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Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Titel: Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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die beiden Frauen hinterher. Als die Hunde laut bellend stehenblieben, sagte Beatrice: »O Gott, ich denke, das ist das Ende.«
    »Wieso meinen Sie, daß...«, setzte Franca an, und in diesem Moment sah sie das dunkle Bündel vor sich auf dem Weg liegen, neben dem die Hunde sich aufgebaut hatten. Misty fiepte, die beiden anderen stellten knurrend die Haare auf. Langsam, zögernd richtete Beatrice den Strahl der Taschenlampe auf die Gestalt. Sie erkannten Helenes schmales Gesicht. Die schulterlangen, grauen Haare hatten sich aus der Spange, die sie immer trug, gelöst und lagen wirr um ihren Kopf herum auf dem Weg. Und dann sahen sie die dunkle Lache, die sich gleich neben dem Kopf über die
Schottersteine ergoß, und Franca sagte erschrocken: »Ich glaube, das ist Blut!«
    Beatrice machte eine unkontrollierte Bewegung mit der Hand, der Schein der Taschenlampe wanderte ein Stück weiter hinunter vom Gesicht, und nun sahen sie es: Man hatte Helene die Kehle durchgeschnitten und sie auf dem schmalen Weg, der zur Petit Bôt führte, verbluten lassen.

12
    Gemessen an den üblichen Verhältnissen auf Guernsey, wo tatsächlich praktisch nie ein Verbrechen geschah — wenn man von den Yacht-Diebstählen absah, und deren regelmäßiges Vorkommen war seit Jahrzehnten Teil des Inselgeschehens —, war es ein ungeheures Polizeiaufgebot, das sich in der Nacht über Le Variouf und die Umgebung ergoß. Beamte von der Spurensicherung überprüften Schuhsohlen- und Reifenprofile und sperrten den Tatort weiträumig ab. Im Dorf war man aufmerksam geworden; die Menschen verließen ihre Betten, wanderten die Straße hinauf und drängten sich an der Absperrung. Selbst von St. Martin kamen sie herüber, begierig, nichts von der Sensation zu versäumen. Auf geheimnisvolle Weise hatte sich bereits herumgesprochen, daß Helene Feldmann Opfer eines Verbrechens geworden war, und vom Schauer des Entsetzens gepackt, raunten die Menschen einander zu: »Es heißt, ihr sei die Kehle durchgeschnitten worden! Großer Gott, könnt ihr euch so etwas vorstellen ?«
    Beatrice und Franca saßen im Wohnzimmer, jede in einem Sessel, eigenartig weit voneinander entfernt, als ertrüge eine die Nähe der anderen nicht. Ein Beamter befragte sie, nachdem ein Arzt die Erlaubnis dazu gegeben hatte. Franca war zunächst überzeugt gewesen, Beatrice habe einen schweren Schock erlitten. Zum erstenmal hatte sie die alte Frau bewegungs- und handlungsunfähig gesehen, Beatrice hatte auf dem Feldweg gestanden und zu zittern begonnen, die Taschenlampe war ihr aus den Händen gerutscht und krachend vor ihre Füße gefallen. Franca hatte die Lampe aufgehoben
und Beatrice am Arm genommen. Zu ihrer Verwunderung zitterte sie selbst kein bißchen.
    Vielleicht kommt das später, dachte sie.
    »Wir müssen die Polizei rufen«, sagte sie dann. »Kommen Sie, Beatrice, wir gehen ins Haus zurück.«
    Beatrice ließ sich willenlos von ihr den Weg entlangführen. Franca rief die Hunde; verstört, mit hochgestellten Nackenhaaren und gesenkten Köpfen folgten sie ihnen.
    Im Haus drückte Franca Beatrice in einen Sessel und stellte ein Glas mit Cognac vor sie hin, dann rief sie die Polizei an und schilderte einem völlig verblüfften Beamten, der vermutlich gerade Kreuzworträtsel gelöst und vor sich hin gedämmert hatte, was geschehen war. Im ersten Moment hielt er die Geschichte für einen schlechten Scherz.
    »Sie sind sicher, das stimmt, was Sie da gerade erzählt haben?« fragte er.
    »Bitte kommen Sie sofort her«, sagte Franca und dachte, sie würde wahrscheinlich nicht die Kraft haben, mit diesem Mann nun noch lange zu diskutieren.
    »Haben Sie etwas getrunken, Madam?« vergewisserte er sich noch.
    »Nein. Bitte schicken Sie jetzt ein paar Leute her!«
    Endlich kam Leben in den Beamten. »Sofort«, sagte er, »und fassen Sie nichts an am Tatort.«
    Franca ging wieder ins Wohnzimmer, wo Beatrice mit grauem Gesicht saß. Sie hatte ihren Cognac nicht angerührt.
    »Beatrice, bitte, nehmen Sie einen Schluck«, drängte Franca. »Sie fallen sonst gleich um!«
    Beatrice sah sie an. Ein eigentümlicher Ausdruck von Leere stand in ihren Augen.
    »Sie haben ihr die Kehle durchgeschnitten«, flüsterte sie, »wie entsetzlich. Wie unvorstellbar entsetzlich.«
    »Wir sollten jetzt nicht darüber nachdenken«, sagte Franca. Sie wußte, daß sie selbst zusammenklappen würde, wenn sie nun anfing, sich mit Details des Verbrechens zu beschäftigen. Die Vorstellung, daß da draußen ein

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