Die Rose von Asturien
kam Konrad kleiner vor als früher, obwohl ein paar neue Hütten erbaut worden waren. Auch das Haus seines Vaters, das ihm einst so riesig erschienen war, wirkte im Vergleich zu Karls Halle in Paderborn oder Graf Roderichs Burg wie eine Bauernkate.
Konrad schämte sich für diese Empfindungen, hatte sie aber vergessen, als das Tor des Gehöfts geöffnet wurde und er seinen Vater erblickte, der auf seinen Stock gestützt aus dem Haus humpelte. Hinter ihm schlüpfte die Mutter heraus. Während ihr Mann noch überlegte, wer denn dieser unerwartete Gast sein könnte, breitete sie die Arme aus und eilte Konrad entgegen.
»Konrad, Junge!« Sie zog ihren Sohn aus dem Sattel und presste ihn an sich.
Arnulf vom Birkenhof kam näher und musterte Konrad ungläubig. »Du bist es tatsächlich! Beim Heiland, welche Freude.« Er wollte ihn ebenfalls umarmen, stolperte dabei und wäre gestürzt, wenn sein Sohn ihn nicht aufgefangen hätte.
Unterdessen war auch Lothar aufgetaucht. Er rieb sich über die Stirn und versuchte in dem jungen Mann mit dem energischen Gesicht seinen älteren Bruder zu erkennen. Doch auch Konrad konnte kaum glauben, dass er Lothar vor sich hatte. Sein Bruder war in den zwei Jahren ein ganzes Stück in die Höhe geschossen und inzwischen sogar größer als er.
»Da bist du ja wieder«, sagte Lothar schließlich. »War es schön in Spanien? Hast du mir auch etwas mitgebracht?«
Konrad umarmte ihn und klopfte ihm lachend auf die Schulter. »Was sagst du zu diesen drei Stuten? Eine davon kannst du haben!«
»Stuten? Pah! Ein Krieger reitet auf einem Hengst«, wehrte Lothar ab.
Sein Vater aber erkannte den Wert der Tiere. »Das sind doch Maurenpferde, die schneller laufen sollen als der Wind!«
»Ja, das sind sie!«
Die Mutter merkte, dass das Gespräch zur Pferdezucht abzuschweifen drohte, und fasste Konrad an der Hand. »Komm herein! Du wirst gewiss Hunger haben.« Dann erst bemerkte sie Maite und blieb stehen. »Du hast dir anscheinend nicht nur Stuten von dem Feldzug mitgebracht!«
»Das ist Maite, mein Weib!« Konrads Tonfall warnte seine Familie davor, sich abfällig über seine Frau zu äußern.
Das hatte Hemma auch nicht vor. Sie umarmte ihre Schwiegertochter nach kurzer Musterung und führte sie ins Haus.
Die Männer ließ sie unbeachtet auf dem Hof stehen. Ihr Ehemann sah ihr nach und schüttelte den Kopf.
»Weiber! Aber komm! Wir bekommen auch ohne die beiden etwas zu essen. Ich lasse auch ein Fass Met anstechen. Heute habe ich Durst und Lust, von fremden Ländern und Heldentaten zu hören.«
Auf dem Weg ins Haus stieß Lothar seinen Bruder an. »Ist es nicht schön, wieder daheim zu sein?«
18.
W
ährend Maite sich rasch einlebte und ihre Schwiegermutter mit einigen Käserezepten überraschte, fühlte Konrad sich so fremd im eigenen Elternhaus, wie er sich dies nie hätte vorstellen können. Zwar arbeitete er kräftig mit, doch im Grunde war er überflüssig, denn Lothar war während seiner Abwesenheit mehr und mehr in seine Fußstapfen getreten, und nun wollte der Jüngere jene Aufgaben übernehmen, die Konrad früher erledigt hatte, und sie stritten sich, statt wie einst gewohnt zusammenzuarbeiten. Als Älterer hätte Konrad sich durchsetzen müssen, doch ihm fehlte der Wille dazu.
Arnulf vom Birkenhof sah die Entwicklung zwischen seinen Söhnen mit Bedauern, aber er griff nicht ein. Daher war es Maite, die eines Abends, als Konrad und sie am Waldrand saßen, das aussprach, was ihren Mann quälte.
»Du wartest auf den Befehl des Königs, nicht wahr? Er sagte, er werde dir eine Botschaft schicken. Doch nun sind wir mehr als einen Monat hier, und es ist noch immer nichts geschehen.«
Konrad hob einige vom Vorjahr übriggebliebene Eicheln auf und warf sie ziellos ins Gras. »Wahrscheinlich hast du recht. Seit Karl diese Worte fallengelassen hat, erfüllt mich eine Unruhe, die es mir unmöglich macht, mich wieder in mein früheres Leben einzufinden.«
»Dann will ich hoffen, dass der Befehl des Königs bald kommt,auch wenn es mich traurig macht, wenn du fortgehen musst. Was glaubst du, wohin er dich schicken wird?«
»Ich hoffe, zu den Sachsen! Die haben bei mir noch einige Prügel gut!« Konrad ballte die Faust und drohte damit nach Norden.
»Warum müsst ihr Männer immer nur an Krieg denken«, sagte Maite traurig.
Konrad legte den Arm um sie und zog sie an sich. »Wenn der König ruft, geht es fast immer in den Krieg. Doch noch mehr als darauf, ihm zu folgen und Ruhm zu
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