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Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Titel: Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Flur erklang das leise Tappen nackter Füße, dann streckte Helene ihren Kopf in Beatrices Zimmer.
    »Bist du wach?» wisperte sie.
    Erich hatte so laut geschrien, daß niemand ihn hätte überhören können, und so widerstand Beatrice ihrem ersten Impuls, sich schlafend zu stellen und Helene mit ihrem Problem allein zu lassen.
    »Was ist denn?« fragte sie unwillig.
    »Kannst du mit hinuntergehen?« flüsterte Helene. »Erich ist, glaube ich, in einer schrecklichen Laune. Ich habe Angst vor ihm. Ich möchte nicht allein zu ihm.«
    »Er hat aber dich gerufen«, stellte Beatrice klar, »es ist ihm offenbar nicht an mir gelegen.«
    Helene sah blaß und spitz aus und hatte flackernde Augen. »Bitte, Beatrice. Er sucht nach seinen Tabletten, und er wird keine finden, das wissen wir beide. Seine ganze Wut wird sich auf mich richten! «
    Beatrice hätte ihr am liebsten erklärt, daß sie es schließlich auch gewesen war, die Erich geheiratet hatte, und daß es daher ihre Sache sei, mit seinem Charakter zurechtzukommen, aber sie unterließ es, da es keinen Sinn hatte. Es war nicht der Moment, mit Helene über ihre Beziehung zu Erich zu diskutieren.
    Die beiden Frauen liefen, in ihre Morgenmäntel gehüllt, die Treppe hinunter. Erich stand im Eßzimmer neben der schweren Anrichte aus dunklem Holz. Sein Gesicht war hektisch gerötet, er schwitzte stark und verströmte einen unangenehmen Geruch. Seine Hände zitterten.
    »Ah - gut, daß ihr beide kommt! Wir müssen die Anrichte beiseite rücken. Ich glaube, mir ist seinerzeit eine Tablettenschachtel dahintergerutscht. Sie müßte dort noch liegen.«

    »Da liegt bestimmt nichts«, sagte Beatrice, »und ich glaube kaum, daß wir das schwere Ding bewegen können.«
    »Wir schaffen das, wenn wir alle kräftig zupacken«, behauptete Erich. »Ihr geht an die eine Seite, ich an die andere. Also, los jetzt! «
    Beatrice konnte sich nicht erinnern, daß die Anrichte jemals vom Fleck gerückt worden wäre. Auch jetzt bewegte sie sich nicht, obwohl sie alle drei mit vereinten Kräften zogen und zerrten.
    »Das hat keinen Sinn«, keuchte Beatrice schließlich, »wir schaffen das nicht!«
    Erich lief der Schweiß in Strömen über das Gesicht. »Natürlich nicht, denn da drin ist ja alles vollgestellt mit Geschirr. Wir müssen die ganzen Sachen herausräumen.«
    »O mein Gott«, jammerte Helene, »das müssen Berge sein!«
    Erich riß bereits alle Türen und Schubladen auf und begann den Inhalt der Anrichte mit hektischen Bewegungen herauszuzerren. Tischdecken und Servietten flogen in die Mitte des Zimmers. Besteck folgte. Innerhalb kürzester Zeit versank der Raum im Chaos. Mit dem Geschirr war Erich zu Anfang noch vorsichtig, aber mit zunehmender Ungeduld wurde es ihm gleichgültig, ob Porzellan zu Bruch ging oder nicht. Er warf Teller und Tassen mit der gleichen Rücksichtslosigkeit hinter sich wie zuvor die Tischdecken.
    Beatrice versuchte zu retten, was zu retten war. So rasch sie konnte, räumte sie die kostbaren Gläser ihrer Mutter beiseite, gefolgt von dem Festtagsgeschirr, auf das Deborah stets mit Argusaugen geachtet hatte. Sie arbeitete schnell, konnte aber Erichs Tempo nicht mithalten. Eine große Suppenschüssel zerbarst krachend am Tischbein.
    Erich fluchte lautstark. »Gottverdammtes Zeug! Wer ist nur auf die hirnlose Idee gekommen, hier so viel überflüssigen Mist zu verstauen! Ich meine, das ist doch nicht zu fassen! Wir hätten das längst alles anders ordnen sollen!«
    Irgendwann war die Anrichte leer, und das Zimmer glich einer Schutthalde. Tatsächlich gelang es den dreien aber jetzt, das schwere Möbel von der Wand zu bewegen. Eine Menge Staub wirbelte auf, und auf der Tapete zeichneten sich dunkel die Umrisse des Schrankes ab.
    Erich quetschte sich sofort zwischen Wand und Anrichte und
wühlte im Dreck herum, als gelte es sein Leben. Er hustete und keuchte. Sein Schwitzen wurde stärker; der Gestank stieg in Wolken von ihm auf.
    »Wir müssen sie weiter zurückschieben«, sagte er und wischte sich den Schweiß von der Stirn, »wahrscheinlich liegt die Schachtel nicht direkt an der Wand.«
    »Weiter geht es nicht.« Helenes Stimme klang, als sei sie den Tränen nahe. »Da fängt der Teppich an. Beim besten Willen können wir da nichts mehr bewegen.«
    »Dann wird eben der Teppich zusammengerollt«, bestimmte Erich.
    »Auf dem Teppich steht der Eßtisch«, gab Beatrice zu bedenken. Ihr schwante, daß Erich keine Ruhe geben würde, bis nicht das ganze Zimmer

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