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Die rote Schleife

Die rote Schleife

Titel: Die rote Schleife Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: edition zweihorn GmbH & Co. KG
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Geruch, den er so sehr liebte und vielleicht nie wieder riechen durfte. Er prägte sich diesen Duft ganz fest ein, diesen Geruch, den er nie vergessen wollte.
    Dorothee löste sich langsam aus seinen Armen. Ihre Augen waren rot geädert und schauten ihn traurig an. Dann näherte sie sich seinem Gesicht und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
    „Weißt du, Max, vielleicht heiraten wir später mal sogar, man weiß nie!“
    „Ja klar!“ Maximilian schob seine Unterlippe vor und zog seine Augenbrauen kurz nach oben. „Vielleicht wird irgendwann auch ein Medikament gefunden, das HIV heilt. Und bis dahin leben wir in unseren Erinnerungen.“ Der Spott in MaximiliansStimme war kaum zu überhören. Dorothee zuckte mit ihren Schultern und verließ dann Maximilians Zimmer.
    Verbittert schaute er ihr nach, bevor er den Kopf tief in seinem Kissen vergrub. Er hätte losheulen können, aber selbst dazu war er zu traurig. Eine einzige Träne quälte sich langsam aus seinem Auge. Für eine Entscheidung, die er so gut verstehen konnte und von der er sich doch wünschte, sie wäre nie getroffen worden.

11.
    Zwei Tage war es her, dass Dorothee Schluss mit ihm gemacht hatte. Tief in seinem Inneren blutete die Wunde immer noch, obwohl er ihr nicht wirklich böse sein konnte. Noch vor wenigen Wochen hatten sie so viel Spaß miteinander gehabt. Und nun war alles aus. Irgendwie vorbei, nicht mehr greifbar, alles nur noch Erinnerungen eines anderen Lebens. Seines eigenen Lebens, das doch nicht mehr das seine war.
    Jetzt quälten ihn andere Sorgen. Lange hatte er diese Aufgabe einfach vergessen gehabt und wenn er doch daran dachte, erschien es ihm nicht wichtig genug. Heute musste er Lydia überzeugen, sich auf eine HIV-Infektion testen zu lassen. Musste ihr überhaupt erst einmal erklären, was los war und warum er sie hatte unbedingt wiedersehen wollen.
    Der Wind pfiff streng an Maximilians Ohren vorbei und verursachte einen leichten beißenden Schmerz. Endlich hatte er den Marktplatz erreicht. Es war ungewöhnlich frostig. Ganz passend zu seiner Aufgabe. Am Telefon hatte Lydia irritiert gewirkt.
    „Das war doch nichts Ernstes!“, hatte sie ihn abzuwimmeln versucht.
    „Ehrlich, ich will überhaupt nichts von dir. Aber wir sollten miteinander reden, es ist wirklich wichtig. Wichtiger, als du dir vorstellen kannst!“
    Maximilian suchte den Marktplatz ab. Sie hatten sich
    vor dem Café Eduardo verabredet. Tatsächlich, sie war schon da. In einer dicken roten Jacketrippelte sie von einem Fuß auf den anderen. Ob sie bereits ahnte, worum es ging? Hatte sie einen Verdacht? Wer weiß, vielleicht wusste sie längst, dass sie HIV-positiv war, und sie würde ganz cool reagieren: „War das alles, was du mir sagen wolltest?“ Maximilian schüttelte den Kopf. Nein, das war unmöglich. Er musste es ihr sagen und weiteres Unheil abwenden. Wer weiß, wen sie noch anstecken würde! Oder bereits angesteckt hatte?
    Die Schultern leicht hochgezogen lief er stramm auf Lydia zu. Bereits auf der Hälfte des Weges hatte auch sie ihn gesehen und winkte kurz. Ein Lächeln lag auf ihren Lippen. Ihre blonden Haare waren jetzt schulterlang gewachsen. Das stand ihr besser, fand Maximilian.
    „Hi!“, begrüßte sie ihn. Maximilian gab ihr zwei Küsschen auf die Wangen.
    „Wartest du schon lange?“
    „Nicht der Rede wert. Nun schieß schon los, warum wolltest du mich treffen?“
    „Lass uns reingehen. Lust auf einen Latte? Oder einen Milchshake? Ich lad’ dich ein!“
    „Klar, bei dem Wetter ist man ja schnell durchgefroren.“
    Maximilian hielt ihr die Tür auf und nacheinander traten sie ein.
    „Gleich hier vorne?“ Lydia deutete auf einen leeren Tisch seitlich vom Eingang.
    „Nee du, lieber dahinten, da können wir besser reden.“
    „Mein Gott, jetztmach es nicht so spannend. Du klingst echt wie ein Orakel.“
    „Du wirst froh sein, wenn wir abseits sitzen!“ Maximilian marschierte durch das Café in die hinterste Ecke, wo sie beide Platz nahmen.
    „Jetzt aber mal her mit der Wahrheit, warum diese Geheimniskrämerei?“
    Maximilian blickte Lydia in die Augen. Wasserblau und unergründlich tief. „Ich bin schwer krank und ich glaube, dass du das auch bist.“ Das Wasserblau schien immer dunkler zu werden, als ob ein Tintenfass ausliefe. Lydia schwieg. Aber ihr Blick war auffordernd: „Sprich weiter!“
    Maximilian beugte sich vor und näherte sich ihrem Ohr. Ein süßlicher Duft, verwirrend und doch angenehm, stieg in seine Nase. Es tat ihm so

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