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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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rief sie mit dem Fuße stampfend. Und das Papier ihm aus der Hand nehmend und in Stücke reißend fuhr sie fort: »Aber dabei merke: so wie ich hier mein Schriftwerk zernichte, so zerreiße ich auch meine Liebe zu Dir, und ebenso werde ich Dich und die Paule vernichten, wenn ich euch wieder so zu sehen bekomme wie vorhin!«
    »Thue es, wenn Du’s vermagst!« antwortete er kalt.
    Sie hatte sich umgedreht und ging. Schon einige Schritte von ihm entfernt, blieb sie wie unter einem Entschlusse stehen, wandte sich dann wieder zurück und trat rasch auf ihn zu. Seine beiden Hände erfassend, schaute sie ihm mit glühenden Blicken in das ruhige Auge:
    »Hermann, laß mich nicht so von Dir gehen, es ist Dein Unglück und auch das meinige! Du kennst mich; Du weißt, daß meine Liebe nicht ist wie Anderer Liebe und daß ich den Wiesenbauer nur aus Eigennutz genommen habe. Du hattest nichts und ich noch weniger; der Vater war aus dem Amt gejagt und die reiche Heirath half uns aus der Noth. Ich will Dir es zuschwören, daß ich mit dem Bauer ärger noch gelebt habe als wie im Zuchthause. Ich konnte nicht von Dir lassen, ich habe es gefühlt in meiner Ehe und Dich deshalb aufgesucht so oft es nur möglich war. Wenn Du mich von Dir stößest, so gehe ich zu Grunde, aber ich nicht allein, das sage ich Dir; Du mußt auch mit!«
    Die Versicherung ihrer Liebe war keine Lüge, man sah es dem verführerisch schönen Weibe an. Hundert Andere hätten in ihrer Entschlossenheit gewankt, er aber entzog ihr seine Hände.
    »Thue was Du willst! Ich muß Dich verachten und mich schämen, daß Du einst mein Schatz gewesen bist. Dein Leben ist nichts gewesen als ein Aufruhr gegen das, was anderen Frauen heilig und werth ist, und von diesem Sinne kannst Du nimmer lassen. Vor Deiner Rache habe ich keine Bangigkeit, und darum sage ich Dir ganz offen, daß ich die Pauline heirathen werde. Ich habe mir so viel gespart, daß ich den Haushalt beginnen kann, und ich denke, auf dem ›Lakai‹ seinem Eigenthum wird wohl Glück und Segen ruhen, da er es nicht durch Untreue und Wortbrüchigkeit erworben hat.«
    »Hermann, ich bitte Dich tausendmal, sag’, daß dies nicht Dein Ernst ist!« Sie ergriff seine Hände abermals.
    »Grad so habe ich auch gesagt damals, als Du mir den Abschied gabst! ›Es kann nicht Dein Ernst sein, Lisbeth – ich bitte Dich tausendmal!‹ Und was gabst Du mir zur Antwort? Du lachtest und sprachst: ›Bitte’ so viel Du willst; ich mag Dich nicht mehr sehen!‹ Schau, es kommt für jede Schuld die Strafe, und der liebe Gott ist der gerechteste unter allen Richtern. Er nimmt den Lohn aus der That heraus und vergilt grad immer nur mit dem, womit man fehlt und sündigt. Dasselbe Wort, mit dem Du mich damals fast getödtet hast, mußt Du jetzt von mir vernehmen, und dieselben Qualen, die ich sodann erduldet habe, die wirst nun auch Du erleiden. Ich will Dir wünschen, daß Du sie so überwindest, wie ich sie überstanden habe!«
    »Nein, ich erdulde sie nicht und ich überwinde sie nicht!« rief sie voll Leidenschaft, indem sie die Arme stürmisch um ihn schlang. »Du bist mein Leben und mein Seligkeit; meine erste und einzige Liebe hat nur Dir gegolten, Dir allein; ich will Dich haben, ich muß Dich haben, und wenn das nicht sein soll, so gilt mir Alles gleich, ob ich todt bin oder lebendig, ob Du stirbst oder lebst! Hermann, Du weißt, wie bitter die Armuth ist; laß von der Pauline und Du sollst Wiesenbauer werden. Ich will Dir gehorchen; jedes Wort, was ich spreche und Alles, was ich thue, soll Dir beweisen, daß ich nichts sein will, als nur Deine Magd, die glücklich ist, wenn Du mit ihr zufrieden bist und sie einmal freundlich anschaust. Willst Du?«
    Es gelang ihm nur mit Anwendung von Gewalt, sich aus ihrer Umarmung zu befreien.
    »Laß los; mich verlangt gar nimmer, Wiesenbauer zu werden. Was Du mir heute versprichst, das hast Du mir früher schon oft versprochen, aber Du kannst es gar nicht halten. Es treibt Dich zum Bösen, auch wenn Du grad das Gute willst, und das Feuer, welches in Dir brennt, kennt weder Ziel noch Schranke; es wird Dich selbst vernichten!«
    »Ist das Dein fester Wille und Vorsatz, Hermann? Ueberlege es wohl vorher!«
    »Mein fester! Du dauerst mich, aber ich kann nicht anders.«
    »So fahre hin. Du elender Wicht! Fahr hin und geh zu Grunde mit Deiner sauberen Liebsten!«
    Sie stieß ihm die Faust vor die Brust, daß er zurücktaumelte, und verschwand dann zwischen den Bäumen. Er stand eine Weile

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