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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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reinweg
unverzeihlich. Man schadet damit der Mutter und insbesondere dem Ungeborenen.
Das ist jeder Hebamme bekannt. Wieso habt ihr keine hinzugezogen?“
    „Das haben wir. Und sie riet
zum Aderlass“, erwidert Awin kühl.
    Joan zuckt die Schultern. „Dann
solltet ihr sie wechseln.“
    „Pah. Sie half mir bereits bei
Amáls Entbindung und ist überaus erfahren. Ich schwöre auf sie. ... Und wie du
schon selbst erwähntest. ... Du scheinst auf dem Gebiet nicht sehr bewandert.“
    Joan hebt schlichtend die
Hände. „Es liegt mir fern, mich mit dir zu streiten, Awin. ... Doch was hältst
du davon, den Rat einer Dritten einzuholen? Es muss doch noch mehr erfahrene
Hebammen in der Gegend geben. Das Leben deines Enkelkindes und seiner Mutter
sollte dir der Versuch wert sein.“
    Awin stößt verächtlich die Luft
aus. Doch kann sie ihren Vorschlag nur schwerlich ablehnen. Plötzlich lächelt
sie triumphierend. „Was sagst du dazu, Miriam?“
    Gefragte weicht ihrem Blick aus
und betrachtet wieder ihre ineinander verschränkten Hände auf der Tafel.
    Joan atmet ungeduldig aus und
tritt ihr unterm Tisch gegen das Schienbein. Es ist ihr gleich, ob es jemand
bemerkt. Miriam zuckt zusammen und blickt ihr aufgewühlt ins Gesicht. Joan
schraubt eindringlich die Augen heraus.
    „Ich vertraue Joan. ... Sie
rettete mir einst das Leben.“
    Amál schlägt geräuschvoll auf
die Tafel. „Ich lasse anschließend sofort nach einer Hebamme schicken. ...
Vielleicht ziehen wir auch die alte Ziegenhirtin zu Rate.“
    Awin zuckt mit gespielter
Gleichgültigkeit die Schultern. „Wenn du Wert auf den Rat einer dreckigen
Hirtin legst, überrascht mich nichts mehr.“
    „Du weißt, sie ist heilkundig“,
wendet Amál ein und küsst ihr versöhnlich die Stirn.
    Leander stöhnt plötzlich
überaus geräuschvoll. Sein Gesicht färbt sich vor Anstrengung rot. Joan hält
angespannt den Atem an. Sie weiß genau, was gleich geschieht und kann es
dennoch nicht abwenden. Ausgerechnet jetzt, wo Awin derart gereizt ist. Dann
kommt, was sie befürchtete. Ein überraschend lauter Furz, der seinesgleichen
alle Ehre macht, entfährt dem Kleinen, der daraufhin ein erleichtertes Seufzen
vernehmen lässt.
    Joan beißt sich, ein Lächeln
unterdrückend, auf die Lippen und blickt abwägend zu Awin herüber, die zu ihrer
Überraschung schmunzelt.
    Awin hebt den Finger. „IHM ist
es zu verzeihen. Er weiß es schließlich nicht besser.“ Sie erhebt sich
kopfschüttelnd. „Schickt nach mir, wenn die ... Ziegenhirtin eintrifft.
Vielleicht lässt sich größeres Unheil abwenden.“
    Sie entfernt sich und geht aus
der Halle.
    Joan atmet erleichtert auf.
    „Du hast sie beeindruckt“,
bemerkt Amál.
    „Oh, sicher nicht im guten
Sinne. Sie war ja sehr aufgebracht“, erwidert sie.
    „Sie gibt sich nur so hart. In
Wahrheit ist sie besorgt“erklärt er.
    „Sie ist dickköpfig und stur“,
erwidert Miriam traurig mit leiser Stimme. „Und sie weiß alles besser, lässt
keine andere Meinung neben ihrer gelten.“
    „Du solltest dich trotz allem
nicht mit deiner eigenen zurückhalten“, rät ihr Joan, wobei sie für einen
Moment eindringlich ihre Hand berührt. „Auch wenn es nur zusätzliche
Anstrengung für dich bedeutet. Vielleicht hast du im Nachhinein dadurch Ruhe
vor ihr.“
    Miriam setzt zu einer Antwort
an, betrachtet jedoch Amál und schweigt.
    Joan bedenkt ihn mit
vorwurfsvollem Blick. „Ich habe gewiss kein Verlangen, mich in eure
Angelegenheiten zu mischen. Aber du solltest alle Aufregung von ihr fern
halten. Deine Mutter zähle ich dazu.“
    „Na hör mal“, erwidert er
entrüstet.
    „Nein. Ich meine es ernst.
Schirme sie ab. Vielleicht geht es Miriam dann etwas besser. Die Seele kann den
Körper krank machen. ... Schließlich war sie auf Farwick Castle noch wohl auf.“
    Sie blicken Miriam auf deren
Schniefen hin bestürzt an. Amál erhebt sich und nimmt sie tröstend in die Arme.
„Miriam, was hast du?“
    Sie schüttelt den Kopf. „Es ist
nur ... Joan spricht mir aus der Seele.“
    Er seufzt. „Wieso hast du mir
nichts gesagt?“
    Joan erhebt sich. „Vielleicht,
weil sie die Eintracht zwischen dir und Awin nicht stören wollte“, meint sie
zerstreut. „Wisst ihr, wo ich meinen Mann finden kann?“
    Amál nickt bekümmert. „Bei den
Ställen. Timothy wollte ihm sein neues Schlachtross vorführen.“
    Joan runzelt verwundert die
Stirn, da sie sich fragt, wieso Amáls Stiefvater wohl ein Schlachtross
benötigt, wenn er sich vom

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