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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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Die
Kräuter müssen noch verarbeitet werden und sie war schon wieder schwimmen. Die
Leute schüttelten nur abschätzig den Kopf über Joan. Hier vermag niemand zu
verstehen, wie man sich freiwillig in tiefes Wasser begeben kann. Keiner in
Thornsby ist in der Lage, zu schwimmen. Traurig denkt sie wieder an ihren
Vater, der sie unter anderem diese Kunst vor langer Zeit einmal lehrte.
    Plötzlich reißt sie ein dumpfes
Dröhnen aus ihren schwermütigen Gedanken. Reiter! ... Und nicht wenige, aus der
Staubwolke zu schließen, welche Joan erst jetzt gewahrt. Noch ein gutes Stück
trennt sie vom Ufer und dem schützenden Schilf, so dass sie hastig losschwimmt.
Mit Reitern hatte sie hier nicht gerechnet. Es ist lange her, dass das
ländliche Idyll der Baronie durch das Donnern von Pferdehufen gestört wurde.
Joan betet, dass es nicht wie beim letzten Male von schottischen Pferdehufen
herrührt. Ein Einfall des verhassten, gefürchteten Erzfeindes wäre verheerend,
überdies gänzlich ohne den Schutz durch einen wehrhaften Dienstherrn mit
kampferprobten Männern. Ängstlich blickt sie zur Seite in Richtung der sich
nähernden Staubwolke, deren Verursacher sie nicht erspähen kann, weil das
hinter dem Ufer befindliche Gebiet aufgrund seiner niedrigeren Lage nicht
einsehbar ist. Gerade, als Joan das rettende Schilf erreicht, klingt das
Dröhnen mit einem Male ab. Doch nur für kurz. Als Joan nach ihrer Kleidung
angeln will, vernimmt sie die Reiter erneut. Hastig duckt sie sich zurück
zwischen die Rohrkolben, so dass nur noch ihr nasser Schopf aus dem Wasser
herauslugt, und richtet ihr Augenmerk wieder misstrauisch auf die Staubwolke.
Zu ihrer Erleichterung bewegt sich diese nun jedoch auf Thornsby Castle zu. Es
lässt Joan aufatmen. Sie überlegt, dass es sich nicht um Schotten handeln kann.
Denn diese würden sich über die Dörfer hermachen und sich nicht von einer
uneinnehmbaren Festung aufhalten lassen, die nichts weiter verheißt, als sich
an ihr die Zähne auszubeißen.
    Nachdenklich will sie sich
soeben wieder aus dem Wasser erheben, als unweit von ihr ganz unvermutet ein
riesiges, schwarzes Schlachtross hufdonnernd am Weiher auftaucht. Sein Reiter
zügelt es und das prächtige Tier steigt laut wiehernd in die Höhe. Joan hat
noch nie ein solch gewaltiges, kraftvolles Pferd gesehen und hält überrascht
den Atem an. Stiebend kommt das herrliche Tier unter lautstarkem Schnauben
wieder auf der trockenen Erde auf. Sie mustert es bewundernd. Es ist ein
Hengst, wie üblicherweise alle Schlachtrösser, von Natur aus größer und stärker
als die Stuten. Eigenschaften, die das Tragen der mit schwerer Rüstung und
Waffen bewehrten Reiter im Kampf zwingend notwendig machen. Brust, Hals und
Lenden des Tieres sind muskulös, der Rücken kurz, die Glieder schlank. Der edle
Kopf hat kräftige, breite Kiefer. Auf der weiten, gewölbten Stirn leuchtet eine
Blässe. Es muss ein Destrier sein, geht ihr auf. Sie hatte bisher nur aus den
Erzählungen ihres Vaters von solchen Pferden gehört. Den größten, feinsten und
stärksten Schlachtrossen, die es gibt. Ihr Blick gleitet zum Reiter hinauf.
Dieser ist nicht minder beeindruckend. Eine raue Wildheit entströmt seinem
Äußeren, die Joan einen erschreckenden Moment lang glauben lässt, DOCH einen
Schotten vor sich zu haben. Der Mann belehrt sie jedoch eines Besseren, als er
seinem Ross beruhigende Worte in ihrer Muttersprache zuraunt. Er ist
überraschend groß, seine Kleidung dunkel und schlicht gehalten. Sie besteht aus
abgewetzten, ledernen Beinlingen sowie einer verstaubten, langärmeligen Tunika,
welche ihm bis zu den Knien reicht und bis auf die Verzierungen der bestickten
Bordüren schmucklos ist. In der Taille wird sie durch seinen Schwertgurt
geschnürt. Sein langes, schwarzes Haar ist in seinem Nacken zu einem dicken
Zopf gefasst, der ihm auf den breiten Rücken fällt. Nur Adligen ist ein langer
Haarschnitt vorbehalten, wie Joan weiß. Auch seine Körpergröße spricht für eine
adlige Abstammung, denn Edelleute hungern nicht und werden nicht durch
Kümmerwuchs geplagt. Sie bemerkt seine vergoldeten Sporen, die ihn als Ritter
auszeichnen und überlegt, dass er wohl nicht viel von der Mode hält, nach der
sich der Adel in vornehme, farbenreiche Kleidung wandet und das Haar nur noch
schulterlang trägt.
    Gemächlich lenkt er seinen
nervös tänzelnden Rappen Richtung Wasser. Das Tier scheint Joans Anwesenheit zu
spüren. Plötzlich hält sein Herr inne, um sich in den

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