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Die Rose von Asturien

Titel: Die Rose von Asturien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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ist unserem Heer verfallen, und er selbst und seine Familie werden als Sklaven fortgeführt.«
    Eneko sprang entsetzt auf. »Das könnt Ihr nicht tun!«
    Karl maß ihn mit kaltem Blick. »Ich tue, was ich für richtig halte. Trotz deines Treueids hast du deine Stadt vor dem Kommandanten meiner Vorhut verschlossen gehalten und mich nur gezwungenermaßen und mit vielen Ausflüchten unterstützt. Da ich nicht auf deine Treue bauen kann, muss ich dafür sorgen, dass du mir nicht noch einmal in den Rücken fallen kannst. Daher wirst du morgen ebenfalls beim Abriss mit anpacken und deinen Leuten ein Vorbild sein. Arbeitet rasch, denn ich habe nicht viel Zeit. Wenn ihr mir zu sehr trödelt, lasse ich Pamplona plündern und niederbrennen.«
    Bei dieser Drohung schnappte Eneko nach Luft. Die Franken aber klopften begeistert auf die Tische, denn sie waren mit der Überzeugung in dieses Land gekommen, von Freunden empfangen zu werden. Stattdessen hatte man sie wie unerwünschte Eindringlinge behandelt, und das wollten sie den Waskonen heimzahlen.
    Auch Roland war zufrieden. Er beschloss, die Bewohner, welche die Mauern niederreißen sollten, selbst zu überwachen und jede Nachlässigkeit gnadenlos zu ahnden. Wie der König schon gesagt hatte, mussten sie so schnell wie möglich in die Heimat zurückkehren und gegen die Sachsen vorgehen. Wenn dieses renitente Volk endlich niedergeworfen war, schwor Roland sich, würde er erneut nach Spanien ziehen und all jene bestrafen, die viel versprochen und nichts gehalten hatten.
    Weiter unten an der Tafel lauschte Eward mit wachsender Erbitterung den Worten des Königs. Seine Hoffnung, Karl werde ihn getreu seinem Versprechen zum Markgrafen in Spanien ernennen, zerrann wie Wasser aus einem zerschlagenen Topf, und er fragte sich beklommen, was Hildiger zu dieser Entwicklung sagen würde. Sein Geliebter war noch immer nicht aus Asturien zurückgekehrt, und es sah nicht so aus, als sei Karl bereit, auf ihn und seine Männer zu warten. Die Angst um Hildiger und die Enttäuschung brachten Eward beinahedazu, seinem Halbbruder ins Gesicht zu schreien, dass auch er sich verraten sah – und zwar von ihm. Da er jedoch fürchtete, Karls Zuneigung vollends zu verlieren, presste er die Lippen aufeinander und hockte den Rest des Mahles mit düsterer Miene auf seinem Platz.
    Auch Ermengilda war niedergeschlagen. Wenn die Franken Spanien verließen, würde sie Eward in seine Heimat folgen müssen. Welches Schicksal sie dort als aufgenötigte Gattin eines Mannes zu erwarten hatte, der mit ihr nichts anzufangen wusste, konnte sie sich lebhaft vorstellen. Wahrscheinlich würde Eward sie auf Hildigers Bestreben hin in ein abgelegenes Kloster schicken und vergessen haben, ehe der Wagen, der sie dorthin bringen sollte, eine Pferdelänge zurückgelegt hatte.
    Die Einzige, der diese Entwicklung ein gewisses Gefühl der Zufriedenheit verschaffte, war Maite. Sie hatte nicht vergessen, dass Eneko von Iruñea sich in die Belange ihres Stammes eingemischt und ihrem Onkel geholfen hatte, seine Stellung auszubauen. Nun saß Okin als geehrter Gast an Enekos Tisch, während Männer wie Amets von Guizora und Asier nicht eingeladen worden waren. Dies zeigte ihr, welchen Rang man ihr zumessen würde, wenn sie eine Ehe mit Asier einging.
    Bislang hatte Maite sich nie die Frage gestellt, warum ihre Mutter als Frau und sie als Tochter eines Anführers selbst ihre Wäsche gewaschen und den Ziegenstall ausgemistet hatten. Auch ihr Vater hatte stets selbst Hand angelegt. Männer wie Eneko und Okin aber folgten dem Beispiel fremder Edelleute, die an der Tafel saßen und Wein tranken und Knechte und Mägde ihre Arbeit erledigen ließen.
    Während sie ihren Gedanken nachhing, spürte sie, wie jemand an ihrem Ärmel zupfte. Sie drehte sich um und blickte in das bleiche Gesicht des jungen Eneko. »Ich habe kurz mit Vater sprechen können. Wir Geiseln sollen mithelfen, die Mauerniederzureißen. Aber wir werden im Lauf des morgigen Tages fliehen, damit die Franken uns nicht in ihr Land verschleppen können. Halte dich also in meiner Nähe und achte auf mein Zeichen.«
    Maite atmete auf. Wenn die Franken sie über die Pyrenäen brachten, würde sie erst nach Jahren oder sogar niemals mehr zurückkehren können, und damit bekäme Okin freie Hand. So aber konnte sie wenigstens versuchen, gegen den Einfluss ihres Onkels im Stamm anzugehen, auch wenn sie dazu einen von Amets’ Söhnen heiraten musste. Mit einem spöttischen Lächeln

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