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Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Titel: Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Zeitverschwendung.
    »Ach, Michael«, sagte sie resigniert. Es tat nicht einmal weh. Das Ende war zu selbstverständlich, um zu schmerzen. Es kam um eine Reihe von Jahren zu spät, aber es war völlig klar, daß es hatte kommen müssen.
    »Was heißt: Ach, Michael? « fragte er aggressiv. »Hast du nichts anderes dazu zu sagen? Ich habe dir ein Angebot gemacht. Ich habe einen Vorschlag unterbreitet. Vielleicht gäbe es dazu ein wenig mehr zu sagen als Ach, Michael!«
    Das Pochen in ihren Schläfen verstärkte sich. Es wuchs sich zu einem Dröhnen aus. Einem Dröhnen, das sie abschnitt von den übrigen Geräuschen der Welt - dem Stimmengewirr, dem Tellergeklappere, den Möwenschreien. Aber auch von dem Geruch des Essens und des Salzes im Wind. Sogar von den Farben der Blumen, des Meeres und des Himmels.
    Hoffentlich habe ich meine Tabletten dabei, dachte sie, ich habe gar nicht nachgeschaut, bevor wir weggingen.
    »Michael, ich möchte die Scheidung«, sagte sie.
     
    Maja erschien gegen ein Uhr am Mittag im Wohnzimmer, unausgeschlafen und verkatert. Sie war blaß im Gesicht, und ihre sonst großen, wilden Augen hatten sich zu kleinen Schlitzen verengt. Sie sah um etliches älter aus als die zweiundzwanzig Jahre, die sie zählte. Sie sah auch nicht hübsch aus an diesem Mittag, nicht sexy und attraktiv, aber auch nicht wie ein niedliches, verschlafenes Kind.
    Sie sieht einfach ziemlich kaputt aus, dachte Alan.
    Sie trug ein übergroßes, weißes T-Shirt mit einem verwaschenen Teddybären-Aufdruck auf der Brust, hatte nackte Beine und nackte Füße. Sie ließ sich auf ihren Platz fallen und stützte aufstöhnend den Kopf in die Hände.
    »O Gott, ist mir schlecht!« murmelte sie.
    »Möchtest du etwas essen oder trinken?« fragte Alan. Er legte die Zeitung beiseite. Er wunderte sich, wie normal er mit ihr
sprach, wie gleichmütig seine Stimme klang. Etwas in ihm vibrierte leise, ein angespannter, gereizter Nerv. Die Unverfrorenheit, mit der sie ihre Übernächtigung, ihren unmäßigen Alkoholkonsum vom Vorabend demonstrierte, schockierte ihn. Sie gab sich nicht einmal die Mühe, so zu tun, als sei sie spät von einem Kaffeekränzchen im Altenheim zurückgekehrt.
    Was bin ich für sie? fragte er sich. Ein Waschlappen, bei dem man nicht einmal vorgeben muß, man habe noch eine Spur Achtung vor ihm?
    »Nein, bloß nichts essen«, meinte sie gequält, »ich glaube, ich würde sofort kotzen. Kann ich eine Tasse Tee haben?«
    »Der Tee ist kalt«, sagte Alan.
    »Mach mir neuen«, murmelte sie.
    Das Vibrieren wurde stärker. »Mach ihn dir selbst«, sagte Alan.
    Immerhin war er damit in die Dumpfheit vorgedrungen, die sie umfangen hielt. Sie blickte überrascht auf, und ihre verquollenen Augen weiteten sich ein wenig. »Wie bitte?« fragte sie.
    »Du sollst ihn dir selbst machen«, wiederholte Alan. »Ich habe seit dem frühen Morgen mit dem Frühstück auf dich gewartet. Da wir gestern und vorgestern nichts voneinander hatten, habe ich für heute alle Termine abgesagt und bin nicht ins Büro gegangen. Wenn du meinst, erst mittags aus dem Bett kriechen zu müssen, kannst du nicht erwarten, daß ich aufspringe und ein zweites Mal anfange, alles herbeizuschleppen.«
    »Alles! Ich will eine winzige Tasse Tee, und nicht einmal die bekomme ich!«
    »Du weißt, wo die Küche ist, du weißt, wo der Tee ist«, sagte Alan ruhig. »Niemand hindert dich daran, dir zu nehmen, was du möchtest. «
    Sie starrte ihn ungläubig an, dann sprang sie mit einer unbeherrschten Bewegung auf, nahm sich eine Cognacflasche von der Anrichte, kippte den Cognac in das Glas neben ihrem Teller, das eigentlich für den Orangensaft vorgesehen gewesen war, und trank ihn in großen, durstigen Zügen.
    »So«, sagte sie, »dann trinke ich eben das hier! Da ich mir ja nehmen darf, was ich will, wirst du kaum etwas dagegen haben.«
    »Ich habe auch nichts dagegen«, erwiderte Alan, »ich denke
nur, es wird dir nicht allzugut bekommen. Du siehst jetzt schon zehn Jahre älter aus, als du bist. Durch den Cognac wird das nicht besser.«
    Demonstrativ schenkte sie sich sofort nach, trank das Glas zum zweitenmal leer.
    »Weißt du«, sagte sie böse, »ausgerechnet von dir so etwas zu hören, ist schon ziemlich komisch. Wer von uns beiden ist denn der Alkoholiker? Vielleicht sehe ich heute morgen älter aus, als ich bin, na und? Spätestens morgen früh bin ich wieder okay. Ich stecke eine durchzechte Nacht wie nichts weg. Ganz im Unterschied zu dir. Du bist

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