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Die Rote Spur Des Zorns

Die Rote Spur Des Zorns

Titel: Die Rote Spur Des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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wunderbaren Morgens schnüffelten. Doch sie hatte lediglich Russ’ Gesicht vor Augen, dessen Ausdruck von Wut in Schmerz umschlug, während sie krampfhaft versuchte, ihre verletzenden Worte zurückzunehmen, aber ihre einzige Chance dafür verpasste.
    Nun, sie hatte bekommen, was sie wollte. Sie hatte gegen schwulenfeindliche Gewalt und Hassdelikte Flagge gezeigt. Dazu war nicht mehr nötig, als dass sie kein gutes Haar an ihrem besten Freund ließ.
    Sie ging barfuß die Stufen hinab und über den Rasen, um die Montagsausgabe des Press Star aus dem Kasten zu holen. Dann kehrte sie zur Veranda zurück und setzte sich auf die Treppe, brachte es aber nicht über sich, die Zeitung aufzuschlagen. Eigentlich hatte sie nicht die geringste Lust, sich mit Mord, Protest, Festnahmen, Bauprojekten und PCB zu befassen. Seit wann ist Russ Van Alstyne mein bester Freund?, fragte sie sich. Schließlich sind wir keine Bowling-Kameraden oder so. Aber trotzdem klang es wie die Wahrheit. Sie stöhnte und schlug sich ein paar Mal mit der Zeitung an den Kopf. Doch auch dadurch wurde sie kein bisschen fröhlicher. Sie ließ die Zeitung in ihren Schoß fallen und bedeckte ihr Gesicht mit den Händen.
    »Gott«, sagte sie, »ich glaube, du hast einen guten Grund gehabt, mich hierher nach Millers Kill zu führen. Aber hauptsächlich verpfusche ich mein Leben, wie es scheint. Bitte hilf mir da heraus. Ich muss wissen, wozu ich hier bin. Unbedingt.«
    Irgendwo hinter der Flügeltür klingelte das Telefon.
    Clare zog die Brauen hoch und stand von der Verandatreppe auf. Ihres Wissens antwortete Gott zwar nicht mit einem Anruf, in dem er seine Vorstellungen erläuterte, aber sie war offen für neue Erfahrungen. Sie warf die Zeitung aufs Sofa und ging in die Küche, um das Telefon abzunehmen.
    »Hallo, Reverend Fergusson? Hier Peggy Landry.«
    Clare hätte nicht verblüffter sein können, wäre tatsächlich der Allmächtige am Apparat gewesen. »Ms. Landry«, sagte sie. »Äh … wie kann ich Ihnen helfen?«
    »Wir haben uns noch nicht persönlich kennen gelernt, aber ich glaube, Sie kennen meine Nichte. Diana Berry? Sie feiert am einunddreißigsten Juli ihre Hochzeit.«
    Der Wirbel in Clares Kopf verflog augenblicklich. Diana Berry und ihr Verlobter Cary – was? Wall? Ward? Wood, das war’s! Sie erinnerte sich noch, dass sie sich gefragt hatte, wie man ein Kind nur Cary Wood nennen konnte. Diana war zweimal da gewesen; im Februar, um das Aufgebot zu bestellen, und dann im April, zum ersten der drei obligatorischen Traugespräche, mit ihrem Bräutigam im Schlepptau. Dabei hatte sie erwähnt, dass ihre Familie aus dieser Gegend stammte.
    »Ja, natürlich kenne ich Diana und Cary. Obwohl ich die beiden schon eine Zeit lang nicht mehr gesehen habe.« Tatsache war, dass das Brautpaar sich wegen der anderen Traugespräche mit ihr in Verbindung setzen musste, falls es seinen Bund fürs Leben Clares Kirche schließen wollte.
    »Diana wohnt in der Stadt« – Peggy meinte vermutlich New York City – »und ihre Mutter, meine Schwester, drüben in Syracuse. Deshalb helfe ich bei der Organisation vor Ort. Ich habe bis über beide Ohren in Geschäftskram gesteckt und bin mit dieser Hochzeit wirklich in Verzug. Aber dieses Wochenende ist einiges passiert, und darum rufe ich Sie an.«
    Clare dachte einen Moment, Peggy meine den Tod von Billy Ingraham. Sie blinzelte. Nein. Der saloppe Tonfall, die lebhafte Art – Peggy Landry hatte keine Ahnung, dass der Mann, der ihr Grundstück bebaute, am Abend vorher grausam ermordet worden war. Großer Gott. Clare hielt sich die Hand vor den Mund. Sollte sie etwas sagen oder die Frau einfach weiterschnattern lassen?
    »Wir haben am vierten Juli immer ein großes Familientreffen, und dieses Jahr wollten einige Verwandte ein paar Tage länger bleiben. Deshalb dachte ich mir, das ist der ideale Zeitpunkt, um die letzten Einzelheiten der Hochzeit zu bestimmen! Könnten Diana, die Floristin und ich wohl heute irgendwann in Ihrer Kirche vorbeikommen? Wir würden uns gern zusammen die Blumendekoration ausdenken.«
    »Die Blumendekoration«, echote Clare.
    »Ja, anscheinend kann man nicht mehr einfach Blumen bestellen und sie hier und da verteilen lassen. Heutzutage soll alles designed werden . Deshalb müssen wir die Floristin vorher hinfahren, damit sie sich das Ganze mal ansieht.«
    Clare erwog ihre Alternativen. Montag war ihr freier Tag. Und auch der von Mr. Hadley, denn er arbeitete das ganze Wochenende, weil er als

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