Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin
gegangen ist?«
»Ich habe sie gar nicht nach Hause gefahren.«
»Wie ist sie denn dann heimgekommen?«
»Mit einem Taxi. Sie hat es zwischen zehn und halb elf bestellt.«
»Aber wieso hast du sie nicht gefahren? Das hast du immer gemacht! «
»Ja, aber diesmal nicht. Ich hatte zuviel getrunken.«
»Das ist dir doch noch nie passiert!«
»Diesmal ist es aber passiert. Ist es ein Verbrechen, einmal etwas zuviel Alkohol zu erwischen? «
Beatrice merkte, wie sie langsam zornig wurde. Zum Teufel, Kevin sollte nicht so tun, als sei alles wie immer. Er hatte sich nicht an die Spielregeln gehalten, und nun war Helene nicht auffindbar, und offenbar schien es Kevin nicht einmal besonders zu erschüttern.
»Kevin, verdammt, diese alte Frau war zuletzt bei dir, also hattest du die Verantwortung! Wer war der Taxifahrer?«
»Das weiß ich nicht. Sie hat das Taxi bestellt.«
»Aber du hast ihr doch wahrscheinlich die Nummer gegeben.«
»Nein. Aber es hängt eine Taxinummer über meinem Telefon, die hat sie wohl gewählt.«
»Wieso mußte sie sich selber ...«
»Himmel, Beatrice, ich war betrunken! Ich hatte einen Aussetzer ... sie wollte weg... jetzt mach mich doch nicht so fertig deswegen! «
»Ich möchte die Nummer haben. Irgend etwas stimmt da nicht. Helene löst sich nicht plötzlich in Luft auf! «
»Vielleicht ist sie noch irgendwo hingegangen«, meinte Kevin.
Beatrice schnaubte. »Kevin, ich bitte dich! Wir kennen beide
Helene! Sie ist nicht die Frau, die plötzlich nachts durch die Kneipen von St. Peter Port zieht! Würdest du mir jetzt bitte die Nummer von dem Taxi-Unternehmen geben? Vielleicht wissen die etwas von einem Unfall.«
Sie notierte die Nummer, sagte hastig: »Ich melde mich wieder, Kevin!«, legte auf und rief bei dem Taxi-Unternehmen an. Sie mußte es wieder und wieder versuchen, ehe sich endlich eine Frau meldete. Sie klang verschlafen und war offensichtlich wütend über die Störung.
»Entschuldigen Sie bitte«, sagte Beatrice, »aber wir vermissen eine Frau, die heute abend mit einem ihrer Taxis gefahren ist. Sie ist offenbar nicht daheim angekommen.«
Am anderen Ende der Leitung wurde ausgiebig und demonstrativ gegähnt.
»Muß das jetzt sein?« fragte die Frau verärgert.
»Natürlich muß es jetzt sein«, sagte Beatrice. »Vielleicht ist der alten Dame etwas zugestoßen. Ich kann mit meinen Nachforschungen nicht bis morgen früh warten.«
»Mein Mann ist am Abend gefahren. Ich werde ihn wecken. Er wird nicht begeistert sein, das kann ich Ihnen sagen.«
Beatrice hörte sie davonschlurfen. Ganz langsam schien sich ein immer dichter werdendes Netz von Bedrohung und Angst über sie zu breiten. Der Taxi-Unternehmer selbst war gefahren. Er lag offenbar friedlich schlafend in seinem Bett. Also hatte es keinen Unfall gegeben, was zwar bedeutete, daß niemand verletzt worden war, was aber die Angelegenheit noch mysteriöser machte.
Gleich weiß ich mehr, dachte sie und hatte dabei die dumpfe Ahnung, daß etwas Schreckliches auf sie zukam.
Der Taxifahrer, der nach einer schier unendlichen Zeit brummig und mißgelaunt ans Telefon kam, berichtete, daß sein einziger Angestellter derzeit Urlaub in Frankreich mache und daß er daher alle Fahrten selbst übernehme. Er erinnerte sich gut an den Auftrag in Torteval, erinnerte sich an Helene, die er dort abgeholt und nach Le Variouf gefahren hatte.
»Eine ziemlich verängstigte Person«, sagte er, »ich hatte sie selbst am Telefon und konnte sie kaum verstehen. Sie flüsterte. Ich verrenkte mir fast das Ohr, um zu begreifen, wo sie ist und was sie
will. Ich sagte, sie solle lauter sprechen, aber das konnte sie offenbar nicht.«
»Sie hat geflüstert ?«
»Sag ich doch. Schien mir total daneben zu sein. Als ich dann nach Torteval kam, stand sie schon an der Ecke zur Hauptstraße und sprang mir fast ins Auto. Als sie dann im Wagen saß, ging es ihr wohl besser. Sie sagte, sie wolle nach Le Variouf, und ich solle mich beeilen.«
Das klang mehr als eigenartig und beunruhigte Beatrice zutiefst.
»Sie haben sie dann am Fuß der Auffahrt abgesetzt?« fragte sie. »Oder haben Sie sie bis nach oben zur Haustür gefahren?«
Es schien, als winde sich der Fahrer ein wenig, aber offenbar hielt er es dann doch für angebracht, mit der Wahrheit herauszurücken.
»Ich bin nicht bis zum Haus gefahren«, nuschelte er, »ich meine, nicht mal bis zum Grundstück. Ich... ach, zum Teufel, konnte ich denn wissen, daß die alte Dame nun plötzlich
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