Die Rose von Asturien
Kopf. »Ich habe keinen Hunger, nur verdammt viel Durst.«
»Ich hole Wasser!« Froh, dass es Philibert besserzugehen schien, eilte Just los und musste noch einmal in die Hütte zurück, da er kein Gefäß mitgenommen hatte. Um nicht andauernd mit dem Becher hinauslaufen zu müssen, suchte er so lange, bis er einen hölzernen Eimer fand, mit dem die Hirten ihre Schafe und Ziegen molken. Der Eimer roch zwar ein wenig säuerlich, doch als Just Wasser geschöpft hatte und es probierte, schmeckte es frisch.
Er ließ Philibert trinken, bis dieser den Kopf schüttelte. Als er dann mit ihm reden wollte, fielen dem Verletzten die Augen zu, und er begann leise zu schnarchen. Jetzt schwitzte er wiederstark, so dass Just sich fragte, ob sich das Wasser, das Philibert zu sich genommen hatte, sofort wieder den Weg aus dem Körper suchte. Er legte die Hand auf die Stirn des Verletzten und fand sie glühend heiß. Die Angst, sein Freund könne ihm unter den Händen sterben, tobte wie ein Feuer in seinem Magen, und er flehte alle Heiligen an, die er kannte, Philiberts Leben zu erhalten.
10.
D
ie Hirten kehrten erst in der Dämmerung zurück. Ohne sich um Just oder Philibert zu kümmern, erledigten sie ihre Arbeit. Während einer aus einem kleinen Keller, den Just bis dahin noch gar nicht wahrgenommen hatte, mehrere Bottiche mit geronnener Milch holte und diese zu Käse formte, kochte der andere einen Brei aus zerstoßenem Getreide, getrockneten Waldbeeren und frischem Wildgemüse. Als er fertig war, füllte er drei Näpfe und reichte Just einen davon.
»Hier, du hast sicher Hunger.«
Der Junge nickte, deutete dann aber auf Philibert. »Wird er sterben?«
Der Hirte machte eine unbestimmte Handbewegung. »Gewiss wird er einmal sterben, doch wann, bestimmt der Himmel. Es kann schon morgen sein, vielleicht auch erst in fünfzig Jahren.«
So wie Philibert aussah, rechnete Just eher mit dem kommenden Tag. Als die Hirten gegessen hatten, setzte sich einer neben den Verletzten und entfernte den Verband. Beim Anblick der Wunde brummte er zufrieden und begann, sie erneut mit einem in heißes Wasser getauchtes Tuch zu säubern.
Just, der ihm über die Schulter sah, fand, dass weniger Eiter zu sehen war als beim letzten Mal, und atmete auf. Der Hirte holteein Tongefäß, das mit einer durchdringend riechenden Salbe gefüllt war. Er schmierte sie auf die Verletzung und wand dann wieder einen Lappen um das Bein.
»Die Salbe ist gut, wenn sich ein Schaf oder eine Ziege verletzt hat«, erklärte der Hirte.
»Was ist da drinnen?«, wollte Just wissen.
»Kräuter, Beeren, Olivenöl – was eben hier wächst und gut bei Verletzungen ist. Vielleicht hilft sie deinem Freund. Wenn nicht, wird der Heiland sich seiner annehmen.«
Der Stimme des Hirten war nicht zu entnehmen, ob ihn Philiberts Schicksal rührte. Wahrscheinlich würde er bei einem Schaf oder einer Ziege mehr empfinden, dachte Just Aber er war froh, dass ihm jemand die Verantwortung für Philibert abgenommen hatte.
Nachdem der Hirte die Verletzung behandelt hatte, flößte er Philibert einen noch dampfenden Absud aus verschiedenen Kräutern ein und legte sich dann zur Ruhe. Sein Kamerad tat es ihm gleich, und bald darauf konnte Just die Schnarchgeräusche der beiden Männer hören. Er selbst starrte zu Philibert hinüber, den er im flackernden Schein des niederbrennenden Herdfeuers gerade noch erkennen konnte, und betete erneut, dass der fränkische Krieger genesen möge.
Der nächste Tag verlief ähnlich. Just schlief so lange, dass die Hirten die Hütte bereits verlassen hatten, um ihre Herde über die Weiden zu treiben. Philibert kam für kurze Zeit zu sich und konnte etwas Milch und Wasser trinken. Das Brot und das Stück Käse, das Just ihm anbot, lehnte er jedoch ab. Er fieberte immer noch, doch wirkte sein Blick klarer als am Tag zuvor.
»Weißt du, wie es um mein Bein steht?«, fragte er Just.
Dieser schüttelte den Kopf. »Dafür verstehe ich zu wenig von der Heilkunst. Aber der Hirte meinte, Ihr könntet noch weitere fünfzig Jahre leben.«
»Schön wäre es.« Philibert lachte kurz auf, wurde aber sofort wieder ernst. »Was nützen mir die Jahre, wenn ich weiß, dass Ermengilda die ihren in maurischer Sklaverei verbringen muss?«
»Ihr könnt ihr nicht folgen. Mit dieser Wunde werdet Ihr noch viele Tage liegen müssen und dürft Euch auch danach nicht gleich auf eine so beschwerliche Reise machen. Die Dame Ermengilda hat nichts davon, wenn Ihr irgendwo in
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