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Die Rose von Darjeeling - Roman

Die Rose von Darjeeling - Roman

Titel: Die Rose von Darjeeling - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Lott
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Auseinandersetzungen wegen seiner Rolle im Dritten Reich. Aber irgendwann bin ich meinen eigenen Weg gegangen.« Sie erzählte, dass sie gern Lehrerin gewesen sei. »Manchmal besuchen mich heute noch ehemalige Schüler und übernachten sogar bei mir.«
    »Was haben Sie unterrichtet?«
    »Geschichte und Deutsch für die Mittel- und Oberstufe an Gymnasien.«
    Julia betrachtete das Gesicht der alten Frau genauer. Es war seltsam. Geistige Arbeit schien andere Falten zu machen als harte körperliche Arbeit. Plötzlich kam ihr ein Gedanke: »Als Deutschlehrerin können Sie sicher Sütterlin lesen, oder?«
    »Sicher.«
    »Ach, ich hätte da eine große Bitte …« Julia erklärte, dass sie im Besitz des handgeschriebenen Reisetagebuchs ihres Großvaters sei und es ihr gern zeigen würde.
    Max bemerkte, dass Hellas Hände zu zittern begannen. Die Aufregung war vielleicht zu viel für die alte Dame. »Sollen wir lieber ein anderes Mal wiederkommen?«, fragte er.
    »Nein, nein!«, wehrte Hella ab. »Ich müsste nur mal ein bisschen was essen. Meine Abendbrotzeit ist schon vorüber.« Sie lächelte entschuldigend.
    »Dann weiß ich was«, sagte Max. »Ich hab vorhin ein Restaurant gesehen. Da gibt es frischen Spargel und frische Erdbeeren«. Er lud die beiden Frauen zum Abendessen ein. »Dann können wir in Ruhe weiterreden.«
    Hella willigte erfreut ein.
    »Bestell schon für mich«, sagte Julia, »das Gleiche, was du nimmst. Ich setze euch ab und fahr rasch nach Haus, um das Büchlein zu holen.«
    Julia wunderte sich, dass Max das Essen tatsächlich genießen konnte. Er ließ sich noch die Erdbeeren mit Vanilleeis auf der Zunge zergehen. Sie dagegen fühlte sich furchtbar hibbelig, sie wollte endlich wissen, was ihr Großvater notiert hatte.
    Hella erzählte von ihren Lebensstationen in Leer, Bremen und Osnabrück. »Meine Kindheit war nicht sehr glücklich, aber am glücklichsten war ich in unserem Wochenenddomizil, im alten Ammerländer Bauernhaus. Deshalb mochte ich auch nicht viel verändern.«
    Endlich hatte der Kellner den Tisch abgeräumt. Julia wischte sicherheitshalber noch mal mit ihrem Ärmel über die schwere Holzplatte, dann legte sie Hella das Büchlein vor.
    »Das ist nicht Sütterlin, das ist Kurrentschrift«, stellte Hella streng fest.
    Doch sie blätterte respektvoll, beinahe andächtig darin. Auch sie entdeckte die liebevolle Zeichnung von Kathryn , schlafend auf einer Wiese mit Bergblumen. Vorsichtig nahm sie den Lederumschlag ab, und zwei alte Fotos fielen ihr in die Hand, einmal ein Abzug des Bildes, das Max ihr auf seinem Handy gezeigt hatte. Und eines, das Gustav und Kathryn auf einem großen Platz zeigte. Im Hintergrund schneebedeckte Gipfel. Auf der Rückseite stand etwas. Hella las vor:
    »Darjeeling – Queen of the Hills
    Kathryn – Queen of Darjeeling
    Gustav – Adjutant Ihrer Majestät«.
    Max betrachtete das Foto eingehend. »Wie Gustav sie anhimmelt! Der muss ganz schön verknallt gewesen sein.«
    Hella war bewegt. So jung und übermütig kannte sie ihren Vater nicht. Sie blätterte weiter in dem Büchlein. Nach dem Zufallsprinzip las sie hier und da etwas laut vor. »Heute beim Polizeipräsidenten. Endlich Genehmigung für Sikkim.« Sie blätterte weiter. »Yumthang-Tal. Paradiesisch. Heureka! Rh. in der richtigen Farbe: scharlachrot. Heiße Schwefelquelle, heilendes Bad mit G. und K.« Sie blätterte wieder zurück. Dann las sie: »G. V. droht Zwangsversteigerung«.
    »G. V. heißt sicher Geestra Valley«, warf Max ein. »So lautete der Name des Teegartens.«
    Zwei weitere Einträge las Hella nur für sich: K. wunderbarste Frau der Welt, tagelang nur wir. LIEBE ! Und am Schluss: Letzter Tag in Darjeeling. Abschied in Hotel. K. will Lord heiraten. Schock .
    Hellas Augen füllten sich mit Tränen. Sie ließ die faltigen Lider kurz sinken.
    Im Hintergrund klapperten Kellner mit dem Geschirr, eine Espressomaschine hinterm Tresen machte Krach wie ein landender Düsenjäger. »Lasst uns wieder zu mir gehen. Ich lese euch dort weiter vor.«
    Dieses Mal bat Hella ihre Gäste in das mit Jagdtrophäen dekorierte Wohnzimmer. Darunter und dazwischen hingen alte Gemälde und Fotos, auf denen das Haus, eine verkleinerte Ausgabe des großen Bauernhauses im Museumsdorf, mit seinem dunkelbraun verwitterten Fachwerk zwischen roten Backsteinen, mit dem Reetdach und den weiß gerahmten Butzenfenstern fast genauso aussah wie heute. Nur die Menschen davor und ihre Kleidung schienen sich verändert zu haben, vor

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