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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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fortgeschritten und sie hofft, der Earl möge
sie einfach vergessen haben.
    Sarah liest auf dem Wege zu
Joan fürsorglich die beiden Stücken Fußleder ihres Sohnes auf. Lächelnd kommt
sie an ihre Seite und stellt ein Talglicht vor ihr auf den Tisch. Etliche davon
hat sie bereits in einer langen Linie aneinandergereiht, so dass das Licht die
vielen verstreuten bunten Blütenblätter auf dem Tisch wunderschön zur Geltung
bringt. Sie setzt sich schließlich neben Joan und legt die Fußleder neben sich
über die Bank.
    Joan nimmt ihre Hände. „Ich
danke dir für diesen Tag.“
    Sarah winkt ab. „Das ist doch
selbstverständlich, wenn der einzige Sohn die Wunschschwiegertochter nach Hause
bringt“, erwidert sie mit warmherzigem Lächeln und wirft den Kopf etwas nach
hinten, um sich eine lange, dunkelblonde Lockensträhne aus dem Gesicht zu
fördern. Joan erwidert ihr Lächeln wobei sie denkt, dass ihre Schwiegermutter
noch immer eine schöne Frau ist.
    „Du bist so nervös“, bemerkt
Sarah, während sie auf Joans rechtes Bein blickt, welches diese unbewusst auf
die Fußspitze gestellt hat und unablässig auf und ab federn lässt.
    Joan unterlässt es
augenblicklich. „Dir bleibt wohl nichts verborgen?“
    Sarah blickt sie nachdenklich
an. „Jacob gebart sich noch viel ärger. ... Ich kenne meinen Sohn. Die
Aufregung vor der Hochzeitsnacht wird es wohl kaum sein. ... Ich mache mir
allmählich Sorgen.“
    Joan lässt Sarahs Hände los und
sieht weg auf ihre tanzenden, vergnügten Gäste. Ihr Blick geht dabei ins Leere.
Es wäre nicht anständig, Sarah eine Erklärung schuldig zu bleiben, sie gar zu
belügen. „Ich werde möglicherweise im Anschluss auf die Burg gebeten“, bedeutet
sie ihr mit belegter Stimme und wendet sich Sarah wieder zu, als diese ihr eine
Antwort schuldig bleibt.
    Sarah betrachtet sie nun
ahnungsvoll und nickt. „Jetzt verstehe ich“, entgegnet sie, nimmt Joans Hände
wieder auf, um diese innig zu drücken. „Nimm es nicht so schwer. Du wirst es
schnell wieder vergessen.“
    „Das glaube ich weniger“,
erwidert Joan herber, als sie beabsichtigte, und weicht Sarahs mitfühlendem
Blick aufgelöst aus.
    „Glaube mir. Es erging mir mit
deinem Vater ebenso“, offenbart ihr Sarah mit verbittertem Schniefen.
    Joan zieht bestürzt die Luft
ein.
    Sarah legt ihr die Hände in den
Schoß, wobei sie die Schultern zuckt. „Nun ja. Immerhin war er ein guter
Liebhaber. Das sind sie vermutlich alle bei dem Verbrauch an jungen Weibern.“
    „Es tut mir leid, Sarah“,
flüstert Joan todunglücklich.
    „Pah, du kannst ja nichts
dafür! ... Und nun lass’ den Kopf nicht hängen. Womöglich ist er gar nicht mehr
interessiert“, versucht Sarah, sie zu trösten. Ihre Aufmerksamkeit wird vom
lauten Weinen ihrer kleinen Enkeltochter abgelenkt, welche weiter vorn böse
über eine Baumwurzel gestürzt ist. Sie erhebt sich daraufhin, drückt Joan noch
einmal aufmunternd die Schulter und geht zu dem Kind.
    Joan blickt verstohlen zu Jacob
hinüber, der mit zwei jungen Mädchen tanzt und augenscheinlich seinen Spass
dabei hat. Alice verstellt ihr plötzlich die Sicht.
    „Welch herrliches Fest, Joan“,
ruft sie aus. „Und du siehst wirklich glücklich aus. ... Ihr seid ein so
schönes Paar.“ Lachend umarmt sie Joan. „Du scheinst verliebt“, murmelt sie
unter verschmitztem Zwinkern.
    Joan indes seufzt mit gehobenen
Brauen. „Der Schein trügt dich. … Womöglich wird es ja nach unserer
Hochzeitsnacht besser. Momentan jedoch empfinde ich immer noch nicht mehr für
ihn, als für einen meiner Brüder“, entgegnet sie versonnen. Dann wird sie
stutzig. Als sie ihre letzten Worte noch einmal überdenkt, schlägt sie entsetzt
eine Hand vor den Mund und starrt Alice mit schreckgeweiteten Augen an. Diese
jedoch späht abgelenkt über Joan hinweg, um unversehens freudig in die Hände zu
klatschen.
    „Joan, mein Bruce kommt
vorbei!“
    „Bruce“, fragt sie
gedankenversunken, wobei sie sich zerstreut umwendet. Zwei Reiter kommen
gemächlich auf sie zu.
    „Der Rechte ist es“, flüstert
Alice. Doch Joan überhört es, fährt stattdessen erschreckt hoch. Alle Farbe ist
ihr aus dem Gesicht gewichen. Mit Entsetzen starrt sie den beiden Männern
entgegen. Diese führen ein drittes, noch unbemanntes Pferd mit sich und sie
weiß genau, für wen es bestimmt ist. Hastig dreht sie sich nach Jacob um, der
zu ihrer Erleichterung noch nichts bemerkt hat und unbeschwert tanzt. Ihr
begegnet Alices fragender Blick. „Sie

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