Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Titel: Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
Vom Netzwerk:
Hatte das T-Shirt Flecken? War die Hose verbeult? Warum hatte sie bloß am Morgen nicht ihre Haare gewaschen? Sie zupfte an den Strähnen herum, kniff sich in die Wangen, um ein wenig Farbe hineinzuzaubern und fand sich unattraktiv und fade. Flüchtig kam ihr der Gedanke, daß sie während der vergangenen vierzehn Tage durchaus einverstanden gewesen war mit ihrem Äußeren und daß erst Michaels Auftauchen sie in diese Unsicherheit getrieben hatte.
    Er hat nicht einmal etwas gesagt, dachte sie, und dennoch dauert es keine fünf Minuten, und ich bin das reinste Nervenbündel.

    »Sie sollten einen kräftigen Schluck Schnaps nehmen«, sagte eine Stimme neben ihr. Beatrice hatte in ihr Zimmer gehen wollen, war dann aber noch einmal umgekehrt. »Und dann sollten Sie sich auf Ihre Stärke besinnen. Schauen Sie nicht drein wie ein Kaninchen, das vor dem Gewehrlauf sitzt. Sie haben das nicht nötig.«
    Franca seufzte. »Sieht man es mir so sehr an?«
    »Sie sind eine völlig veränderte Frau seit ein paar Minuten«, sagte Beatrice. »Und, ehrlich gesagt, die Frau, die Sie vorher waren, gefiel mir weit besser. Meiner Ansicht nach war das die echte Franca. Was ich jetzt vor mir sehe, ist ein verängstigtes Geschöpf, das rasch in die Rolle eines kleinen Mädchens schlüpft, um den bösen Papa gnädig zu stimmen. Mit einem kleinen Mädchen geht man vorsichtig um. So hoffen Sie jedenfalls.«
    »Ich weiß nicht, was los ist. Irgendwie... «
    »Zeigen Sie ihm die Zähne«, sagte Beatrice, »und hören Sie endlich auf, an Ihren Haaren herumzuzupfen. Er hat den Überfall-Besuch gemacht. Er kann nicht erwarten, daß Sie gestylt wie die Queen zu seinem Empfang bereitstehen.«
    Unwillkürlich mußte Franca lachen. »Gestylt kann man mich wirklich nicht nennen. O Gott, meine Nerven flattern. Ich glaube, ich brauche wirklich einen Schnaps. Kevin bat heute früh auch um einen. Was ist nur los mit uns?«
    »Hier herrscht allgemein eine gewisse Nervosität«, sagte Beatrice. »Irgend etwas liegt in der Luft. Ich weiß nicht, was es ist, aber es gefällt mir nicht. Es ist so, als hätten sich eine Menge Emotionen angestaut.« Sie atmete tief. »Ob ich Alan anrufe?«
    »Warum nicht? Es ist der I. Mai. Wünschen Sie ihm einen schönen Sommer.«
    »Heute nachmittag vielleicht«, sagte Beatrice, »möglicherweise habe ich dann mehr Mut.«
    Franca ging die Treppe hinunter, nahm zum zweiten Mal an diesem Morgen die Cognacflasche vom Regal, schenkte sich ein und leerte das Glas in einem Zug. Das Getränk brannte wie Feuer in ihrer Kehle, tat ihr aber gut. Die Spannung löste sich ein wenig. Sie trank ein zweites Glas und atmete tief durch.
    Das sollte nicht die Regel werden, dachte sie, aber hin und wieder braucht man es einfach.

    »Du trinkst schon am Mittag?« sagte eine kalte Stimme hinter ihr. »Ich sehe das mit einiger Verwunderung.«
    Sie drehte sich um. Michael war unbemerkt ins Zimmer gekommen und musterte sie mißbilligend. Er hatte den sezierenden Blick, den sie nur zu gut an ihm kannte, den sie fürchtete, seitdem sie mit ihm zusammen war. Die Wirkung des Alkohols verflog unter diesem Blick so schnell, wie sie sich zuvor aufgebaut hatte. Ohne daß sie es hätte verhindern können, war das kleine Mädchen wieder da. Wie hatte Beatrice gesagt?
    »Zeigen Sie ihm die Zähne!«
    Sie wollte ihm die Zähne zeigen. Sie wollte um nichts in der Welt das kleine Mädchen sein. Sie wollte eine starke, erwachsene Frau sein.
    Es gelang ihr nicht.
    »Ich brauchte einfach etwas zu trinken«, sagte sie leise.
    Michael nahm ihr die Flasche aus der Hand, stellte sie mit Nachdruck in das Regal zurück.
    »Damit fängst du am besten gar nicht erst an. Übrigens, ich habe mir das Zimmer oben angesehen. Ich frage mich, wie du ein derart spartanisches Quartier wählen konntest! Ich würde es dort nicht eine einzige Nacht aushalten!«
    »Wie hast du mich gefunden?« fragte sie.
    Er zuckte mit den Schultern. »Ich kannte ja den Namen deiner Wirtin. Beatrice Shaye. Und diese Insel ist ein Dorf. Ich habe am Flughafen in St. Martin nach ihr gefragt, und sie war sofort ein Begriff. Ich habe einen Mietwagen genommen und bin hierhergefahren. «
    Sie nickte. Es hatte ihn nicht allzuviel Mühe gekostet.
    »Weshalb bist du gekommen?« fragte sie.
    Er verzog ungeduldig das Gesicht. »Müssen wir das hier besprechen? Ich habe Hunger, und ich möchte irgendwohin, wo es gemütlich ist und wir reden können. Wäre das möglich?«
    »Das ist möglich«, sagte Franca. Sie nahm

Weitere Kostenlose Bücher