ihm klar wurde, dass sie die Fährte der Verfolgten verloren hatten und er den anderen Mitgliedern der Geheimkanzlei nun erklären musste, dass er dem Vorschlag, Lord entkommen zu lassen, zugestimmt hatte, hatte er kaum ein Wort gesagt.
    Sie befanden sich hinter verschlossener Tür in Witenkas Büro im Obergeschoss des Konsulats. Am anderen Ende der Leitung waren die Mitglieder der Geheimkanzlei, die sich alle an ihrem üblichen Moskauer Treffpunkt versammelt hatten. Keiner war glücklich über die missliche Entwicklung, aber keiner kritisierte Hayes’ und Chruschtschows Vorgehen offen.
    »Es ist kein Problem«, ertönte Lenins Stimme aus dem Lautsprecher der Telefonanlage. »Wer hätte auch das Eingreifen eines Gorillas vorhersehen können?«
    »Rasputin«, sagte Hayes.
    »Ach, Mr. Lincoln, jetzt verstehen Sie unsere Sorge also allmählich«, bemerkte Breschnew.
    »Ich bin inzwischen überzeugt, dass Lord hinter einem Nachfahren der entkommenen Romanows her ist. Er will den russischen Thronerben finden.«
    »Offensichtlich«, merkte Stalin an, »sind unsere schlimmsten Befürchtungen wahr geworden.«
    »Hat jemand eine Idee, wohin er sich wenden könnte?«, fragte Lenin.
    Genau über diese Frage hatte Hayes in den letzten Stunden nachgedacht. »Ich lasse seine Wohnung in Atlanta von einer Privatdetektei beobachten, ebenso wie seinen Wagen, den man am Flughafen von Atlanta gefunden hat. Wenn er dorthin zurückkehrt, haben wir ihn, und diesmal lassen wir ihn nicht entkommen.«
    »Das ist ja alles schön und gut«, wandte Breschnew ein. »Aber was, wenn er sich auf direktem Wege dorthin begibt, wo dieser vermutete Thronerbe ihn erwartet?«
    Das war die andere Möglichkeit, über die Hayes nachgedacht hatte. Er hatte Beziehungen zu den unterschiedlichsten Kontrollbehörden der Exekutive. Dem FBI, dem Grenzschutz und der Drogenermittlungsbehörde. Mittels dieser Kontakte wäre es möglich, Lord ausfindig zu machen, vor allem wenn er seine Reise mit Hilfe von Kreditkarten finanzierte. Diese Behörden verfügten über Informationszugänge, an die Hayes sonst nicht herankam. Aber wenn er sie ins Spiel brachte, mischten plötzlich Leute mit, die er gerne so weit wie möglich auf Abstand halten wollte. Seine Millionen hatte er sicher unter der Gebirgslandschaft des Schweizer Bankgeheimnisses versteckt, und er hatte vor, diese Dollars – und mehrere Millionen, die er noch dazugewinnen wollte – in den kommenden Jahren zu genießen. Ja, er würde sich aus der Kanzlei zurückziehen und die siebenstellige Abfindung mitnehmen, die ihm laut Partnerschaftsvertrag zustand. Die anderen Seniorpartner würden ihn gewiss bitten, noch eine Funktion in der Kanzlei beizubehalten, irgendetwas, damit sein Name weiter mit auf dem Briefkopf prangte und jene Klienten bei der Stange hielt, die zu seinem persönlichen Kundenstamm gehörten. Damit würde er sich natürlich einverstanden erklären. Eine angemessene monatliche Entschädigung vorausgesetzt – gerade so viel, um den bescheidenen Lebensunterhalt eines Mannes zu decken, der in einem europäischen Château residierte. Alles war perfekt geplant. Er würde einen Teufel tun und irgendjemandem die Chance einräumen, ihm die Sache zu vermasseln. Daher war seine Antwort auf Breschnews Frage eine Lüge.
    »Ich habe einige Kanäle, derer ich mich bedienen kann. Es gibt hier ebensolche Personen wie die, die Sie mir in Russland zur Verfügung stellten.« Bisher hatte er niemals solcher Leute bedurft und er hatte auch keine Ahnung, wie er welche finden sollte, doch das brauchten seine russischen Freunde nicht zu wissen. »Es wird kein Problem sein.«
    Chruschtschows Blick begegnete dem seinen. Im Lautsprecher war es still;

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