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Die rote Antilope

Die rote Antilope

Titel: Die rote Antilope Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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nackt, nur mit einem dünnen Tuch zugedeckt, und er schätzte, daß sie nicht älter war als sechzehn. Er legte sich in die Hängematte und hörte sie unter sich atmen. In dieser Nacht schlief er sehr unruhig. Schlummerte erst in der Morgendämmerung ein. Als er die Augen wieder aufschlug, war sie verschwunden. Er fragte Andersson, wer sie sei.
    - Ich habe sie zu Ihnen geschickt. Sie können nicht länger ohne Frau sein. Sonst fangen Sie an, sich merkwürdig zu benehmen.
    - Ich möchte mir die Frau selber aussuchen.

    - Sie bleibt, bis Sie sich entschieden haben. Und sie will es selber so.

    Anderssons Antwort ärgerte ihn. Aber er ließ sich nichts anmerken.
    Auch während der nächsten Nacht schlief er noch in der Hängematte, mit der Frau unter sich auf dem Boden. In der dritten Nacht legte er sich an ihre Seite, und von da an verbrachte er jede Nacht auf dem Fußboden. Sie war sehr warmherzig, besaß eine Art von stiller Zuneigung, die ihn verwunderte, da er so etwas von Matilda nic ht kannte. Sie war die ganze Zeit ernst, hielt die Augen geschlossen und streifte nur gelegentlich mit den Händen seinen Rücken.
    Es war, als würde sie stets in dem Moment einschlafen, in dem er zum Orgasmus kam.

    Sie hieß Benikkolua, und er hörte sie nie weinen. Hingegen sang sie fast immer, wenn sie sein Zimmer saubermachte, seine Kleider ausschüttelte und vorsichtig seine Papiere auf dem Schreibtisch ordnete, den er von Andersson bekommen hatte.
    Er wollte, daß sie ihn ihre Sprache lehrte. Nicht zuletzt diese eigenartig klickenden Laute. Er deutete auf verschiedene Gegenstände, und sie sprach die Worte aus. Er schrieb sie auf, und sie lachte, wenn er versuchte, sie zu nachzuahmen.

    Jede Nacht glitt er in sie hinein, und er fragte sich, wer er eigentlich war. Für sie. Beging er einen Übergriff, oder war sie aus freiem Willen da? Bezahlte Andersson sie mit etwas, von dem er nichts wußte?
    Er sprach Andersson darauf an. Aber dieser wiederholte nur, sie sei hier, weil es ihr eigener Wunsch sei.
    Anderssons Liebesleben schien dagegen sehr kompliziert. Er hatte eine Frau in Kapstadt, die ihm drei Kinder geboren hatte, eine weitere Familie auf dem fernen Sansibar sowie mehrere Frauen, die in unregelmäßigen Abständen durch die Wüste gewandert kamen, um eine oder mehrere Nächte mit ihm zu verbringen.

    Alle diese Frauen waren selbstverständlich schwarz. Bei einer Gelegenheit, als sie beim Essen saßen, fing Andersson plötzlich an, von einer Pfarrerstochter in Vänersborg zu reden, in die er verliebt gewesen sei, als er jung war. Aber er verstummte genauso abrupt, wie er angefangen hatte.

    Am nächsten Tag verschwand er in die Wüste, um Elefanten zu jagen.
    So vergingen neun Monate. Dann fand Bengler endlich sein Insekt. Es war ein unscheinbarer Käfer, den er nicht identifizieren konnte. Da er kurze, möglicherweise gar nicht entwickelte Fühler besaß, war er nicht einmal sicher, ob es wirklich ein Käfer war. Aber als er ihn in sein Glas steckte und den Deckel zuschraubte, war er davon überzeugt.
    Er hatte es geschafft. Er müßte nun also nach Schweden zurückkehren und diese Neuentdeckung in den wissenschaftlichen Journalen bekanntgeben.
    Bei diesem Gedanken geriet alles in ihm in Aufruhr. Woher sollte er die Kraft zur Heimkehr nehmen? Und zu was heimkehren?

    Den Käfer hatte er bei einer Expedition gefunden, die es mit sich gebracht hatte, daß er Nya Vänersborg zwei Wochen lang fernblieb.
    Als er zurückkehrte, fand er Andersson im Laden. Eine Wagenladung mit Salz war eingetroffen.

    Aber als er zur Tür hereintrat, war da noch etwas anderes. Auf dem Boden stand etwas, das aussah wie ein Verschlag. Darin lag ein Junge und starrte ihn an, als er sich vorbeugte und hineinspähte.

    7

    Als er den Jungen in dem Verschlag sah, war es, als würde er sich selber sehen. Warum, wußte er nicht. Trotzdem war er sich sicher. Der Junge, der da lag, war er selber. Bengler blickte fragend zu Andersson hin, der Geijer gerade anwies, wie er die Salzsäcke stapeln sollte, um sie vor der Feuchtigkeit zu schützen, die auf eigentümlichen Wegen sogar diesen fernen Außenposten mitten in der Wüste erreichte.
    - Was ist das? fragte er.

    - Ich habe ihn im Tausch gegen einen Mehlsack bekommen.
    - Warum liegt er hier?

    - Ich weiß nicht. Irgendwo muß er ja sein.
    Bengler fühlte, wie Ärger in ihm hochstieg. Andersson und sein verdammtes Salz. Während ein Junge auf dem Boden einer schmutzigen Kiste lag.
    - Wer ist das, der

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