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Die Rose von Asturien

Titel: Die Rose von Asturien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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gerechte Strafe für einen Meineidigen, der ihn mit vielen Versprechungen und Schwüren zu diesem Abenteuer verleitet hatte.
    Konrad empfand ebenfalls kein Mitleid mit Suleiman, auch wenn ihm bewusst war, dass der Maure nur ein Sündenbock war, der dem Heer vorgeworfen wurde. Sein Blick wanderte zu Ermengilda, die ein Stück entfernt neben den beiden Tragbetten stand, auf denen ihr Gemahl und Philibert lagen. Sie hatte beide Hände auf den Mund gepresst und sah aus, als würde sie jeden Augenblick anfangen zu schreien.
    »Das ist kein Anblick für eine Frau«, murmelte Konrad und hätte Ermengilda am liebsten ins Lager zurückgeführt. Maite stützte sie, starrte aber unverwandt auf den Hügel. Dabei wirkte ihr Gesicht so starr, als schien sie das Geschehen nicht zu berühren. Missbilligend zuckte er mit den Schultern und sagte sich, dass es ihn nicht scherte, was die Waskonin dachte.
    Maite fühlte sich tatsächlich von der Hinrichtung nicht abgestoßen, sondern stellte sich vor, der Mann dort wäre Grenzgraf Roderich, der seine gerechte Strafe für den Mord an ihrem Vater erlitte. Dann aber schüttelte sie den Kopf. Eine solche Rache träfe den Falschen. Roderich war Ikers Feind gewesen und hatte ihm eine Falle gestellt. Die Schuld am Mord ihres Vaters trug derjenige, der ihren Vater an die Asturier verraten hatte.
    Sie ballte die Fäuste und schwor dem Verräter erneut blutige Rache. Wäre ihr Vater nicht getötet worden, würde er den Stamm wie ein wahrer Häuptling führen und nicht vor Eneko von Iruñea buckeln, wie Okin es tat.
    Hier im Lager der Franken war ihr endgültig klargeworden, dass der Verrat an ihrem Vater ihr Leben zerstört hatte. Wäre Iker nicht ermordet worden, würde sie als Tochter des Stammesführers unumschränktes Ansehen genießen und könnte unter den Söhnen anderer Anführer wählen. Vielleicht wäre sogar Enekos gleichnamiger Sohn an ihr interessiert gewesen, denn eine Heirat mit ihr hätte den Herrschaftsbereich seines Vaters um mehr als die Hälfte vergrößert. Für einige Augenblicke stellte Maite sich vor, die Frau des mächtigsten Häuptlings von Nafarroa zu sein, doch das schriller werdende Geschrei des geschundenen Mauren rief sie in die grausame Gegenwart zurück, und sie fragte sich mit klopfendem Herzen, was das Schicksal ihr bringen würde.
    Bislang hatte sie nur jenen Augenblick herbeigesehnt, an dem sie der Geiselhaft bei den Franken ledig sein und in ihr Dorf zurückkehren würde. Nun aber versuchte sie sich vor Augen zu führen, was dort auf sie wartete. Wahrscheinlich würde Okin sie zwingen, Asier zu heiraten. Ihr Vater hätte über einen solchen Brautwerber gelacht. Doch welche anderen Möglichkeiten hatte sie? Ihr war, als sei sie ein von den Hängen herabrollender Stein, der keinen Einfluss auf seinen Fall nehmen konnte. Im Gefühl völliger Hilflosigkeit verfluchte sie Graf Roderich, ihren Onkel, Eneko von Iruñea, die Franken, die mit ihrem Erscheinen die Lawine ausgelöst hatten, die sie nun mitzureißen drohte, und zuletzt sogar ihren Vater, der wie ein grüner Junge in die Falle seines Feindes gegangen war. Ihnen allen hatte sie es zu verdanken, dass ihre Zukunft wie eine schwarze Wolke über ihr hing, aus der jederzeit Blitze zucken und sie töten konnten.
    »Es wird Zeit, dass ich mein Schicksal wieder in die eigenen Hände nehme!«
    »Was hast du gesagt?«
    Ermengildas Frage machte Maite klar, dass sie ihre geheimsten Gedanken laut ausgesprochen hatte. Sie rettete sich in ein gekünsteltes Lachen und wies auf Suleiman, dessen Schreie inzwischen in ein unmenschliches Geheul übergegangen waren.
    »Ich dachte nur, welch grässliches Schicksal diesen Mann ereilt. Das hätte er sich vor seiner Reise nach Franken gewiss nicht vorgestellt.«
    Ermengilda wusste, dass Maite ihr nicht die Wahrheit sagte, aber sie fühlte sich nicht in der Verfassung, in die Freundin einzudringen. Bedrückt starrte sie zu Boden. »Suleiman Ibn Jakthan al Arabi el Kelbi hat sich seine Rückkehr nach Spanien gewiss anders ausgemalt. Doch wir Menschen sind nur Blätter im Wind des Schicksals und werden an die Stelle geweht, an die es uns bringen will.«
    Dabei dachte sie jedoch nicht an den Mauren, der dort vorne einen grässlichen Tod starb, sondern an ihre Ehe mit Eward, die wohl nie zu einem gedeihlichen Miteinander führen würde. In seinen Fieberträumen hatte ihr Mann immer wieder nach Hildiger gerufen wie ein kleines Kind nach der Mutter, und auch sonst musste sie feststellen,

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