Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin
»aber ich bringe dich vorher nach St. Peter Port zurück.«
»Tu das«, erwiderte sie träge, und ihre Augen verschleierten sich in plötzlicher Schläfrigkeit. »Ich werde nach Hause gehen und mich ins Bett legen. Heute ist ein Tag, um zu schlafen.«
»Andere Leute arbeiten tagsüber«, sagte Alan, obwohl er wußte, daß Maja ihn nun wieder als Oberlehrer bezeichnen würde und daß sie ihn unattraktiv fand, wenn er Ermahnungen aussprach.
»Andere Leute«, sagte Maja, »schlafen dafür nachts.«
»Aha. Und du hast in der letzten Nacht nicht geschlafen?«
Die Schleier über ihren Augen verdichteten sich, und ein angedeutetes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. »Nein. Geschlafen habe ich nicht.«
Ihr Blick verriet alles. Alan versuchte gelassen zu klingen, obwohl die Eifersucht ihm von einer Sekunde zur anderen die Luft abschnürte und wie ein Gift seinen Körper und seine Seele durchzog. »Dann hattest du wohl Gesellschaft.«
Ihr Lächeln vertiefte sich. Sie reckte sich ein wenig, glich einer Katze, die behaglich in der Sonne ruht. »Die hatte ich. Weißt du, das Leben...« Sie neigte den Kopf zur Seite, schloß für einen Moment die Augen, »das Leben ist unheimlich schön und spannend.«
Mit einer heftigen Bewegung drehte er den Zündschlüssel um und ließ den Motor an. »Wie gut, daß du so empfindest, Maja. Ich freue mich für dich.«
Sie lachte wieder, und dann neigte sie sich plötzlich vor, brachte ihr Gesicht dicht an die Windschutzscheibe.
»Ist das nicht Kevin da draußen?« fragte sie überrascht.
Tatsächlich tauchte Kevin gerade zwischen den hohen Mauern auf, die den Strand zum Festland hin abschirmten. Der Sturm schien ihn fast davonzublasen, und die Feuchtigkeit in der Luft hatte ihn bereits völlig durchweicht. Dieser Anblick war deshalb so erstaunlich, weil es Kevin nicht im mindesten ähnlich sah, in Sturm und Regen auch nur einen Fuß vor die Tür zu setzen. Er haßte es, nass zu werden, ungepflegt und durchweicht auszusehen.
»Eigenartig«, meinte Maja, »was macht er denn hier? Ich kann mir nicht vorstellen, daß es ihn heute zu einem Strandspaziergang getrieben hat.«
»Was er da tut, ist nicht ganz ungefährlich«, sagte Alan, »es schlagen ziemlich hohe Brecher in die Bucht.«
»Vielleicht hat er sich mit einem Lover getroffen und es mit ihm in irgendeiner Felshöhle getrieben«, mutmaßte Maja. Sie öffnete die Tür an ihrer Seite, stemmte sie mühsam auf und schrie: »Kevin! He, Kevin, wo kommst du denn her?
Der Wind riß ihr die Worte vom Mund und teilte sie in unhörbare Fetzen. Aber Kevin war gerade vor der Mühle angelangt, hob den Blick und sah das Auto. Er zuckte zusammen, starrte den Wagen so erschrocken an, als habe er eine Erscheinung. Dann kam er vorsichtig näher.
Maja fuchtelte wild mit den Armen. »Kevin!«
Er hatte das Auto erreicht und erkannte nun, wer darin saß. Der Ausdruck des Erschreckens auf seinem Gesicht legte sich.
»Maja! Alan!« Er war kaum zu hören im Tosen des Sturms. »Warum steht ihr hier herum?«
»Steig ein!« brüllte Maja. »Du holst dir ja eine Lungenentzündung! «
Kevin öffnete die hintere Wagentür und sank auf den Rücksitz. Sein Atem ging schwer und keuchend.
»Lieber Himmel«, stieß er hervor, »was für ein Scheißwetter!«
»Was haben Sie denn am Strand gemacht?« fragte Alan und steuerte das Auto vorsichtig die enge, gewundene Straße hinauf. Kevin strich sich die nassen Haare aus der Stirn. »Ich mußte raus. Mir fiel die Decke auf den Kopf. Da dachte ich, ich laufe einfach ein bißchen am Meer entlang. «
»Also Kevin, entweder bist du krank, oder es stimmt sonst etwas nicht mit dir«, sagte Maja. »Bei dir darf doch eigentlich keine Wolke am Himmel sein, damit du dich aus deinen vier Wänden wagst.«
»Wie du siehst, hast du einen völlig falschen Eindruck von mir, liebe Maja«, sagte Kevin, und er klang ungewöhnlich bissig. »Ich bin nicht die verweichlichte Tunte, die du offenbar in mir siehst.«
Oho, dachte Alan, dem ist aber heute eine Laus über die Leber gelaufen!
Er musterte Kevins Gesicht im Rückspiegel. Kevin sah blaß, angespannt und sehr erschöpft aus. Von dem heiteren Charme, der sonst charakteristisch für ihn war, war nichts zu bemerken. Seine Lippen preßten sich zu einer schmalen Linie zusammen.
»Du bist wohl mit dem falschen Fuß aufgestanden«, sagte Maja und lachte. »Wie bist du überhaupt herhergekommen? Wo steht dein Auto?«
»Ich bin mit dem Bus gefahren.«
»Mit dem Bus? Aber
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