Die Rose von Angelâme (German Edition)
bückte sich, um seine Schuhe wieder anzuziehen.
„Das hat nichts mit dem Tod meiner Freunde zu tun.“ Es klang eher wie eine Frage als nach einer Feststellung.
„Das möchte ich ja gerade herausfinden. Ich meine: Wie kam Roger auf den Gedanken, dass dieses Bild einen so hohen Wert haben könnte? Amerikaner sind manchmal seltsam mit solchen Dingen, das weiß ich auch. Aber die auffallend überzogen hohe Versicherungssumme für das Bild scheint einen anderen Hintergrund gehabt zu haben, als den ganz normalen amerikanischen Versicherungswahnsinn.“ Er lachte gekünstelt. „Sie wissen schon: Millionen für die Brandblasen nach einem heißen Kaffee von McDonalds, den sich jemand über die Oberschenkel schüttet. Bei uns hat man Glück, wenn die Krankenkasse nach so einem Unfall den Arztbesuch bezahlt.“
Christina nickte wissend.
Als er sich zum Gehen wandte, reichte sie ihm die Hand. Dabei erhaschte er ein Aufblitzen in ihren Augen, welches er nicht einschätzen konnte.
„Hier.“ Er reichte ihr irritiert seine Visitenkarte. „Rufen Sie mich an, wenn etwas Außergewöhnliches geschieht.“
„Sie haben mir bereits Ihre Karte gegeben“, antwortete sie mit einem breiten Grinsen und gab sie ihm zurück. „Was sollte denn Außergewöhnliches geschehen?“
„Keine Ahnung.“
Als Simon später in seinem Büro saß, betrachtete er vier Fotos, die er vor sich auf dem Schreibtisch ausgebreitet hatte.
„Was machen Sie denn noch hier?“, fragte Linda, die hereingekommen war, um ihm eine gute Nacht zu wünschen. Ihr Blick fiel auf die Fotos. „Oh, das ist doch diese unglückliche Familie. Sie geben wohl nicht auf, oder?“
„So ist es“, antwortete er nachdenklich. „Holen Sie mir doch eben mal die Unterlagen über diesen Fall mit dem ausgebrannten Fahrzeug, Linda.“
„OASE.“
„OASE, genau. Bestechen Sie Daniels Sekretärin oder lassen Sie sich sonst was einfallen.“
„Das brauche ich nicht. Die Kopien davon liegen bei mir im Archiv.“
„Ach so?“
„Alle Unterlagen, die zu mir kommen, scanne ich sofort ein und lege sie in das abteilungsinterne Archiv auf meinem PC.“
„Linda, Sie sind ja so ein Schatz!“
Linda verschob ihren Feierabend kurzerhand. Glücklicherweise war Fred diese Woche abends zu Hause, er würde sich um die Kinder kümmern.
Während sie in ihrem Computer den Ordner mit den archivierten Unterlagen über die OASE heraussuchte, fühlte sie sich seltsam erleichtert. Ihr Chef hatte seine alte Form gefunden, dafür lohnte es sich in jedem Fall, länger zu bleiben. Klatschend ließ sie die Faust der Rechten in ihre offene linke Handfläche sausen. Endlich machte die Arbeit wieder Spaß.
Simon nahm verschlafen das Handy auf, welches er irgendwo in seinem Bett klingeln hörte und nach kurzem Suchen unter seinem Kopfkissen fand. Er meldete sich müde. Als er jedoch die Stimme am anderen Ende erkannte, war er mit einem Schlag hellwach.
„Frau Weiß?“
Er stand auf, lief mit dem Telefon am Ohr ins Bad und verließ keine zehn Minuten später die Wohnung.
Es war stockdunkel, als er in seinen alten Daimler stieg und den Motor anließ.
Kurz darauf erreichte er ihr Haus und sah ein warmes Licht aus dem hinteren Bereich durch die Fenster schimmern. Simon drückte kurz auf den Klingelknopf und lauschte auf den inzwischen vertrauten Ton der Glocke. Gleich darauf hörte er, wie sich tapsende Schritte der Tür näherten, die einen Spaltbreit geöffnet wurde.
„Kommen Sie herein“, forderte Christina ihn auf und lief, barfuß und mit einem blau-weiß quer gestreiften Big Shirt bekleidet durch das Wohnzimmer nach hinten. Simon schloss sorgfältig die Haustür hinter sich, legte seine Straßenschuhe ab, und folgte ihr neugierig. Dabei entging ihm nicht, dass sie schlanke Beine hatte, auf denen dunkle Härchen sprossen.
Er betrat hinter ihr ein kleines, spärlich eingerichtetes Büro, das nur durch eine Leselampe auf dem Schreibtisch und den bläulich schimmernden Bildschirm ihres Laptops beleuchtet war.
„Sie haben gesagt, ich soll anrufen, wenn etwas Außergewöhnliches geschieht“, begann sie und wandte sich ihrem Schreibtisch zu.
„Das habe ich. Allerdings hätte ich wohl eine zeitliche Einschränkung dazu abgeben sollen.“ Er gähnte und schielte auf seine Uhr, die gerade halb fünf anzeigte.
„Das ist wohl wahr“, stimmte sie ihm zu, während sie sich auf dem dunkelblauen Ledersattel ihres Stuhls niederließ, dessen einziges Bein in einem gewölbten, dunkel
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