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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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ihr
aufmunternd mit einem seiner Bundschuhe gegen die nackten Füße.
    Sie schaut ihn bedrückt an.
„Vielleicht reicht deine Liebe ja für uns beide.“
    Versonnen streicht er ihr eine
lose Haarsträhne aus dem Gesicht. Dann zeigt er lächelnd seine strahlend weißen
Zähne. „Jetzt mach dir nicht solche Gedanken. Wie viele Menschen heiraten nicht
aus Liebe und entwickeln sie dann oft trotzdem füreinander. ... Ich will morgen
eine glückliche Braut haben.“
    Sie atmet bei dem Gedanken an
den morgigen Tag tief durch. „Was wollte gestern eigentlich der Earl hier?“
    „Wie kommst du jetzt darauf“,
fragt er sichtlich überrascht zurück, schließt jedoch aus ihrem beharrlich
fragenden Blick, dass er ihr zuvor die schuldige Antwort geben muss. Er kennt
ihre selbstbewusste Art, diese fehlende Scheu einem Mann gegenüber, nun zur
Genüge, und auch das macht sie für ihn so überaus anziehend und reizvoll.
    „Er hat die Mühle mit seinem
Steward in Augenschein genommen und mich ausgefragt, was sie so abwirft.“
    „Weiter nichts“, fragt sie
hoffnungsvoll.
    „Was hast du erwartet?“
    Seufzend überlegt sie, ob sie
sich ihm anvertrauen soll. Dann blickt sie ihm gefasst ins Gesicht. „Er will
sein Recht auf meine Hochzeitsnacht geltend machen“, offenbart sie ihm
schonungslos und beobachtet, wie sich seine Augen vor Entsetzen weiten.
Irritiert legt er eine Hand auf sein struppiges Haar, um sie einen Moment
später kraftlos ins Gras fallen zu lassen.
    „Oh verdammt“, raunt er
niedergeschlagen. Unter einem plötzlichen, wütenden Aufschrei stemmt er jedoch
die geballten Fäuste ungehalten ins Gras. Vor Fassungslosigkeit kommt ihm kein
weiteres Wort über die Lippen. Er springt auf und starrt erschüttert auf Joan
hinab, die sich nun ebenfalls erhebt und abwartend zu ihm aufsieht. Ernüchtert
wendet er sich von ihr ab, um den Blick über den Fluss schweifen zu lassen.
„Ich schwöre, ich bringe ihn um!“

Das Recht auf
die erste Nacht
    Joan lässt
sich lachend erschöpft auf einem Schemel an der langen Hochzeitstafel nieder.
Ihr herrliches, gewelltes Haar fällt ihr lose bis zu den Hüften herab. Bunte
Bänder wurden ihr mit Segenswünschen hineingeflochten. Um ihren Kopf windet
sich ein Kranz aus Rosmarien. Sie nimmt die Arme etwas nach oben und schüttelt
sie, so dass ihr die weiten Ärmel ihres schneeweißen, leinenen Hochzeitskleides
nach unten bis zu den Ellenbogen fallen. Das Kleid ist tailliert und am
Ausschnitt sowie an den Ärmelbündchen mit Blumenornamenten bunt bestickt. Es
reicht ihr bis zu den Knöcheln und ist das alte Brautkleid von Sarah, ihrer
Schwiegermutter. Sie sieht atemberaubend darin aus und weiß das auch. Zur Feier
des Tages trägt sie ihre alten Schlupfschuhe aus dünnem Leder. Diese trotzten
der plötzlich bäuerlichen Lebensweise bis zum heutigen Tage nur durch seltene
Benutzung, wobei Joan sie gegen eine allzu schnelle Abnutzung dann
wechselseitig trug. Der Schemel kippelt im Gras und sie muss Acht geben, nicht
mit ihm umzufallen.
    Sie hatten sich vor dem
Dorfältesten das Jawort gegeben, sich mit einem Becher Wein zugetrunken, um
ihren Bund zu besiegeln. Der Brautraub bereitete ihr höllischen Spaß. Jacob
musste sie, nachdem er sie freigekauft hatte, zur Belustigung aller eine
Ewigkeit an den unsinnigsten Orten suchen und fand sie schließlich an die alte
Dorflinde gebunden vor. Dann aßen und tranken alle aus dem Dorf beinahe schon
maßlos an der langen Tafel und tanzen nun ausgiebig und angeheitert von Cidre und
Ale nach der Fidel. Ein jeder von ihnen hatte sein Bestes gegeben, um auf die
Schnelle ein schönes Fest zu gestalten. Zum Dank dafür erwarten sie kleine
Präsente, zumeist Nützliches für den täglichen Gebrauch.
    Jacob kommt auf sie zu, um sie
zu einem ausgelassenen Sprungtanz hochzuziehen. Joan hingegen hebt zur Abwehr
die Hände. „Lass mir eine Pause“, fleht sie lachend, worauf er grinsend nickt.
Eilig bückt er sich, um noch die Verschnürungen der Bundschuhe an seinen
Knöcheln zu lösen, bevor eine von Alices Schwestern kichernd bei ihm anlangt.
Ungestüm zerrt sie ihn am Arm weg, so dass er sich auf einem Bein hüpfend des
zweiten Schuhs entledigen muss.
    Mit einem Lächeln holt Joan
tief Luft und betrachtet das Geschehen. Sie ist wirklich glücklich an diesem Tag.
Insgeheim hatte sie mit Jacob abgemacht, nicht mehr an den Earl zu denken. Er
sollte keinen Schatten auf ihr Fest werfen. Es ist gegen ihre Bedenken
geglückt. Der Tag ist schon weit

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