Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin
lächelte sie, und in ihren Augen lag ein Glanz, der sich niemals sonst zeigte. Sie trug ein geblümtes Sommerkleid, für das sie eigentlich zu alt war, aber Helene besaß überhaupt nur Kleider, die sich für Frauen geeignet hätten, die mindestens dreißig Jahre jünger waren als sie. Sie hatte überdies ziemlich viel Rouge und Lippenstift aufgelegt und eine künstliche Rose an ihrem aufgesteckten Haar befestigt. Sie hielt ein Champagnerglas
in der Hand, plauderte mit den Gästen und wirkte gelöst und entspannt.
Beatrice beobachtete Kevin, der am Buffet stand und die angebotenen Speisen mißtrauisch musterte. Als exzellenter Hobbykoch stellte er hohe Ansprüche an kulinarische Genüsse, und selten fand etwas Gnade vor seinem verwöhnten Gaumen. Beatrice stellte amüsiert fest, daß er offenbar schon wieder Mängel entdeckte. Das Buffet war von einem sehr guten Partyservice in St. Peter Port geliefert worden, aber Kevin würde eine Reihe von Haaren in der Suppe finden, würde am nächsten Tag dort anrufen und sich mit spitzer Stimme beschweren.
»Hallo, Beatrice«, sagte eine rauhe Frauenstimme, »du siehst aus, als wünschtest du dich ans Ende der Welt.«
Beatrice wandte sich um. Maja war an sie herangetreten und sah sie aus spöttischen Augen an. Sie trug ein Fähnchen von einem Kleid, eine Art schwarzes Nichts, das allzuviel von ihrem makellos gebräunten Körper sehen ließ. Die langen Haare fielen offen bis zur Taille herab. Finger- und Fußnägel hatte sie schwarz lackiert, und an ihrem rechten Handgelenk klimperten mehrere dünne, silberne Armreifen.
»Hallo, Maja«, erwiderte Beatrice. Wie immer, wenn sie Maja auch nur einen Tag lang nicht gesehen hatte, fühlte sie sich für einen Moment überwältigt von der Attraktivität der jungen Frau. Maja hatte eine Ausstrahlung von Jugend und Erotik, die anderen Menschen manchmal die Sprache verschlug. Ihr Körper schien sich stets in einer Haltung von Erwartung und Provokation zu befinden, ihre kleinen, festen Brüste waren wie eine einzige Herausforderung.
»Dieses Mädchen muß lediglich eine Bewegung machen, einen Satz sagen oder auch einfach dastehen«, hatte Mae einmal gesagt, »und immer scheint sie dabei eine Aufforderung zum Beischlaf auszusprechen. Ich frage mich, was das ist! Wahrscheinlich kann sie gar nichts dafür.«
Aber sie weiß es ganz genau, dachte Beatrice nun, sie ist sich ihrer Wirkung in jedem Moment bewußt, und sie setzt sie höchst kalkuliert ein.
»Ich sollte dir jetzt zum Geburtstag gratulieren«, sagte Maja,
»aber da ich annehme, du kannst keine Glückwünsche mehr hören, lasse ich es lieber. Soll ich dir statt dessen irgend etwas holen? «
»Danke, nein. Ich frage mich, wie ihr alle soviel Champagner trinken könnt. Mir ist es dafür viel zu heiß.«
»Ach, ich kann Champagner eigentlich immer trinken.« Maja ließ ihren Blick schweifen und blieb an Kevin hängen, der sich, inzwischen schon fast angewidert wirkend, vorsichtig einige Essensproben auf einen kleinen Teller lud. »Sieht Kevin nicht wieder einmal großartig aus?« fragte sie. »Ich habe noch nie einen Mann mit einem solchen Körper erlebt. Er weiß auch genau, wie er sich anziehen muß. Diese Jeans sind einfach toll.«
Für Beatrice war eine Jeans wie die andere; es gelang ihr nie, herauszufinden, nach welchen Kriterien die jungen Leute diese Art von Kleidungsstücken als entweder völlig unmöglich oder als den letzten Schrei einstuften. Aber in jedem Fall hatte Maja recht: Kevin sah phantastisch aus. Neben ihr war er der schönste Mensch im Raum.
»Ihr beide würdet ein optisches Traumpaar abgeben«, meinte Beatrice, »aber leider kann daraus ja nichts werden.«
»Es würde wirklich allein bei der Optik bleiben«, sagte Maja, »und das wäre auf die Dauer zu wenig.«
Beatrice lachte. »Vor allem für dich. Du würdest durch eine Art Sinnkrise gehen.« «
Maja stimmte in ihr Lachen ein. »Da hast du vermutlich recht. O Gott, ich fürchte, ich werde Helene gratulieren müssen. Sie wird mich wieder mit diesem Blick mustern, der mir das Gefühl gibt, ein Flittchen zu sein, und es wird mir bewußt werden, daß mein Kleid etwas offenherzig ist. Komisch, nicht? Helene ist der einzige Mensch, der mich irgendwie einschüchtern kann. Ob es daran liegt, daß sie Deutsche ist? Man sagt ja, daß die Deutschen...«
»Vorsicht«, warnte Beatrice, »sag so etwas bloß nicht zu ihr! Das könnte einen hysterischen Ausbruch heraufbeschwören. Mit ihrer Herkunft kommt sie
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