Die Rose von Asturien
verdreckt. Simon, der jüdische Wundarzt, sagt, Schmutz sei von Übel, da sich die Wunde dadurch entzünden und brandig werden kann. Aber das Bein kann ich Euch wirklich nicht abnehmen, wenn es nötig sein sollte.«
»Ich mag mein Bein nicht verlieren.« Philibert ruckte ein bisschen herum, bis er bequemer saß, und löste den Verband um seinen Schenkel. Die Leinenstreifen waren mit der Wunde verklebt und verursachten höllische Schmerzen. Zuletzt ließ er sich nach hinten sinken und rief nach Just.
»Den Rest musst du tun. Aber besorge mir vorher etwas, in das ich hineinbeißen kann.«
Just ließ das Bäumchen stehen, das er fällen sollte, und kam auf ihn zu. »Tut es sehr weh?«
»Glaubst du, mir laufen Freudentränen über die Wangen? Es ist, als würde ein Dutzend Adler meinen Schenkel mit ihren Krallen und Schnäbeln zerfetzen.« Philibert keuchte und schrie im nächsten Augenblick auf, als Just den Rest des Verbands mit einem einzigen Ruck abriss.
»Junge, wenn ich irgendwann einmal einen Foltermeister brauche, werde ich an dich denken! Jetzt hilf mir wieder hoch. Ich will mir die Wunde ansehen.« Er streckte Just die Hand entgegen und setzte sich mit dessen Unterstützung auf. Als er auf sein verletztes Bein blickte, hob es ihm fast den Magen. Die Wunde war dick angeschwollen und glänzte glasig. Ein dünner Eiterfaden rann aus der rot umrandeten Öffnung und hatte den Verband so verschmiert, dass Philibert ihn angeekelt fortwarf.
»Das ist unsere einzige Binde, Herr!«, wies Just ihn zurecht.
»Wie war das mit Meister Simon und dem Dreck? Verdammt noch mal! Damals habe ich mich über diesen Juden geärgert, doch jetzt würde ich alles geben, ihn hier zu sehen.«
»Er ist nun mal nicht hier, und wir müssen selbst zurechtkommen.« Just stand auf und lief zum Bach, um Wasser zu holen, mit dem er die Wunde waschen konnte. Zuerst wollte er die Hände dafür nehmen, doch die riesigen Blätter einer am Ufer stehenden Pflanze brachten ihn auf eine andere Idee. Er brach eines davon ab und verwendete es als Gefäß.
Philibert war vor Erschöpfung bereits weggedämmert, als Just zurückkam und das Wasser aus dem Blatt auf die Wunde träufeln ließ. Dann aber schreckte er hoch und warf sich stöhnend herum.
»Du bist wirklich ein Foltermeister. Beim Heiland, tut das weh!«
»Aber ich muss die Wunde auswaschen. Ich werde sie auch öffnen müssen, damit der Eiter abfließen kann.« Just arbeitete weiter, ohne sich durch Philiberts Jammern beirren zu lassen. Als es zu schlimm wurde, sah er den Krieger an.
»Ich dachte, Ihr wolltet Euer Bein behalten?«
»Ja, denn ich will es mir bestimmt nicht von dir abschneiden lassen!« Philibert verzog seine Lippen zu etwas, das wohl ein Lächeln darstellen sollte. Aber es geriet ihm nur zu einer schmerzerfüllten Grimasse.
Unterdessen hatte Just sich an eine weitere Lehre des jüdischen Wundarztes erinnert und hielt die Klinge seines Messers in die Flamme des Lagerfeuers, obwohl er nicht wusste, was das bewirken sollte. Als er sich anschließend daranmachte, die Wundränder auseinanderzudrücken, um dem Eiter Bahn zu schaffen, stieß Philibert ihn weg.
»Beim Heiland! Die Klinge ist ja glühend heiß. Willst du mich verbrennen?«
»Wenn ich Euch die Wunde ausbrennen muss, wird Euch noch viel heißer werden!«, antwortete Just und machte weiter. Da er den alten Verband nicht mehr verwenden wollte, nahm er mehrere der großen Blätter, deckte die Verletzung mit ihnen ab und umwickelte die Schicht mit dem Bast des Bäumchens, aus dem er anschließend eine Krücke für Philibert schnitzte.
8.
D
ie nächsten Tage wurden hart. Trotz der Krücke brauchte Philibert immer wieder Justs Hilfe, um über Bäche zu gelangen oder steile Wegstücke zu überwinden. Noch befanden sie sich im Gebirge, doch von den Höhen sahen sie bereits auf das flache Land im Norden hinaus.
»Bald haben wir es geschafft, Herr«, versuchte Just Philibert Mut zu machen. Dieser lachte keuchend auf.
»Das ist die Gascogne, mein Junge. Das Land zählt zwar zu unserem Reich, doch dieser Umstand hat Herzog Lupus und seine Männer nicht gehindert, uns in der Schlucht von Roncesvalles aufzulauern. Wenn die Kerle uns in die Hände bekommen, schlachten sie uns ab.«
»Dann müssen wir uns eben durch dieses Land hindurchschleichen«, wandte Just ein.
»Das wird nicht nötig sein. König Karl hat gute fränkische Grafen hier eingesetzt, die sich gewiss zu behaupten wissen. Alles, was wir tun müssen,
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