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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nichts erwiedern können und dem Befehle ohne Zögern Gehorsam geleistet. Doch im Flur war sie noch einen Augenblick lang stehen geblieben und hatte die Frage vernommen:
    »Bitte, Herr Förster, wollt Ihr mir vielleicht sagen, warum Ihr mich in dieser Weise empfangt? Ich habe die Pauline in allen Ehren begleitet und darf mich darum wohl über Eure Rede wundern.«
    »Ich dächte doch, hier gäb’s nichts zu verwundern! Als Dein Vater noch lebte – ich war damals erst Heger hier – da hielten wir gute Freundschaft und es galt für ausgemacht, daß ihr Beide, Du und die Pauline, ein Paar werden solltet. Sie hat Dich lieb gehabt und ist Dir vielleicht auch heut noch gut, Du aber hast ihr junges, treues Herz verachtet und bist einer Andern nachgelaufen, die Dir besser in die Augen stach. Aber der Försterswildfang hat Dich ausgezahlt und statt Deiner den reichen Wiesenbauer geheirathet, der dann vor Aerger über sein schlimmes Weib gestorben ist. Jetzt nun wäre die Pauline wohl gut genug? Geh fort, wir sind geschiedene Leute; Du bekommst sie nimmer!«
    »Ich habe noch gar nicht gesagt, daß ich sie will, Förster. Ich brauche mir meine Frau nicht grad hier vom Dorf zu holen, denn es gibt der Mädchen schon auch anderwärts noch genug, und ich bin nicht der Mann, der um ein Weib zu betteln braucht; aber wenn ich sie möchte, so wäre die Jugendverirrung, welche Ihr mir vorwerft, mir doch vielleicht noch zu verzeihen. Ueberlegt Euch das und habt nun gute Nacht!«
    So hatte der letzte glückliche Tag geendet. Am andern Morgen war Hermann wieder fort und der Vater fand den ersten Bock, den eine fremde Kugel niedergestreckt hatte, draußen im Walde liegen. Von nun an trieb der »Samiel«, dem fast in jeder Nacht irgend ein Wild zum Opfer fiel, sein unheimliches Wesen im Reviere, und das Leid zog ein in das Blößenhaus und auch in Paulinens Herz, größer und mächtiger noch als früher, wo es ein nur kleines und heimliches Plätzchen in dem verschmähten Mädchenherzen gefunden hatte. –
    »Hast Du die großmächtige Beule gesehen, die der Vater am Kopfe hat?« frug jetzt die Mutter.
    »Ja. Es muß doch ein fürchterlicher Schlag gewesen sein, den er bekommen hat. Du hättest ihm doch eine Salbe auflegen sollen!«
    »Da wäre ich schön angekommen! Gar nicht erinnern durfte ich ihn daran, sonst wäre er gewiß gleich wieder in Zorn gerathen. Was ich für Angst ausgestanden habe, als er diese Nacht und auch am Morgen nicht nach Hause kam, das ist gar nicht zu beschreiben, und was soll jetzt erst daraus werden? – Wenn die Beiden zusammengerathen, er und der ›Samiel‹, so geschieht ein Unglück, wie es bei uns noch keines gegeben hat. Wenn man nur wüßte, wer der heimliche Wilderer eigentlich ist! Man könnte dann doch vielleicht etwas thun, um das Unheil abzuwenden.«
    Die Tochter blickte vor sich nieder. Ein schwerer Tropfen viel von ihrer Wimper.
    »Du weinst, Paule! Du weißt, wer es ist?!«
    »Nein, Mutter, ich weiß es nicht, aber der Vater denkt wer’s ist, und darüber könnt ich schier viel weinen.«
    »Er denkt sich wen? Davon hat er mir noch nichts gesagt. Sprich, wen meint er?«
    »Gesagt hat er auch mir noch nichts, aber ich höre es aus seinen Reden. Er glaubt nicht, daß der Hermann damals wirklich fortgegangen ist zu dem Grafen, der sein Hauptmann war und bei dem er nun Leibdiener ist, sondern er meint, daß er hier geblieben sei und ihm nun aus Nachsucht das Wild wegputze, um ihn aus der Stelle zu vertreiben. Der Hermann kennt jeden Schritt und Tritt im Walde und ist von den Soldaten her ein ebenso guter Schütz als wie der Vater. Darum soll er der ›Samiel‹ sein.«
    Sie erhob sich und verließ die Stube, um der Mutter ihre Thränen zu verbergen. Unter dem verblühten Flieder hinter dem Hause stand eine Moosbank; auf ihr saß sie lange, lange Zeit. Sollten alle die Hoffnungen, die sie still im Herzen trug, verwelken und verblühen wie die duftigen Traubendolden, deren ausgefallene Kelche rings den Boden bedeckten? Schon einmal war ein tödtlicher Hauch darüber hinweggegangen. –
    »Sag, Paule, worein bist Du so sinnvertieft?«
    Sie schrak aus ihrem Grübeln empor und blickte in dieselben Augen, die sie seit jenem Tage nicht hatte vergessen können, die ihr im Wachen und im Traume immer von Neuem erschienen waren und an die sie auch jetzt wieder gedacht hatte. Sie war zuerst erschrocken, als er sie so plötzlich anredete und gleich darauf neben ihr saß; sie konnte nicht antworten, grad wie

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