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Die rote Schleife

Die rote Schleife

Titel: Die rote Schleife Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: edition zweihorn GmbH & Co. KG
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mal für dich. Im Laufe der Zeit wirst du hoffentlich einschätzen können, wem du vertrauen kannst.“
    „Und wenn es doch rauskommt?“
    „Früher oder später kommt es sowieso raus. Es sei denn, du baust dir eine perfekteLügenwelt zusammen. Ich habe es nicht geschafft. Vielleicht sind es Zufälle, die die Wahrheit ans Tageslicht bringen.“ Maximilian stockte. „Mensch, ich rede so, als ob ich es seit Jahren hätte. Komm, wir gehen mal die Stufen runter. An der Wand hangele ich mich jedenfalls nicht noch einmal entlang. Dann sterbe ich eher an einem Sturz im Finstern.“
    Sie gingen die dunkle Treppe hinab. Die Tür unten war jedoch verriegelt. Als Maximilian am Schloss ruckelte, sah er im Schein seines Feuerzeugs, dass nur ein dünner Stift in die Mauer eingelassen war. Nach zwei Anläufen hatte er die Tür mit seiner Schulter aufgestoßen. Er fühlte sich frei. Frei, weil er nicht mehr diese steile Wand hinabklettern musste. Und frei, weil er endlich mit Lydia über alles gesprochen hatte.

Teil 2
    Drei Monate später

12.
    Die letzten drei Monate waren eine sehr lange Zeit gewesen. Die längste Zeit, die Dorothee je in ihrem Leben hatte warten müssen. Heute war es endlich so weit. In wenigen Minuten sollte sie erfahren, ob ihr Leben doch noch aus den Fugen geriet oder ob sie mehr Glück als Verstand gehabt hatte.
    Kein einziger Tag war vergangen, an dem sie ihren Körper nicht bis in den letzten Winkel ausgehorcht hatte. War irgendetwas anders als sonst? Gab es Symptome, die sich mit HIV erklären ließen? Nur einige Tage nach Maximilians Diagnose hatte sie einen leichten Schnupfen bekommen. Sie war felsenfest davon überzeugt gewesen, dass sie sich doch angesteckt hatte. Aber nach wenigen Tagen war die Triefnase wieder weg und Dorothee halbwegs beruhigt.
    Jetzt saß Dorothee im Wartezimmer von Frau Dr. Scherlein. Ruhig und ohne Herzklopfen war sie dieses Mal hierher gekommen. Früher hatte sie immer gedacht, HIV wäre das Ende der Welt. In den drei Monaten hatte sie aber das Gegenteil erfahren, nämlich durch Max. Er war so stark gewesen und sie bewunderte ihn zutiefst. Max lebte sein Leben wie früher, noch ohne Medikamente. Und wäre da nicht ein Zettel, auf dem klipp und klar draufstand, dass er HIV-positiv war, niemand hätte es gewusst. Nicht mal Max selber. Jedenfalls jetzt noch nicht.
    Dennoch waren sie nichtmehr zusammen. Wie auch immer ihr Test heute aussehen würde, Dorothee glaubte nicht daran, dass sie beide noch eine Chance hatten. In den letzten Wochen hatte sie verstanden, dass Max eine gute Freundin brauchte. Aber Max hatte ebenso verstanden, dass Dorothee mit sechzehn nicht seinen Weg mitgehen konnte. Erst recht nicht, wenn sie ein Riesenglück haben sollte.
    Dorothee wurde endlich aufgerufen. Jetzt zitterten ihre Knie doch ein wenig. Wie war ihr zweiter Test ausgefallen? Kam nun doch der Schlag ins Gesicht? Würde sie gleich ohnmächtig umfallen, wie ein schwer getroffener Boxer im Kampf, obwohl sie sich die ganze Zeit tapfer aufrecht gehalten hatte?
    Sie setzte sich auf einen Stuhl, neben einer Liege. Ihre Hände zusammengefaltet schickte sie gleich mehrere Stoßgebete in den Himmel. Dann kam Frau Dr. Scherlein mit einem kleinen Umschlag in der Hand ins Behandlungszimmer. Die Tür fiel bedächtig ins Schloss.
    „Wollen wir es kurz machen?“
    Dorothee schwieg, nickte aber vorsichtig.
    „Natürlich weiß ich schon längst, was in diesem Umschlag steht. Ich habe dir eine Kleinigkeit mitgebracht.“ Aus einer Schublade holte die Ärztin ein Buch hervor. „Das darfst du behalten.“
    Dorothee nahm das Buch entgegen und las die Überschrift: „Die Rote Schleife“.
    „Danke“, murmelte sie.
    „Es ist ein Buch über eine ähnliche Geschichte, wie sie dir passiert ist und wie sie jeden Tagüberall passieren könnte. Ich möchte damit nicht moralisieren, aber es soll dich daran erinnern, wie zerbrechlich wir sind. Jeder Einzelne von uns. Egal für wie stark wir uns halten! Denn in meinem Beruf habe ich eines besonders gelernt: Unverwundbarkeit gibt es nicht. Auch wenn viele glauben, dass das für sie nicht zutrifft!“
    Dorothee blickte Frau Dr. Scherlein in die Augen. Sie wusste es sofort. Dieser lebendige Glanz konnte niemals bedeuten, dass der Umschlag schlechte Nachrichten beinhaltete. Sie sprang auf, nahm den Umschlag entgegen und riss ihn unsanft an der Seite auf.
    HIV 0/1/2 AK – negativ
    Vor Freude hüpfte Dorothee wie wild im Zimmer umher, umarmte Frau Dr. Scherlein und gab ihr

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