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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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halben Kopf größer als sie. In der rechten Hand hält er einen langen
Strick. Ein Siegelring mit dem Wappen von Dowell sitzt an seinem Ringfinger und
sagt ihr, wen sie vor sich hat.
    „Das war mutig von dir. ... Du
siehst mich erstaunt, dass der Satansbraten auf ein Weibsbild reagiert.“
    Joan zuckt die Schultern. „Er
weiß eben, was sich gehört.“
    Der Mann kichert belustigt und
nimmt ihre Hand. Galant deutet er einen Kuss an. „Ich bin Timothy, ausgedienter
Earl des Ganzen hier.“
    „Joan of Farwick.“
    Er runzelt überrascht die
Stirn. „Dann gehören wir zur selben Sippe. ... Ich wollte Malcom soeben dieses
Prachtpferd hier vorführen, als es sich widerspenstig zeigte und es vorzog, die
Flucht zu ergreifen.“
    Joan tätschelt dem Hengst
bewundernd das weiche Maul. „Er ist bildschön.“
    Timothy nickt mit unverholenem
Stolz. „Mein Hochzeitsgeschenk an Amál. Er wird ihn noch zur Räson bringen
müssen.“
    „Weshalb sollte es ihm besser
ergehen, als damals mir.“ Malcom schlendert mit Robert auf dem Arm über den Hof
zu ihnen herüber. Als er bei ihnen anlangt, stellt er seinen Sohn auf die Füße.
„Das ist das Übel mit Destriern. Sie sind überaus temperamentvoll. Manch einer
bekommt solch ein Streitross nie richtig in den Griff und die Tiere gehen sich
selbst auf dem Schlachtfeld gegenseitig an.“
    Timothy seufzt. „Ich hoffe,
Brix verschont ihn das nächste Mal mit seinen Tritten.“
    Malcom lacht. „Nur, wenn ihn
jemand zum Wallach macht.“
    Sie lachen einhellig über seine
Bemerkung.
    Timothy betrachtet Joan
schmunzelnd. Nachdenklich legt er einen Finger an den Mund. „Bei Gott, auch
wenn ihr euch so sehr ähnelt, wie die Nacht dem Tage, doch du erinnerst mich
gewaltig an meine Frau.“
    Joan betrachtet ihn grübelnd.
Malcom lacht daraufhin vergnügt auf und zieht sie an sich. „Was den Umgang mit
Pferden betrifft, stimme ich dir zu. Ansonsten sind sie grund verschieden.“
    Sie weiß, dass er auf ihre
Manieren anspielt, so dass sie ihm einen grimmigen Blick zollt.
    Timothy grinst. Dann räuspert
er sich. „Gebt Acht, ich wage den nächsten Versuch, ihn wieder in seinen Stall
zu befördern.“
    Sie nehmen Robert an den
Händen, weichen einige Schritte zurück und beobachten, wie sich Timothy dem
Hengst nähert, um ihm die Schlinge einer Leine über den Kopf zu werfen. Als er
es erfolgreich vollbracht hat, geht das Tier aufgebracht hoch. Es droht ihm das
Seil aus der Hand zu reißen. Joan tritt etwas heran und redet beruhigend auf
das Pferd ein. „Wie lautet sein Name?“
    „Ignis“, kommt die gepresste
Antwort.
    „Oh ja, du hast in der Tat
Feuer“, murmelt sie, erhebt ruhig die Hand und versucht, den Blick des Tieres
auf sich zu lenken. „Ruhig, Ignis. Niemand tut dir etwas zuleide.“
    Allmählich beruhigt sich der
Hengst wieder. Sie nimmt Timothy den Strick aus der Hand. Ignis lässt sich von
ihr führen, wenn auch noch immer nervös mit dem Kopf ruckend. Timothy indes
eilt ihr voraus zu den Pferdestallungen. Sie kann das Ross gerade noch in seine
Box dirigieren, als Brix in der Nähe wiehert. Ignis beginnt daraufhin, unruhig
zu schnauben. Timothy verriegelt hinter ihm die Tür und atmet erleichtert auf.
    „Ich bringe Brix nachher wohl
besser im Kuhstall unter“, bemerkt Malcom.
    Timothy stimmt ihm nachdenklich
nickend zu. „Jetzt kommt. Ich wollte heute noch einmal eine kleine Jagd für
euch veranstalten. Etwas mehr Wild für den morgigen Tag kann nicht schaden.“
    Joan freut sich darauf. Sie
gehen zurück in den Wohnturm und nehmen die Treppe.
    „Warum ersetzt du die
Holztreppen nicht endlich durch steinerne“, fragt Malcom, was ihm einen
verschmitzten Seitenblick von Timothy einbringt.
    „Sie brennen nicht. Mein Vater
ließ sie aus Mondholz errichten.“
    „Da hat er gut dran getan“,
bemerkt Joan. „Wer sein Holz um Christmett fällt, dessen Haus wohl zehnfach
hält.“
    Malcom nickt bedächtig. Auf
Farwick Castle hatte Joan beim Bau der Kamine ebenfalls Mondholz verwenden
lassen. Es wird um Weihnachten, manchmal auch erst Anfang März herum, in der
abnehmenden Mondphase kurz vor Neumond geschlagen, ist dadurch besonders trocken,
rissfest und weniger anfällig gegen den Fraß von Holzwürmern. Doch seine
hervorstechendste Eigenschaft ist, dass es lediglich oberflächlich verkohlt,
anstatt zu verbrennen.
    Timothy breitet plötzlich die
Arme aus und streckt sie auffordernd Awin entgegen, welche vor der Halle auf
sie zugeschritten kommt. Joan bemerkt die

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