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Die Romanow-Prophezeiung

Die Romanow-Prophezeiung

Titel: Die Romanow-Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: berry
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Lektüre hier ist wie eine Zeitreise«, erklärte Lord auf Russisch.
    Der ältere Mann lächelte. Lord schätzte ihn auf Ende fünfzig, wenn nicht gar Anfang sechzig.
    »Da kann ich Ihnen nicht widersprechen. Das ist einer der Gründe, warum ich so gern hierher komme. Es erinnert mich an das, was einst war.«
    Er fand den Mann auf Anhieb sympathisch und stand von seinem Tisch auf. »Ich bin Miles Lord.«
    »Ich weiß, wer Sie sind.«
    Lord war plötzlich misstrauisch, und ohne dass er es selbst merkte, sah er sich beunruhigt um.
    Sein Gegenüber schien seine Angst zu spüren. »Ich versichere Ihnen, Mr. Lord, dass ich keine Bedrohung für Sie darstelle. Ich bin einfach nur ein Historiker, der eine Pause braucht und auf ein Schwätzchen mit jemandem aus ist, der ähnliche Interessen pflegt.«
    Lord entspannte sich. »Und woher kennen Sie meinen Namen?«
    Der Mann lächelte. »Sie sind bei den weiblichen Angestellten hier nicht gerade beliebt. Die lassen sich nicht gern Anweisungen erteilen von einem Amerikaner …«
    »Und von einem schwarzen noch dazu?«
    Wieder ein Lächeln. »Leider ist unser Land in Rassenfragen alles andere als fortschrittlich. Wir sind eine hellhäutige Nation. Aber Ihren Kommissionsausweis darf niemand ignorieren.«
    »Und wer sind Sie?«
    »Semjon Paschkow, Professor für Geschichte an der Moskauer Staatsuniversität.« Der Ältere reichte ihm die Hand, und Lord schüttelte sie. »Und wo ist der andere Herr, der Sie in den letzten paar Tagen begleitete? Ein Rechtsanwalt, glaube ich. Wir hatten ein kurzes Gespräch zwischen den Regalen.«
    Lord überlegte, ob er mit einer Lüge antworten sollte, entschied sich dann aber doch für die Wahrheit. »Er wurde heute Morgen auf der Nikolskaja Uliza erschossen.«
    Der ältere Mann war sichtlich schockiert. »Ich habe vorhin etwas darüber im Fernsehen gesehen. Schrecklich.« Er schüttelte den Kopf. »Dieses Land richtet sich selbst zugrunde, wenn nicht bald etwas unternommen wird.«
    Lord setzte sich und bot auch seinem Gegenüber einen Platz an.
    »Hatten Sie etwas damit zu tun?«, fragte Paschkow, als er sich setzte.
    »Ich war dabei.« Er beschloss, die Einzelheiten lieber für sich zu behalten.
    Paschkow schüttelte den Kopf. »Solche Vorkommnisse sagen nichts über das russische Wesen aus. Aber ihr Westler müsst uns wirklich für Barbaren halten.«
    »Keineswegs. Jedes Volk macht hin und wieder solche Phasen durch. Wir Amerikaner hatten auch unsere Wildwestzeiten, und in den Zwanziger- und Dreißigerjahren des zwanzigsten Jahrhunderts ging es nochmals ähnlich zu.«
    »Trotzdem fürchte ich, dass unsere gegenwärtige Situation mehr als nur eine schmerzhafte Phase ist.«
    »Die letzten Jahre waren schwer für Russland. Es war schon hart genug, als es noch eine halbwegs funktionsfähige Regierung gab. Jelzin und Putin bemühten sich immerhin noch um Recht und Ordnung. Jetzt aber steht das Land kurz vor der totalen Anarchie.«
    Paschkow nickte. »Das ist leider nichts Neues für uns.«
    »Sind Sie Mitglied einer Akademie?«
    »Historiker. Ich widme mein Leben dem Studium unseres geliebten Mütterchens Rus.«
    Lord lächelte über den altertümlichen Ausdruck. »Ich kann mir vorstellen, dass Ihr Spezialgebiet lange Zeit nicht besonders gefragt war.«
    »Bedauerlicherweise. Die Kommunisten hatten ihre eigene Version der Geschichte.«
    Lord musste an einen Spruch denken, den er vor einiger Zeit gehört hatte: Russland ist ein Land mit einer unvorhersehbaren Vergangenheit . »Haben Sie auch gelehrt?«
    »Dreißig Jahre lang. Ich habe sie alle erlebt. Stalin, Chruschtschow, Breschnew. Jeder hat dem Land auf seine Weise geschadet. Es ist eine Schande, was da alles geschehen ist. Aber dennoch fällt es manch einem noch heute schwer, das alles hinter sich zu lassen. Noch immer stehen Tag für Tag Menschen Schlange, um an Lenins Leichnam vorbeizudefilieren.« Paschkow senkte die Stimme. »Ein Schlächter, den sie als Heiligen verehren. Haben Sie draußen die Blumen an seinem Denkmal gesehen?« Wieder schüttelte er den Kopf. »Ekelhaft.«
    Lord beschloss, seine Worte mit Bedacht zu wählen. Obwohl sie in der postkommunistischen Zeit lebten und bald die neue zaristische Ära beginnen sollte, war er nach wie vor nur ein Amerikaner mit Papieren, die ihm eine auf schwachen Füßen stehende russische Regierung ausgestellt hatte. »Irgendwie habe ich den Eindruck, dass keiner der Angestellten in diesem Archiv etwas dagegen hätte, wenn morgen Panzer über den

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