Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)
ist und du dich hoffentlich nicht an ihren Zähnen störst.« (Das Mädchen, mit dem sie ihn aufziehen, hat vorstehende Zähne.) Die Sache macht ihnen einen Heidenspaß. »Wir wissen, dass sie es dir wirklich angetan hat.« Roger gerät in große Verlegenheit. Sie fahren fort: »Aber vielleicht hast du die Blicke gesehen, die Ida dir zugeworfen hat … vielleicht bist du aber auch am Liebling des Königs nicht interessiert, so hübsch sie auch ist, und ziehst …« Ein Name folgt, der wie Esmenée klingt. Die Neckereien versetzen Roger in einen inneren Aufruhr, denn er selbst hat nichts bemerkt, und die Behauptungen treffen seiner Meinung nach nicht zu. Wenn überhaupt, hat er andere Mädchen ins Auge gefasst, die sie nicht erwähnt haben. Endlich wechseln sie das Thema und lassen ihn allein. Er wird ruhiger, aber jetzt glimmt in ihm ein aufgeregter Funke. Er denkt über Ida nach und fragt sich, ob sie ihm tatsächlich Aufmerksamkeit geschenkt hat. Die Vorstellung ist ihm peinlich. Er trennt sich von seinen Kameraden und stellt plötzlich zu seiner Verwunderung fest, dass Ida ihm direkt ins Gesicht sieht. Sie hat wunderschöne braune Augen – groß, rund, lebendig. Sie hat zarte, milchweiße Haut und ein scheues Lächeln, bei dem sich Grübchen zeigen, aber sie wirkt absolut aufrichtig, und als
sie ihn anlächelt, sieht sie aus, als würde ihr gefallen, was sie sieht. Sie hat etwas sehr Einnehmendes an sich. Er hält ihrem Blick einen Moment lang stand, dann wendet er sich verlegen ab. Er fragt sich, ob alle Frauen so sind. Ich gewinne den Eindruck, dass er sich als Neuling auf diesem Gebiet betrachtet und sehr schüchtern ist.
Beispiel zwei:
Bei einer anderen Gelegenheit bat ich Alison, zu dem Moment zurückzugehen, wo die junge Mutter Ida erfährt, dass sie William nicht mitnehmen kann, wenn sie Roger heiratet.
Alison : Ida drückt ein Kleinkind an sich. Sie ist aufgewühlt und kann nicht klar denken. Sie findet keine Worte, ist benommen, wie gelähmt. Wenn sie versucht, sich zu rühren, meint sie zu schwanken. Wenn sie versucht, ihre Gedanken oder ihren Körper zu bewegen, ist ihr, als wolle sich ihr Magen aus ihrem Leib lösen. Sie fühlt sich, als wäre sie aus Stein. Der kleine Junge zappelt, wird unruhig. Er will herumlaufen, also muss sie ihn absetzen. Dann sitzt sie still da, blickt ins Leere. Sie schaut nach unten und kann die Beine ihres spielenden Sohnes sehen. Sie starrt zu Boden, ist vollkommen betäubt, will weder denken noch fühlen. Ihr Magen schmerzt. Sie weiß, dass sie beichten muss, für ihre Sünden bestraft wird und an Gottes Strafe nichts ändern kann. Sie weiß, dass sie außer ihrem erstgeborenen Kind niemanden mehr so sehr lieben kann, aber sie kann nichts tun. Der König hat die Entscheidung getroffen, und wer kann dem König widersprechen? Deshalb muss es geschehen, und deshalb muss sie vielleicht sterben, weil sie nicht glaubt, diesen Schmerz ertragen zu können. Und jetzt weint sie.
Beispiel drei:
Bei einer anderen Sitzung bitte ich Alison, zur Geburt von Hugh zurückzugehen, Idas und Rogers erstem Baby.
Alison : Ich bin bei Ida, bin bei der Geburt dabei. Es ist ein langsamer, schmerzhafter Prozess. Alison stößt vernehmlich den Atem aus. Es fühlt sich an wie fließendes Wasser, wie eine Reinigung. Sie sagt: »Wascht mich, wascht mich noch einmal.« Sie helfen dem Baby auf die Welt. Kopf und Schultern sind schon da, aber die Geburt scheint eine Ewigkeit zu dauern. Die Hebamme sagt: »Vorsichtig, vorsichtig, nicht zu schnell.« Ah, die Nabelschnur liegt um den Hals des Babys. Deswegen dauert es so lange. Jetzt ist es ihnen gelungen, die Schnur über seinen Kopf zu ziehen. Danach verläuft die Geburt wesentlich leichter. Er ist da, aber er ist blau angelaufen. Sie baden ihn in etwas, das wie warme Milch aussieht, versuchen ihn zum Schreien zu bringen. Er hat weiches goldenes Haar und ein schrumpeliges Gesicht. Ein Auge öffnet sich, und er beginnt zu wimmern. Die Frauen hüllen ihn behutsam in ein Tuch. Ida ist froh, dass er gesund ist, ist aber mit ihren eigenen Emotionen beschäftigt. Sie fühlt sich nicht so überschwänglich wie sonst nach einer Geburt, eher wie ein massiver Fels. Denn sie muss Stärke zeigen. »Gebe Gott, dass alles gut ist; Gott sei Dank, alles ist gut. Ich bin von meiner Sünde freigesprochen worden. Ich gehöre wieder zu den tugendhaften Frauen.« Sie ist so erleichtert. Als sie den kleinen Hugh ansieht, lächelt sie zufrieden, ein sanftes
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