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Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Titel: Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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dann auf Zehenspitzen ins Schlafzimmer geschlichen. Sie gab sich die größte Mühe, möglichst lautlos zu ihm ins Bett zu kriechen - natürlich, dachte er aggressiv, sie will mich keinesfalls wecken, damit ich bloß nicht mitbekomme, zu welch unmöglicher Uhrzeit sie hier eintrudelt.
    Irgendwann in den frühen Morgenstunden war er eingeschlafen, jedoch schon um halb sieben wieder aufgewacht. Der kurze Schlaf hatte ihn eher erschöpft als aufgebaut. Er konnte Majas gleichmäßigen Atem neben sich hören. Helles Sonnenlicht sickerte zwischen den Lamellen der Jalousien hindurch, hatte den Raum längst der nächtlichen Dunkelheit entrissen. Von Maja sah er nur die langen Haare, die über dem Kopfkissen verteilt lagen. Ihr Gesicht hatte sie tief im Kissen vergraben, die Bettdecke fest um ihren Körper gezogen. Es würde Stunden dauern, bis sie wach war.
    Nun saß er vor dem schön gedeckten Tisch, fragte sich, weshalb er sich überhaupt soviel Mühe gegeben hatte und weshalb er Majas wegen seinen Beruf vernachlässigte, und er versuchte den Schmerz zu ignorieren, der in seinem Kopf hämmerte. Er hatte zuviel
Whisky erwischt und mußte die Nachwirkungen auf irgendeine Weise überstehen. Nachdem er fast zwei Wochen lang eine - für seine Maßstäbe - weitgehende alkoholische Abstinenz eingehalten hatte, machte ihm der Kater nun besonders heftig zu schaffen. Er fragte sich, ob es ihm jemals gelingen würde, dem Alkohol als Seelentröster zu entsagen.
    Man geht so verdammt kaputt dabei, dachte er und rieb sich die schmerzenden Augen, und man merkt auch noch, wie man kaputtgeht und kann trotzdem nicht aufhören.
    Er betrachtete sich selbst mit gnadenlosem Blick ohne die Spur jener Milde, die er sonst selbst dem härtesten Kontrahenten gegenüber walten ließ. Er sah einen dreiundvierzigjährigen Mann, der an einem Montagmorgen allein an einem Frühstückstisch saß, sein Büro schwänzte und dabei noch nicht einmal in der Lage war, etwas von den Köstlichkeiten vor sich anzurühren. Dem sich der ausschweifende Alkoholgenuß vieler Jahre überdeutlich ins Gesicht gegraben hatte. Der Ringe unter den Augen hatte und dessen Haut zu fahl und zu großporig war. Der eigentlich ein gutaussehender Mann war, sich jedoch deutlich am alleräußersten Ende einer Grenze bewegte: Er konnte den Boden unter den Füßen verlieren, endgültig abkippen und in fünf Jahren aussehen wie ein sechzigjähriger Alkoholiker. Er konnte aber andererseits auch gerade noch das Ruder herumreißen. Die Ehrlichkeit, mit der er sich ansah, zeigte ihm eine Möglichkeit mit derselben Klarheit wie die andere. Noch war er jung genug, sich zu regenerieren. Noch konnte er die Spuren aus seinen Zügen verbannen. Noch hatte er eine Chance.
    Aber wie sollte er sie nutzen, während ihm doch täglich von neuem klarwurde, wie gründlich er sein Leben verpfuscht hatte! Eine Menge kurzer, wilder Frauengeschichten anstelle einer langen, intakten, auf Vertrauen und Kameradschaft basierenden Beziehung. Warum war er nicht verheiratet, hatte zwei Kinder, ein Häuschen im Grünen und einen Bobtail? Warum war er verstrickt in eine Affäre mit einer Frau, die zwanzig Jahre jünger war als er und es mit nahezu jedem Mann trieb, der ihren Weg kreuzte? Die ihn ausnutzte und ausnahm, ihn immer wieder mit falschen Versprechungen köderte, ihn lächerlich machte, mit ihm spielte, wie
es ihr gerade paßte, und ihn seit Jahren blockierte für eine mögliche andere Beziehung, die im Zweifelsfall nur besser sein konnte.
    Ich sollte sie rauswerfen, dachte er, mit Sicherheit war sie gestern und vorgestern bei einem Kerl. Wahrscheinlich betrügt sie mich schon die ganze letzte Woche. Und schämt sich nicht einmal, mir die Geschichte von Urgroßmutter Edith aufzutischen, die sie voller Selbstlosigkeit immer wieder im Altenheim besucht.
    Er wußte, er mußte Aggression in sich erzeugen, wenn er es fertigbringen wollte, Maja die Tür zu weisen. Aus Gründen, die ihm völlig unerklärlich blieben, konnte er jedoch nicht die Spur von Wut in sich finden. Er fand nur Traurigkeit und Resignation. Und Hilflosigkeit.
     
    Franca träumte, sie schlage einen Nagel in die Wand, um ein Bild aufzuhängen. Sie hämmerte aus Leibeskräften, aber der Nagel wollte sich nicht in den Beton bohren.
    Vielleicht kann man gar keinen Nagel in Beton schlagen, dachte sie, und im selben Moment wachte sie auf und sah sich verwirrt um. Sie begriff ziemlich schnell, daß sie geträumt hatte, aber sie verstand nicht, weshalb

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