Die Rose von Angelâme (German Edition)
„Was wollen Sie wissen?“
Simon hatte unwillkürlich die Luft angehalten, und atmete jetzt erleichtert aus. „Gibt es Fotos von dem Kindergartenbasar?“
„Ja natürlich. Warum?“
„Als dieser Schuss fiel, da haben Sie nicht zufällig auch fotografiert?“
„Nein, leider, sonst wüssten wir doch längst, wer auf Sarah geschossen hat!“ Sie strich sich eine Locke aus der Stirn. „Davor und danach allerdings hab ich schon Fotos gesch… fotografiert“, fügte sie nach einer Pause zögernd hinzu.
„Kann ich die Fotos sehen, die Sie gemacht haben?“
„Wieso?“
„Hören Sie, es geht schließlich darum, dass die Kleine zu ihrem Geld kommt, nicht wahr?“
„Ja, aber es geht doch hauptsächlich um die Zufriedenheit Ihrer Gesellschaft!“, fauchte sie verächtlich zurück. „Was soll das also?“
„Wenn sich herausstellen sollte, dass etwas zugunsten meiner Gesellschaft geregelt werden kann, auch das, ja“, gab er kühl zurück. Langsam ging sie ihm auf die Nerven.
„Ist mir auch egal. Mir ging’s immer nur um Marie Rose.“
„Wo ist sie überhaupt?“, fragte Simon, dem vorher bereits aufgefallen war, dass im Wohnzimmer keine Spuren von ihr zu sehen waren.
„Bei einer Nachbarin.“ Sie schwieg einen Augenblick lang. „Ich habe mich heute Vormittag mit jemand von der Kripo unterhalten und die Kleine für diese Zeit bei der Nachbarin abgegeben. Sie wird sie in einer halben Stunde bringen, sobald sie von ihrem Spaziergang zurück sind.“
Simon war hellhörig geworden.
„War die Polizei denn bei Ihnen?“
„Nein. Ich war bei der Polizei.“
„Ach so?“
„Ich hab mich mit Leuten unterhalten, die den Fall Martin bearbeitet haben. Kommissar Merkel hatte mich gestern telefonisch gebeten vorbeizukommen. Er sagte, dass er sich noch einmal mit der Sache beschäftigen wolle. Allerdings glaubt er offenbar nicht, dass es sich um gezielte Mordanschläge gehandelt hat. Für ihn sind es nach wie vor Zufälle.“
„Für Sie nicht?“
„Zu viele Zufälle“, antwortete sie kurz angebunden.
„Ich frage mich, warum die Polizei den Fall wieder aufrollen will.“
„Nicht sie wollen“, versuchte sie eine Erklärung. „Der Staatsanwalt will.“
„Ach. Also hat Daniel vermutlich nach dem Gespräch mit Ihnen den Staatsanwalt angerufen“, mutmaßte Simon. Daniel schien etwas entdeckt zu haben, was ihn zu diesem Schritt veranlasst hatte. Nur: Warum hatte er ihm weder von diesem Besuch noch von seiner Entdeckung oder dem möglichen Telefonat mit dem Staatsanwalt etwas erzählt?
„Daniel?“, hakte Christina nach.
„Mein Chef.“
Die junge Frau zuckte die Schultern. „Ich habe ihm nicht mehr oder weniger erzählt als Ihnen und der Polizei, wobei ich nicht weiß, warum ich Ihnen oder Ihrem Chef überhaupt irgendetwas erzählen müsste.“
Das stimmte allerdings. Hoffentlich entglitt sie ihm nicht.
„Haben Sie meinem Chef die Fotos von dem Basar gezeigt?“
„Ja, er wollte sie sehen.“
Simon drehte sich erneut im Kreis. Was hatte Daniel veranlasst, mit dem Staatsanwalt Verbindung aufzunehmen, mit dem die Familie Vandenbergh befreundet war, wie er wusste? Und warum war es plötzlich so wichtig für ihn, den Fall wieder aufrollen zu lassen, von dem er ihm gegenüber vorgab, er sei nicht so wichtig im Vergleich zum Fall OASE?
„Kann ich sie auch sehen, bitte?“
Christina stand seufzend auf und holte ein Album, welches sie ihm reichte.
Simon betrachtete aufmerksam die Fotos. Sie waren sehr gut, eben von einem Profi gemacht. Allerdings entdeckte er darauf nichts Auffallendes. Eltern, Kinder. Fröhliche Gesichter, Schnappschüsse von kleinen Theatereinlagen der Kleinen. Blick auf ein Kuchenbuffet im Inneren des Kindergartens. Immer wieder Sarah, immer wieder Marie. Dann, zum Schluss Fotos wie aus dem Polizeiarchiv. Die blutverschmierte Wand, an der Sarah gestorben war. Die Absperrungen. Gruppen von Menschen, die blass und verstört zusammenstanden. Bilder von Gesprächen zwischen Polizisten und den anwesenden Eltern der Kindergartenkinder. Ein Foto mit dem Sankra, den Notärzten, die Sarah nicht mehr helfen konnten. Ein letztes Foto von der toten Sarah. Ihr überraschter Gesichtsausdruck, als würde sie etwas Unfassbares sehen. Es lag lose zwischen den Seiten.
„Wie konnten Sie dieses Foto nur machen?“, fragte er fast tonlos.
„Ein Reflex“, flüsterte Christina und räusperte sich. „Als ich merkte, dass sie tot war, riss ich gewohnheitsmäßig die Camera hoch und
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