Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin
leergeräumt wäre. »Außerdem liegen die Geschirrberge da herum!«
Erichs Augen glänzten unnatürlich; er sah aus, als habe er Fieber. »Das muß alles weg«, bestimmte er, »los, faßt mit an! Wo ist eigentlich der Franzose, Himmelherrgott noch mal? Immer wenn man diese stinkfaule Kreatur braucht, ist sie nicht da! «
»Pierre wird um sieben Uhr gebracht«, sagte Helene mit Piepsstimme, »und jetzt ist es erst Viertel vor sieben.«
»Das muß anders werden!« brüllte Erich. »Sieben Uhr! Sieben Uhr! Sind wir hier ein Sanatorium oder was?«
Sie schleppten Eßtisch und Stühle hinaus in die Halle und machten sich daran, auch das Geschirr dorthin zu schaffen. Zwischenzeitlich trafen auch der Wachmann und Pierre ein und wurden sofort zur Mitarbeit verpflichtet. Pierre hatte noch kein Frühstück gehabt und sah aus, als würde er jeden Moment zusammenbrechen. Dem Wachmann mußte klar sein, daß sie alle einer ebenso kräftezehrenden wie sinnlosen Tätigkeit nachgingen, aber natürlich hätte er es nicht gewagt, etwas dazu zu sagen. Er vermied es, Helene oder Beatrice anzusehen, und tat so, als sei der Wahnsinn, den sie betrieben, völlig normal.
Schließlich war der Teppich zusammengerollt und hinausgeschafft, und Erich, Pierre und der Wachmann zogen und zerrten die Anrichte in die Mitte des Zimmers. Sie wirbelten noch mehr Staub auf und brachten weitere Mengen an Dreck zum Vorschein,
aber nirgendwo war eine Tablettenschachtel zu entdecken. Erich kroch auf dem Boden umher und fluchte; er war überzeugt gewesen, etwas zu finden, und sein Bedürfnis war unermeßlich geworden. Er sah aus, als sei er bereit, für ein Antidepressivum zu töten, und wahrscheinlich, dachte Beatrice, war er es auch.
»Niemand verläßt den Raum!« brüllte er schließlich. »Niemand, bevor die Tabletten nicht aufgetaucht sind!«
Alle standen betroffen herum, Helene kämpfte mit den Tränen, und es war bereits klar, daß sie den Kampf verlieren würde. Pierre war so weiß wie die Wand, seit Wochen lebte er am Rande des Hungertodes, und er war deutlich am Ende seiner Kräfte. Erich sah sich aus irren Augen um. »Hat einer von euch das Zeug geklaut? « fragte er und starrte Helene an. »Es muß irgendwo sein, versteht ihr? Wenn es hier nirgendwo liegt, hat es einer von euch geklaut! «
»Niemandem wäre es gelungen, die Anrichte beiseite zu rücken«, sagte Beatrice, »nicht ohne daß Sie es gemerkt hätten. Sie sehen ja, wir mußten zuvor das ganze Zimmer leerräumen!«
Erich schien sich ihre Worte durch den Kopf gehen zu lassen.
»Vielleicht hat eben jemand schnell zugegriffen«, mutmaßte er dann, »in einem Moment, in dem ich nicht richtig hingeschaut habe. Wie ist es? Kann das sein? Helene? «
Helene zuckte zusammen. »Warum ich?« flüsterte sie. »Warum sollte gerade ich es gewesen sein?«
Er atmete schwer. In seinem Blick lag ein Haß, der Beatrice schaudern ließ. Er wünscht sie zum Teufel, dachte sie beklommen.
»Warum gerade du?« Er trat näher an sie heran. Helene wich einen Schritt zurück. »Warum gerade du? Weil du immer nur Unheil anrichtest, Helene, weil du dein Leben lang nichts anderes getan hast, als mir Probleme zu bereiten. Von dem verdammten Tag an, an dem ich dich kennengelernt habe, gab es nichts als Schwierigkeiten mit dir. Soll ich dir etwas sagen?« Er trat noch näher an sie heran. Helene stand mit dem Rücken zur Wand, sie konnte nicht weiter zurückweichen, obwohl sie es sicher gern getan hätte. »Ich wünschte, ich wäre dir nie begegnet. Es würde mir sehr viel besser gehen, wenn ich mein Leben ohne dich verbringen könnte. Du müßtest dich einmal sehen. Als junges Mädchen hast du wenigstens
noch halbwegs appetitlich ausgesehen, aber das ist jetzt auch vorbei. Du bist nicht einmal mehr hübsch, verstehst du? Geh hinauf und schau in den Spiegel. Sei aber vorsichtig, du wirst sicherlich erschrecken. «
Helene brach in Tränen aus. Seine Vorwürfe waren ungerecht, und wahrscheinlich wußte sie das auch, aber es erschütterte sie dennoch, die harten Worte aus seinem Mund zu hören. Sie drehte sich um, rannte aus dem Zimmer. Sie hörten sie die Treppen hinaufstolpern und oben ihre Zimmertür zuschlagen.
Erich ging im Raum auf und ab, schlug die geballte Faust immer wieder in die Handfläche. Er schien heftig nachzudenken. Schließlich blieb er stehen.
»Zieh dich an!« sagte er zu Beatrice. »Wir gehen zu den Wyatts. «
»Zu den Wyatts?« wiederholte Beatrice fragend, obwohl sie ihn genau
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