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Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Titel: Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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klammern. Sie ist nicht meine Mutter oder meine Schwester. Ich bin nicht für sie verantwortlich. «
    »Sie baut aber auf dich«, meinte Mae.
    Beatrice nahm mit einer heftigen Bewegung den Kessel mit dem kochenden Wasser vom Herd, schüttete es durch den Porzellanfilter in die Kaffeekanne, so hastig, daß die Hälfte über den Tisch lief.
    »Aber ich nicht auf sie!« sagte sie.
     
    Helene vergoß ein Meer von Tränen, als sich Beatrice Anfang Januar auf den Weg zurück nach London machte. Es war ein Tag voller Regen und Sturm, Guernsey zeigte sich von seiner trübsten Seite. Beatrice konnte verstehen, daß Helene nicht gern zurückblieb,
vergraben in dem einsamen Haus, in dem ihre tägliche Hauptbeschäftigung aus dem Lösen von Kreuzworträtseln bestand und darin, auf ein paar Unterhaltungssendungen im Radio zu warten.
    »Ich weiß«, sagte sie schluchzend, als sie beide im Hafen standen und Beatrice unruhig von einem Fuß auf den anderen trat, weil sie längst auf dem Schiff hätte sein müssen, »du gehst nur zurück wegen dieses Mannes. Er hat dir völlig den Kopf verdreht. Ich komme überhaupt nicht mehr vor in deinem Leben.«
    »So ein Unsinn!« erwiderte Beatrice ärgerlich. »Ich gehe zurück, weil ich in London ein paar Aufgaben habe, die ich nicht liegen lassen kann, und weil ich hoffe, dort irgendwann eine richtige Arbeit zu finden. Das ist alles.«
    »Aber er hat so oft angerufen!« heulte Helene. Der Wind zerzauste ihre nassen Haare. Sie war zu dünn angezogen für den kalten Tag und zitterte. Sie sah kindlich und verletzbar aus. »Du kannst mir nicht erzählen, daß das nichts zu bedeuten hat!«
    Frederic Shaye hatte noch zweimal angerufen: zum Jahreswechsel und kurz danach, um zu fragen, wann sie Southampton erreichen würde und ob er sie abholen dürfe. Beatrice hatte in sachlichem Tonfall mit ihm gesprochen, aber sie hatte gemerkt, daß Helene intensiv zuhörte und offensichtlich mit feinem Instinkt bemerkte, daß hier zwei Menschen miteinander redeten, die sich nicht ganz gleichgültig waren. Sie war in höchster Alarmbereitschaft. Beatrice hatte den Eindruck, kaum noch einen Atemzug tun zu können, der nicht von Helene untersucht und ausgewertet wurde.
    »Mr. Shaye hat nicht oft angerufen«, sagte sie genervt. »Hör zu, Helene, ich muß jetzt aufs Schiff. Es gibt keinen Grund zu weinen. Mae kommt heute abend zum Essen zu dir; ich habe schon mit ihr gesprochen. Also wirst du nicht allein sein.«
    »Aber das ist doch nicht das gleiche! Sie wird mir gegenübersitzen, und ich werde an all die Abende denken, an denen du dort gesessen hast. Ich werde sterbenstraurig sein und ...«
    »Helene, jetzt reiß dich bitte zusammen!« sagte Beatrice scharf. »Ich kann nicht mehr für dich tun, als Mae zu dir zu schicken und sie im übrigen zu bitten, sich auch ansonsten um dich zu kümmern. Was sie ohnehin auf rührende Weise tut. Du hast es besser
als manch anderer. Außerdem bist du noch nicht einmal Mitte Dreißig. Du hast jede Möglichkeit, dir einen neuen Freundeskreis aufzubauen.«
    »Wie denn? Ich bin wegen Erich...«
    Beatrice kannte die Litanei, die nun kam, sie hatte sie hundertmal gehört. Sie umarmte Helene, drückte ihr einen hastigen Kuß auf die Wange und sagte: »Ich muß weg. Laß den Kopf nicht hängen. Leb wohl! «
    Sie ergriff ihren Koffer und lief die Gangway hinauf. Sie vermied es, noch einmal zurückzublicken. Weder Helenes vorwurfsvolle Augen noch ihr schmerzerfülltes Gesicht wollte sie mit nach England nehmen.
     
    Als sie wieder in London war, sahen sie und Frederic einander häufig. Sie gingen essen, besuchten Theatervorstellungen und Kinovorführungen, und an einem Wochenende Anfang Februar nahm er sie mit nach Cambridge, um ihr die Welt zu zeigen, in der er daheim war. Es waren zwei klirrend kalte Wintertage, eine dünne Schneeschicht lag über den Wiesen und auf den Dächern der Collegegebäude, und dort, wo im Westen der Fluß Cam mit dem Horizont verschmolz, stand eine leuchtendrote Sonne an einem pastellfarbenen, eisigen Himmel. Beatrice hatte ein kleines Hotelzimmer nahe dem Trinity College, aber bevor sie zum Abendessen in ein Pub gingen, zeigte Frederic ihr noch sein Haus, das am Stadtrand lag. Eine lange Kette aneinandergebauter Häuser zog sich eine leicht bergansteigende Straße entlang, eines davon, das sich ziemlich genau in der Mitte befand, gehörte Frederic. Es war aus weißen Steinen gemauert, hatte blauumrandete Sprossenfenster und eine leuchtendblaue Eingangstür.

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