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Die Rote Spur Des Zorns

Die Rote Spur Des Zorns

Titel: Die Rote Spur Des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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Gottes willen, es wurde jemand ermordet! Das hat mehr Gewicht als irgendwelche Aufsehensbegrenzung.«
    Diese Worte brachten für ihn das Fass zum Überlaufen. »Verdammt! Glauben Sie wirklich, das macht mit Sorgen? Schlechte Publicity?« Er sah zwischendurch schnell auf die Straße. »Sie beleidigen mich.« Clare blickte kurz auf. »Glauben Sie, bei meinem Job ginge es ums Aufklären von Verbrechen?«, fuhr er fort. »Nein. Wenn ich ein Verbrechen aufkläre, dann habe ich schon versagt. Mein Job ist die Verbrechensverhütung. Und das haben Sie und Sheena, die Königin der Reporter, soeben erschwert.«
    »Indem ich lediglich die Wahrheit sagte?«
    »Ihre Version der Wahrheit.«
    »Ach, hören Sie auf. Wenn Sie mir weiter einreden wollen, diese Gewalttaten stünden nicht in Zusammenhang, dann kann ich nur lachen. Nur lachen kann ich da. Es wird Zeit, Klartext zu sprechen, Russ. Höchste Zeit.«
    Er bog in die Main Street ein. »Schön! Dann predigen Sie gegen Vorurteile. Starten Sie ein Volksbegehren zur Änderung der Verfassung. Organisieren Sie eine Schwulendemo und marschieren Sie die Main Street entlang. Ist mir völlig gleichgültig, solange Sie eine Genehmigung haben. Aber pfuschen Sie mir nicht in meine Ermittlungen und lösen eine Panik aus, weil Sie beschlossen haben, die drei Fälle hingen zusammen!«
    »Ich brauche nicht Ihre Genehmigung, um Menschen zu helfen! Und ich brauche nicht Ihre Genehmigung, um gegen Hass zu predigen! Hätten Sie am Samstag die Leute in einer Pressemitteilung gewarnt, dass jemand unterwegs ist und schwule Männer zusammenschlägt, dann hätte man Bill Ingraham vielleicht nicht mit runtergelassenen Hosen im Gebüsch überfallen!«
    Die Ampel an der Ecke Main und Church Street wurde rot, und Russ trat so fest auf die Bremse, dass sie beide in ihrem Schultergurt zurückgerissen wurden. Die Hunde krallten sich Halt suchend in den Sitz und bellten. Russ drehte sich so herum, dass er Clare direkt ins Gesicht sehen konnte. Ihre haselnussbraunen Augen funkelten in der Armaturenbeleuchtung, und er erkannte rötliche Flecken auf ihren Wangen.
    »Das glauben Sie also? Sie glauben das allen Ernstes?« Seine Wut, die im Laufe ihres Wortgefechts immer größer geworden war, verrauchte mit einem Schlag. Clare machte den Mund auf, schloss ihn aber wieder und presste die Lippen zusammen. Ihre Augen wichen Russ’ Blick aus. »Ja«, stellte er fest, und ein Teil von ihm war überrascht, wie weh das tat. »Sie denken das tatsächlich. Sie denken, ich bin verantwortlich für Ingrahams Ermordung.«
    »Nein, ich sagte, vielleicht hätte er sich anders verhalten, wenn … wenn ihm bewusst gewesen wäre …« Es klang seltsam, wie sie einen Rückzieher zu machen versuchte – gar nicht wie sie selbst.
    Die Ampel sprang auf Grün, und er richtete seinen Blick auf die Straße. Wortlos fuhren sie durch die Church Street. Er bog auf die Elm und vor die Tür des Pfarrhauses.
    »Russ«, sagte Clare. »So hab ich es nicht gemeint. Bitte.«
    Er entriegelte den Wagen, stieg aus und ließ die Hunde von der Rückbank. Freudig übereinander purzelnd sprangen sie ins Freie.
    »Russ …«
    Er sah sie über das Dach des Streifenwagens an – spielte mit dem Gedanken an irgendeinen Spruch, dass Bullen immer Kritiker hätten; aber er stellte fest, dass er das nicht konnte. Er besaß nicht die Energie, ihr etwas vorzumachen. Er schüttelte den Kopf. »Ist schon gut. Es war ein langer Tag. Nur … Ist schon gut.«
    Clare blieb neben der Einfahrt stehen und sah ihn an. Sie spielte verlegen am Bund ihres Pullis. Die Hunde saßen winselnd vor der Haustür. Russ stieg wieder in den Streifenwagen und startete den Motor.
    »Ich hatte nicht die Absicht, Sie zu verletzen«, platzte es aus Clare heraus. »Russ, bitte. Es tut mir leid …«
    Als er auf die Straße zurückstieß, winkte er zum Zeichen, dass er verstanden hätte. Beim Wegfahren konnte er ihr Gesicht sehen, ein weißes Oval in der Dunkelheit. Das Bild blieb ihm lange Zeit vor Augen.

12
    A ls Clare am nächsten Morgen die Haustür öffnete, um Bob und Gal hinauszulassen, war die Luft klar, Gras und Blätter glitzerten in der Sonne, und sie fühlte sich miserabel. Schuldig. Tiefer am Boden als ein Wurmbauch, wie Oma Fergusson gesagt hätte. Die Hände in den Taschen ihres leichten, gestreiften Bademantels, lehnte sie an einer Säule des Vordachs und bemühte sich, ein wenig Freude beim Anblick der Hunde zu empfinden, die glücklich in jeden Winkel dieses strahlenden,

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