Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)
gelangte und hustend und würgend nach Luft
schnappte. Seine Glieder weigerten sich, ihm zu gehorchen, Sterne tanzten vor seinen Augen, und die Geräusche ringsum glichen hohlen Echos: Platschen, Rufe, das Dröhnen und Gurgeln des Wassers. Jemand stieß gegen ihn und drückte ihn nach unten, dann erhielt er einen Tritt, und Stoff streifte sein Gesicht. Die Welt wurde dunkel um ihn. Plötzlich spürte er, wie sich eine Hand fest um seinen Arm und eine andere um seinen Nacken schloss und sein Kopf erneut an die Oberfläche gezerrt wurde. Er konnte nicht atmen. Seine Glieder waren nutzlos wie an ihm hängende Bleigewichte. Er hörte, wie Hugh keuchte, er habe ihn zu fassen bekommen, und Longespee auf seiner anderen Seite dasselbe bestätigte. Dann wurde er durch das Wasser gezogen, bis er harten Untergrund unter sich spürte und jemand ihm rhythmisch auf den Rücken schlug.
»Mein Gott, Papa, um Himmels willen!« Verwirrt fragte er sich, warum Hughs Stimme so panikerfüllt klang, und hob den Kopf, um zu einer Antwort anzusetzen, woraufhin sich sein Magen hob und er Themsewasser auf die Mole spie. Ein neuerliches Sternenmeer explodierte vor seinen Augen. Gierig sog er Luft in seine wunde Kehle und in seine Lungen und setzte sich hustend auf. Hugh beugte sich mit totenbleichem Gesicht und am ganzen Leib zitternd über ihn. Longespee, der gerade von einem seiner Diener einen prächtigen grünen Wollumhang entgegengenommen hatte, zögerte kaum merklich, dann schlang er ihn um Rogers Schultern.
»Hier, Mylord.«
Roger nickte dankend und blickte sich noch immer nach Atem ringend auf dem Kai um. Will saß am Rand der Mole, ließ die Beine über die Mauer hängen und hustete rau. Jemand verteilte Decken. Ein pochender Schmerz begann in Rogers Kopf zu toben, als die betäubende Wirkung des kalten Wassers allmählich nachließ.
Er beobachtete, wie Hugh sich aufrichtete, den Arm seines Halbbruders umfasste und Longespee die Geste erwiderte. Die jungen Männer standen noch immer so da, als Ida auf sie zueilte. Ohne die beiden zu beachten, lief sie zu Roger und sank neben ihm auf die Knie. Sie kümmerte sich nicht darum, dass der feuchte Boden ihr Gewand beschmutzte.
»Du Narr!«, stieß sie hervor. »Du hirnloser, bornierter Narr!« Ihr Ton war so heftig, dass ihre Söhne einen verdutzten Blick wechselten.
»Mir ist nichts passiert«, krächzte Roger heiser, ehe er erneut zu husten begann.
Sie gab einen schnaubenden Laut von sich und funkelte die Umstehenden finster an.
»Steht hier nicht tatenlos herum und macht alles nass! Jemand muss eine Trage holen!« Sie klatschte auffordernd in die Hände.
Die Mitglieder des Bigod-Haushalts, die an ihre sanfte Art, Befehle zu erteilen, gewöhnt waren, starrten sie einen Moment lang mit offenem Mund an, dann kam Anketil zur Besinnung und beeilte sich, ihre Anweisungen zu befolgen.
Roger lächelte seine Frau mit klappernden Zähnen an.
»Trotz allem«, meinte er mit erstickter Stimme, »denke ich, mit gutem Gewissen behaupten zu können, dass uns der Preis zusteht. Die Vorstellung, die wir gerade eben geboten haben, kann niemand mehr übertreffen.«
Epilog
Framlingham,
Mai 1199
Die Familie Bigod versammelte sich im Garten unter Framlinghams westlicher Mauer, um im Frühjahrssonnenschein und an der frischen Luft ihre Mahlzeit einzunehmen. Tische waren aufgestellt und mit weißem Leinen gedeckt worden, darauf standen Platten mit Schmalzgebäck und Pasteten, kaltem geröstetetem Truthahn, Brassen aus dem See, Sahnetörtchen und Honigkuchen mit Rosinen.
Ida lehnte sich gegen einen der Tische, um einen Moment Atem zu schöpfen, biss in einen Kuchen und kostete die Zufriedenheit aus, die sie erfüllte. An der Befestigung der Burg musste zwar noch gearbeitet werden, aber für heute hatten die Steinmetze ihre Werkzeuge beiseitegelegt und hielten im Hof ihr eigenes Fest ab. Es gab weder Staub noch Lärm. Die neue Halle war fertig gestellt und mit flämischen Wandbehängen und einem kunstvoll geschnitzten Tisch auf dem Podest eingerichtet worden. Alles kleine Gründe, Befriedigung zu empfinden, aber die größte Freude bereitete ihr, dass ihre gesamte Familie unter einem Dach versammelt war. Es gab keinerlei Streit – ein perfekter Tag, den sie wie ein Juwel in ihrer Erinnerung verschließen würde, um ihn hervorzuholen, wenn das Leben sie weniger reichlich beschenkte.
Zuvor war Marie in der Burgkapelle mit Ranulf FitzRobert
verlobt worden. Die Hochzeit sollte noch vor dem Winter
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