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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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kleinste Zeichen, nur die geringste Spur von ihm, so wird er mein, und wenn er zehnmal kugelfest ist und tausendmal blauschießt, wie die Leute erzählen! Aber das ist es ja: man bekommt ihn nimmer vor das Auge und auch nichts von ihm jemals in die Hände. Alleweile nun gehe ich; lebt wohl!«
    »Aber so iß doch erst, oder thu’ Dir wenigstens etwas in die Tasche. Du hast seit gestern nichts genossen; wer soll das aushalten bei den Strapazen im tiefen Forst!«
    »Nein, laßt mich gehn! Ich werde weder essen noch trinken, bis ich ihn habe, das will ich gleich hoch und theuer verschwören und geloben. Ob mich der Hunger umbringt oder die Angst und Bangigkeit um meine Stelle, das kommt am Ende doch nur auf Eins heraus!«
    Er ging. Mutter und Tochter blickten ihm besorgt nach, bis er über die Blöße, auf welcher das Forsthaus lag, gegangen und sodann im Schatten der Bäume verschwunden war.
    Ihr jetzt so unruhiges und schwer gewordenes Leben war früher ein durchaus glückliches gewesen und die Bewohner der Försterei lebten still und mit aller Welt in Frieden. Nur die Wiesenbäurin hatte es nie verschmerzen können, daß ihr Vater einst gezwungen gewesen war, dem jetzigen Förster Raum zu geben, und aus diesem Grunde jede Gelegenheit ergriffen, dem Letzteren ihre feindselige Gesinnung an den Tag zu legen. Aber außer diesem einen Falle besaßen die braven Bewohner des Blößenhauses trotz der schwierigen Lage, in welche ein gewissenhafter Forstbeamter sich den von ihrer Armuth auf die Holzlese angewiesenen Bewohnern des Gebirges gegenüber so oft versetzt sieht, das allgemeine Wohlwollen der ganzen Umwohnerschaft. Auch in ihrem häuslichen Kreise hatten stets Liebe und Eintracht gewaltet, wenn auch der verstohlene Wunsch eines jugendlichen Herzens es zuweilen wagte, sich leise gegen den Willen des strengen Vaters aufzulehnen. Aber das hatte seit länger als nun Jahresfrist eine Aenderung erlitten.
    Pauline wußte noch ganz genau den Tag, welcher der letzte frohe und glückliche gewesen war. Der Hermann war wieder einmal im Dorfe gewesen; es hatte grad »Jungferntanz« gegeben, wobei nicht die Bursche und Männer, sondern die Mädchen und Frauen zum Tanz aufforderten. Mit Keiner hatte er getanzt, Allen hatte er es abgeschlagen, sogar der Wiesenbäuerin, der reichen, schönen Wittfrau, die, wie man wohl wußte, früher einmal ein Liebesverhältniß mit dem schmucken Burschen gehabt hatte, und darum wagte sie es auch nicht, ihn aufzufordern. Da war er plötzlich hin zu Pauline gekommen und hatte mit so tiefem, freundlichem Auge gefragt:
    »Warum bist Du doch so einsam hier, Paule? Willst Du denn nicht auch einmal den Tanz versuchen?«
    »Mit wem denn? Sie haben fast Alle ihren Mann oder ihren Schatz, ich aber wohne draußen im Wald, bin gar selten hier im Ort und habe Keinen, zu dem ich mich halten kann.«
    »So nimm mich als Schatz und tanze mit mir! Willst Du, Paule?«
    Sie hatte nicht geantwortet. Es war die Erinnerung an vergangene Zeiten, in denen sie, das kaum erblühende Mädchen, vor der wilden und schönen Tochter des vorigen Försters hatte zurücktreten müssen, mit aller Bitterkeit in ihr aufgestiegen, aber ihren Arm – den hatte sie ihm doch gereicht. Und nun war es gewesen, als dürfe sie gar nicht zur Ruhe kommen. Bei jeder neuen Tour hatte er vor ihr gestanden und sie, ohne nach der heutigen Ordnung zu fragen, zum Reigen geführt. Auch der Wiesenbäuerin hatte das auffallen müssen. Sie war während einer Pause ganz in der Nähe gewesen und hatte gefragt:
    »Der Herr Lakai hat wohl in der Fremde verlernt, wie es hier auf dem Jungferntanz Sitte und Regel ist? Das arme Ding da kann ja gar nicht mehr von ihm loskommen!«
    »Weil das arme Ding dem ›Lakai‹ viel lieber ist als die falsche Schlange, die zu nichts taugt als zum Zertreten!« hatte er geantwortet und ihr dann den Rücken zugekehrt. Darauf waren sie mit einander fortgegangen und er hatte so lieb und gut zu ihr gesprochen und dabei den Arm um sie gehabt, grad als ob es mit dem »Schatz« sein Ernst gewesen sei. Sie mußte noch heut an diesen schönen Heimgang denken, aber auch an das, was darauf folgte. Grad als sie die Blöße erreicht hatten, war ihr Vater von einem späten Gange aus dem Walde zurückgekommen und an der Thür mit ihnen zusammen getroffen.
    »Was?!« hatte er gerufen; » den bringst Du mir mit? Willst Du ihn wohl sofort von dannen lassen und gleich hineingehen in das Haus, Du unverständiges Kind!«
    Sie hatte vor Bestürzung

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