Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin
Geisteskranker herumlief, der Menschen überfiel und ihnen die Kehle durchschnitt, der dort irgendwo
in den Hecken entlang der Straße gelauert und dann die arglose Helene überfallen hatte... Es hätte jeden treffen können, dachte sie, jeden, auch mich. Wie viele einsame Spaziergänge über die Klippen habe ich gemacht in den letzten Tagen ...
Sie merkte, daß Übelkeit in ihr aufstieg, und verdrängte rasch diese Gedanken. Später konnte sie alle Möglichkeiten des Grauens durchspielen, aber nicht jetzt. Für den Moment mußte sie die Nerven behalten.
Es erschienen zwei Polizisten, mißtrauisch und ganz offensichtlich immer noch überzeugt, irgend jemand leide entweder unter Halluzinationen oder erlaube sich einen dummen Scherz. Franca schickte sie zum Ort des Geschehens und sagte, sie würden die Frau mit der durchschnittenen Kehle dort auf dem Weg liegen sehen. Die beiden zogen los, und bald darauf kehrte einer von ihnen mit totenblassem Gesicht zurück.
»Jesus«, keuchte er, »so etwas habe ich ja noch nie gesehen.«
Und kurze Zeit später wimmelte es von Beamten, Scheinwerfer tauchten die ganze Gegend in gleißendes Licht, die Schaulustigen drängten herbei, und ein Krankenwagen raste mit Sirenengeheul durch die Nacht. Franca erklärte dem Arzt, sie selbst sei in Ordnung, sie brauche keine Hilfe, aber Beatrice gehe es schlecht, und er solle sich um sie kümmern. Der Arzt musterte sie aufmerksam.
»Ich fürchte, Sie sind der Typ, der mit Verspätung zusammenbricht«, sagte er. »Hier«, er drückte ihr ein kleines Fläschchen, gefüllt mit weißen Kügelchen, in die Hand, »ein rein homöopathisches Präparat. Nehmen Sie fünf Stück, wenn die Nerven zu wackeln beginnen.«
Sie versprach es und sah zu, wie er Beatrice eine Spritze gab, was diese ohne Protest über sich ergehen ließ.
»Nur zur Beruhigung«, meinte er.
Beatrices Wangen bekamen kurz darauf wieder ein klein wenig Farbe, und sie tauchte aus der Trance auf, die sie umfangen gehalten hatte.
»Fragen Sie«, sagte sie zu dem Beamten, der zaghaft auf sie zutrat, »ich werde alles beantworten.« Ihre Stimme hatte an Festigkeit gewonnen.
Sie reagierte mit erstaunlicher Ruhe auf alle Fragen, die der Beamte
ihr stellte. Sie erzählte, daß Helene am Abend bei Kevin in Torteval zum Essen gewesen und gegen halb elf mit dem Taxi nach Hause aufgebrochen war. Der Beamte schrieb eifrig mit und zeigte sich sehr interessiert, als er hörte, daß der Fahrer Helene ein Stück unterhalb des Hauses hatte aussteigen lassen.
»Auf diesen hundert Metern könnte sie ihrem Mörder begegnet sein«, meinte er.
»Sie kam an dem Weg vorbei, der an der Ostseite unseres Grundstücks entlang zum Klippenpfad führt«, sagte Beatrice, »der Weg also, auf dem sie ...«
»Ja. Der Tatort.«
»Glauben Sie, sie wurde an der Stelle getötet, an der wir sie gefunden haben?« fragte Beatrice. »Oder vorne an der Straße? Man könnte sie auch ...«
Der Beamte schüttelte den Kopf. »Die Spurensicherung hat ihre Arbeit noch nicht abgeschlossen, aber nach allem, was ich gesehen habe, denke ich, sie ist direkt am Fundort getötet worden. Wir hätten sonst Blut- und Schleifspuren sehen müssen.«
»Ja, natürlich«, sagte Beatrice, und ihre Wangen wurden wieder ein wenig bleicher.
»Ich müßte noch wissen, wo Sie beide heute abend waren«, sagte der Beamte und sah Franca an. »Verbrachten Sie den Abend zusammen? «
»Nein«, antwortete Franca. Sie berichtete von ihrem Essen im Old Bordello .
»Aber Ihr Mann wohnt nicht hier?« hakte der Polizist nach.
Franca verneinte. »Er wohnt im Chalet -Hotel an der Fermain Bay.«
»Aha. Und er hat Sie nicht hierher begleitet?«
»Nein. Ich bin allein mit dem Auto zurückgefahren.«
»Mrs. Shaye war daheim, als Sie ankamen?«
»Sie saß in ihrem Auto in der Auffahrt.«
Der Beamte sah Beatrice an.
»Dann waren Sie auch in diesem Moment gerade erst gekommen? Oder wollten Sie wegfahren?«
»Ich war seit einer halben Stunde da«, sagte Beatrice, »ich saß noch im Auto und dachte nach.«
Der Polizist blickte sie überrascht an. »Sie saßen eine halbe Stunde lang im Auto und dachten nach ? Wieso gingen Sie denn nicht ins Haus?«
Sie zuckte die Schultern. »Ich hatte keine Lust. Ich kam gar nicht darauf. Ich hatte völlig die Zeit vergessen. Wäre Franca nicht plötzlich aufgetaucht, ich säße wahrscheinlich jetzt noch dort.«
»Sehr eigenartig«, murmelte der Beamte und notierte kopfschüttelnd die Aussage.
Franca fand es
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