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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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Gesicht.
Hastig krabbelt Joan auf allen Vieren rücklings von seinem reglosen Körper weg.
Um diesen bildet sich zusehends eine Blutlache. Sie will unverzüglich auf die
Beine kommen, um aus der Reichweite des nun scheinbar führungslosen Gegners zu
gelangen. Mit wutverzerrten Gesichtern scheinen die Männer drauf und dran, sich
auf sie stürzen zu wollen. Doch plötzlich besinnen sie sich und ergreifen die
Flucht. An Joan stürmen unzählige paar Beine vorüber, die es mit der Verfolgung
aufgenommen haben. Als ein Paar dicht neben ihr stehen bleibt, blickt sie auf.
    „Hast du nun endlich genug“,
fragt Amál grinsend, während er ihr die Hand entgegenstreckt. Aufatmend
ergreift sie diese und lässt sich von ihm auf zwei Beine hochhelfen, die noch
nicht gewillt scheinen, ihren Dienst sofort wieder gehorsam aufzunehmen. Ihr
schlottern die Knie.
    Amál hebt eine Braue, um seiner
spöttelnden Miene zusätzlichen Ausdruck zu verleihen. Daraufhin legt er ihr
seufzend einen Arm um die Taille und stützt sie hinüber zur Wand. „Endlich
einmal ein weiblicher Zug“, feixt er mit erhobener Stimme, um den erneuten
Kampftumult zu übertönen.
    Joan lehnt gegen die Wand.
Erschöpft gleitet sie an dieser hinab in den Sitz, legt den Kopf mit halb geschlossenen
Augen an die unverputzten, rauen Steine. Für heute hat sie wahrlich genug!
    Amáls versonnene Miene taucht
neben ihr auf. Erst jetzt bemerkt sie, dass er über und über mit Blut besudelt
ist. „Sehe ich ebenso blutrünstig aus“, fragt sie matt.
    Er grinst. „Wie die leibhaftige
Baobhan-Sith.“
    Joan schließt die Augen. „Oh
vielen Dank“, brummt sie und hört ihn lachen.
    „Wieso? Ich finde den Vergleich
überaus zutreffend. Nicht anders stellen sich doch unsere zuverlässigsten
Erzfeinde ihre blutsaugende, verführerische Sagenschönheit vor, die arglosen
Jünglingen den Tod bringt. Ein in Grün gekleidetes Mädchen mit goldenen
Locken.“
    Sie blinzelt belustigt zu ihm
hinüber.
    „Zugegeben“, meint er Schultern
zuckend und zupft ihr an einer Locke. „Solch abgesäbelte Fransen können sie
schwerlich damit gemeint haben.“
    Sie seufzt gedehnt.
„Schottische Dichtkunst“, säuselt sie. „Was kann man da schon erwarten.“
    Er wiegt den Kopf. „Hat schon
was für sich. Die Männer, die dich lieben, sind wahrlich nicht zu beneiden.“
    Joan runzelt die Stirn. „Was
redest du da!“
    Amál hingegen lacht
unbeschwert. „Nun, es sind derer doch sicher einige, oder? Trittst du ihnen
ebenfalls unvermittelt in die Eier und machst sie einen Kopf kürzer?“
    Ihre Augen verengen sich zu
zwei Schlitzen. „Das hängt davon ab, ob sie unverschämt werden“, erwidert sie
grantig, woraufhin er eine Hand über seinen Mund gleiten lässt, um sich das
Grinsen aus dem Gesicht zu wischen. Ob ihrer strafenden Blicke kehrt es jedoch
prompt wieder zurück.
    Mit einem betont gelangweilten
Seufzer macht sie Anstalten, sich zu erheben, wird von ihm jedoch unverzüglich
an der Schulter wieder nach unten gedrückt. „Du wirst schön artig an meiner
Seite bleiben, verstanden? Noch einmal entwischst du mir nicht.“ Er übersieht
ihre schmähende Miene und blickt nach vorn auf das Kampfgeschehen, das sich
allmählich seinem Ende zu neigt. Malcom und seine Männer haben Percys Leute
weitestgehend vertrieben oder getötet. „Er wird mir die Leviten lesen“, murmelt
Amál.
    „Fürchtest du ihn etwa“, fragt
sie höhnisch, doch es entlockt ihm ein schlappes Lächeln.
    „Ich fürchte mich nicht vor
IHM“, betont er vieldeutig.
    Seine belustigte Miene lässt
sie zu Recht eine neue Spitze wittern. „Was kann man mehr fürchten als eine
schöne Frau, die plötzlich aus dem Handgelenk heraus die kräftigsten Kerle
niedermetzelt?“
    Joan rollt mit den Augen,
verfällt dann jedoch ganz ungewollt ob seines irgendwie doch charmanten Witzes
in ein vergnügtes Kichern. Es endet in einem befreienden Lachen. Dieses klingt
ihr auf eigenartige Weise fremd und lässt sie ein wenig bitter feststellen,
dass sie schon sehr lange nicht mehr gelacht hat.
    „Dein Lachen ist bezaubernd“,
sinniert er.
    Sie blickt amüsiert auf. „Oh,
mir scheint, du bist ein durchtriebener, geübter Charmeur, Amál. Wie vielen Frauen
machst du täglich den Hof?“
    Er scheint verblüfft, versucht
dann erfolglos, ein Grinsen zu unterdrücken, welches wohl zu seiner Wesensart
gehört und hebt abwehrend die Hände. „Darauf verstehe ich mich nicht im
Geringsten“, erwidert er mit unschuldiger Miene, die ihn

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