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Die rote Antilope

Die rote Antilope

Titel: Die rote Antilope Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Diener machen und seine Worte sagen sollte.
    - Ich heiße Daniel. Ich glaube an Gott.
    - Du sprichst zu schnell. Außerdem klingt das Wort Gott nicht richtig. Es klingt wie Gut. Es heißt Gott.

    - Gut.
    - Noch einmal. Gott.

    - Gut.
    - Noch einmal.
    Daniel übte, bis Vater zufrieden war.

    An diesem Tag aßen sie nichts anderes als etwas trockenes Brot und tranken Wasser. Als sich der Abend näherte, kleideten sie sich an. Vater bürstete sich lange die Haare und inspizierte Daniels Nägel.
    Es war bereits dunkel, als sie das Zimmer verließen. Daniel merkte, daß Vater unruhig war und beschloß, alles genau so zu machen, wie es ihm aufgetragen war. Wer Vater war, wußte er nicht, ebensowenig, warum er ihn mitgenommen hatte, aber er hatte es nicht aus böser Absicht getan.
    Er hatte auch beschlossen, daß er von sich aus einen Vorschlag machen würde, in welcher Bergwand sie wohnen sollten. Das hatte er bisher noch nie getan. Jetzt würde er erklären, daß er sich am wohlsten fühlte, wenn sie so wohnten, daß er das große Wasser sehen konnte.

    Sie blieben an einer Tür stehen, vor der Fackeln brannten. Ein kleiner Mann mit hohem Hut erwartete sie. Er starrte Daniel mit erschrockenem Entzücken an.
    - Es wird bestimmt ein Erfolg, sagte er. Etwas Derartiges hat der Arbeiterverein »Die Fackel« noch nie präsentieren können. Furchterregende Insekten und dieses schwarze Kind. Ein richtiger Hottentotte.

    Der Mann beugte sich dicht zu Daniel vor, um ihn zu studieren. Seine Augen waren gelb, und der Schweiß lief ihm von der Stirn.
    - Der Junge soll gut behandelt werden, sagte Vater. Er ist schwarz. Aber er ist ein Mensch.

    - Natürlich. Ein richtiger Mensch. Man ist sehr gespannt auf Ihren Vortrag.

    Der Mann öffnete die Tür. Sie betraten ein Zimmer mit vielen Stühlen, die noch leer waren. Auf einem Podium stand ein Tisch mit einem grünen Tuch und daneben ein Rednerpult, von dem die Standarte des Vereins, eine halbnackte Frau mit einer Lampe in der Hand, herabhing.

    - Die Vorstandsmitglieder des Vereins kommen bald, sagte der Mann mit einer Verbeugung. Sie nehmen gerade ihr Abendessen ein.

    - Wer ist im Vorstand?
    - Oberforstmeister Renström, Freiherr Hake und als Sekretär der Notar Wiberg. Auch der Gründer des Vereins, Oberst Håkansson, hat seine Teilnahme angekündigt. Wir rechnen mit vielen Besuchern.

    - Und die Arbeiter?
    - Die kommen auch. Zumindest ein Schmied.

    - Aber es ist doch ein Arbeiterverein? Für die Bildung und Erbauung des mittellosen Volkes?
    - Natürlich. Oberst Håkansson hat auf diesen Punkt großen Wert gelegt.
    - Aber wenn sie nun nicht kommen. Der Mann breitete die Arme aus.
    - Dann ist das dem Oberst kaum anzulasten. Er hat den besten Willen gezeigt.

    - Das klingt nach der üblichen Ausflucht. Man gründet einen Arbeiterverein, zu dem die Arbeiter keinen Zutritt erhalten.

    - Wir hindern niemanden zu kommen.
    - Aber ihr fordert auch keinen auf. Der Schmied sitzt hier als eine Ausnahme. Wer ist er?
    - Er arbeitet in einem Eisenhüttenwerk des Freiherrn Hake in Roslagen.
    - Aber das Publikum? Es sollte doch voll werden?

    - Eine Anzahl Leutnants. Frauenzimmer sind natürlich nicht zugelassen. Der eine oder andere Journalist, der ein geeignetes Thema für einen Artikel sucht. Es wird sich schon füllen. Es gibt so viele Leute, die planlos herumlaufen, und plötzlich sitzen sie hier.

    Nach einer halben Stunde war der Saal fast voll. Vater hatte seine Insekten ausgepackt und sie mit einem Leintuch bedeckt. Daniel saß auf einem Stuhl in der Ecke und übte seinen Satz. Er befand sich jedoch im Dunkeln, da Vater auch über ihn ein Tuch gebreitet hatte, als die Leute draußen im Vorzimmer ungeduldig zu stampfen begannen.
    - Wir werden sie überraschen, hatte er gesagt. Ich werde dich enthüllen. Sie sehen die Konturen eines Menschen unter dem Leintuch. Und wenn ich die Hülle wegziehe, gibt das einen großen Effekt.

    Daniel hörte, daß Menschen in den Saal kamen, die Stühle zurechtrückten, lachten und husteten. Der Geruch im Zimmer hatte sich verändert, es hatte sich mit dem Duft von Feuchtigkeit und Tabak gefüllt. Er schloß daraus, daß es zu regnen angefangen hatte. Hin und wieder hatte Vater ihm etwas zugeflüstert.
    - Bald haben wir volles Haus. Es fehlen nur noch ein paar Plätze ganz hinten im Raum. Übe deinen Satz.

    - Ich heiße Daniel. Ich glaube an Gut.
    - Gott. Nicht Gut.

    - Ich glaube an Gott.
    - So ist es besser.
    Daniel hörte, daß Vater nervös war. Er redete

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