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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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plötzlich grob im Genick gepackt. Ihr hünenhafter Gegner
zerrt sie zurück, schlägt ihr das Schwert mit einem einzigen Hieb aus der Hand
auf dass sie glaubt, er hätte ihr das Gelenk gebrochen. Er dreht ihr mit der
Fläche seiner Klinge das Gesicht zur Seite, damit sie ihn ansieht. Die Arme hat
er ihr mit nur einer Hand schmerzhaft auf den Rücken gebogen. Ihr kleiner
Ausfall konnte nicht bewirken, dass ihm das Grinsen verging. Für den
Schwertstich in sein Bein rächt er sich nun mit einem Fausthieb, der ihr den
Mundwinkel aufreißt und sie glauben lässt, ihr Unterkiefer wäre
unwiederbringlich hinüber.
    „Du bist eine Thornsby“, ruft
er donnernd. Sein Triumph ist unüberhörbar. Siegessicher packt er sie am Arm.
Nicht zum ersten Male verflucht sie ihre Ähnlichkeit mit ihrem Vater. Lammfromm
lässt sie sich von ihm zur Halle stoßen, wartet auf eine günstige Gelegenheit.
Um sie herum ist es plötzlich seltsam ruhig geworden. Seine Leute sind
erwartungsvoll stehen geblieben und starren sie an.
    „Chardon! Schau her, welch
Täubchen ich fing!“ Seine Stimme wird vom Helm gedämpft, woraufhin er diesen
behände abnimmt und einem seiner Männer in die Arme wirft. Sein schallendes
Lachen dröhnt ihr in den Ohren. Ihr Blick wandert direkt in Malcoms entsetzt
aufgerissenen Augen. Bedächtig zieht er seine Waffe aus einem am Boden
liegenden Mann und richtet sich auf. Gerold, Nigel, Raymond und seine
Waffenknechte haben ihre Schwerter gesenkt und blicken verstört zu ihr herüber.
Letztere hatten gar schon siegessicher damit begonnen, die feindlichen Leichen
zu plündern.
    Joan senkt gedemütigt den Blick
auf das Bodenstroh der Halle. Vor Scham würde sie am liebsten im Erdboden
versinken.
    „Sind das die ritterlichen
Taten, derer du dich so großmäulig rühmst“, entgegenet Malcom höhnisch.
    Verstohlen äugt sie zu ihm
hinüber. Sein Gesicht ist aschfahl geworden. Er vermeidet jeglichen Blick mit
ihr.
    „Der Zweck heiligt bekanntlich
die Mittel“, erwidert ihr Peiniger schneidend. Darauf verfällt er wieder in
sein höhnisches Lachen, in welches dieses Mal seine Männer selbstsicher
einfallen. Er räuspert sich. „Nun mach schon! Ray im Austausch gegen seine
schöne Tochter. ... Oder liegt sie dir etwa nicht mehr am Herzen?“
    Malcom zieht hörbar die Luft
ein und bedenkt sie mit einem schmerzverzerrten Blick. Raymond neben ihm regt
sich, worauf er ihm die Klinge seines Schwertes gegen den Bauch drückt, um ihn
daran zu hindern, auf Joan zuzugehen. „Lass es uns durch einen Zweikampf
entscheiden“, schlägt er daraufhin vor, erntet jedoch ein belustigtes Kichern
seines Gegenübers.
    „Im Leben nicht. Meine jetzige
Lage gefällt mir viel besser.“
    „Deine Männer folgen einem
feigen Hund, wie mir scheint“, erwidert Malcom daraufhin herausfordernd und
spuckt beleidigend aus.
    „Gib Acht, was du sagst“, kommt
die warnende Antwort.
    „Lass sie gehen!“ John steht
wie aus dem Nichts aufgetaucht plötzlich in der Nähe.
    „Ha, Blesterville! Du hast
schlampig gearbeitet“, rügt ihr Peiniger, was John entsetzt zu Malcom
hinüberblicken lässt. Dieser sieht ihn reglos an.
    Joan spürt, wie ihr das Haar
auf dem Rücken zusammengestrichen und unsanft ergriffen wird. Daran zieht ihr
der Hüne den Kopf nach hinten. Ihre Arme hat er losgelassen. Zu ihrem
grenzenlosen Ekel leckt er ihr unter dem anfeuernden Grölen seiner Männer übers
Gesicht. Es lässt ihren bis dahin fieberhaft arbeitenden Geist kurz aussetzen.
Umso gegenwärtiger kommt er jedoch wieder zu sich. Sie reagiert blitzschnell,
zieht ihren Dolch am Gürtel über dem Surkot. Statt ihm diesen in den Leib zu
rammen, der offenbar eine hohe Schmerzgrenze hat, durchtrennt sie mit einem
einzigen Schnitt geschwind ihr Haar kurz oberhalb seiner Faust und hechtet von
ihm weg. Zu ihrem Entsetzen stürzt sie über sein gestelltes Bein. Sie kugelt
zur Seite. Doch er hat ihr nachgesetzt, ist bereits nahe bei ihr. Seine
umstehenden Männer sind offenbar zu verdutzt für eine hilfreiche Regung. Joan
zögert nicht. Sie zielt und ihr Dolch bohrt sich ihm einen halben Atemzüg
später bis zum Schaft in den ungeschützten Hals.
    Grenzenlos erstaunt blickt er
sie an, betastet die Waffe in seinem Hals, die im Takt seines Herzschlages
zuckt. Der Lebenssaft spritzt ihm in einer tiefroten Fontäne pulsierend aus der
Wunde, als er den Dolch mit einem Ruck herauszieht. Schwerfällig geht er auf
die Knie, verdreht die Augen und fällt ungebremst nach vorn aufs

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